Hamburg. Der ADFC warnt vor den Risiken für Radfahrer und fordert eine tägliche Säuberung. Was Stadtreinigung und Behörden entgegnen.
An den Kampf gegen das Laub macht sich die Stadtreinigung Hamburg (SRH) in diesem Herbst mit frischer Kraft. 300 elektrische Blasgeräte wurden neu angeschafft, um die Stadt von Blättern zu befreien. Zu tun gibt es für sie reichlich: Die etwa 225.000 Straßenbäume hinterlassen bis zu 20.000 Tonnen Blätter, die von Straßen, Geh- und Radwegen gepustet und gesaugt werden wollen. Die SRH spricht von einer „Laubschlacht“, an der etwa 550 Mitarbeitende beteiligt seien.
Doch die Schlacht gleicht stellenweise einem Kampf gegen Windmühlen. Diesen Eindruck bekommt jedenfalls, wer in diesen Tagen mit dem Fahrrad unterwegs ist. An vielen baumbestandenen Straßen sind die Radwege vor lauter Blättern nur noch zu erahnen. Legen sich dann noch Nässe oder Nachtfrost darüber, werden sie schnell zu Rutschbahnen.
Verkehr Hamburg: Laub auf Radwegen – ADFC fordert tägliche Reinigung
„Wenn die Radwege nicht konsequent gereinigt werden, werden sie zur Gefahr“, sagt Dirk Lau vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in Hamburg. „Die Stadtreinigung ist da gefragt. So reicht es vorn und hinten nicht.“ Um einen sicheren Radverkehr zu gewährleisten, müssten die Radwege täglich vom Laub befreit werden.
Doch dafür, entgegnet die SRH, bräuchte es schon deutlich mehr als 300 neue Blasgeräte. Aktuell seien zwei große und vier kleine Kehrmaschinen im Einsatz. Eine tägliche Reinigung „würde demnach den Einsatz von sieben großen und 14 kleinen Kehrmaschinen erfordern“, rechnet die Stadtreinigung vor – „vorausgesetzt, dass der ADFC die gleichen Strecken im Fokus hat wie die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM)“.
Knapp 230 Kilometer Radwege werden im Herbst zweimal wöchentlich gereinigt
Die hat vor zwei Jahren ein Radwegenetz von insgesamt 227 Kilometer Länge festgelegt, das während der etwa zehnwöchigen Laubsaison bevorzugt zweimal pro Woche zu bearbeiten ist. Gut die Hälfte dieses „Laubreinigungsnetzes“, rund 120 Kilometer, sind baulich abgesetzt. Die übrigen knapp 110 Kilometer befinden sich als Schutzstreifen oder Fahrradstraßen auf der Fahrbahn.
Vorausgegangen war das Pilotprojekt „Intensivierte Reinigung der Fahrradwege auf Fahrbahnen“, das 2020 während der Laubsaison durchgeführt wurde.
Zwar würden auch alle anderen Radwege „nach einer im Wegereinigungsverzeichnis festgelegten Frequenz“ gereinigt, heißt es von der Stadt. Eine Priorisierung sei aber „schon deshalb angezeigt, da alle verfügbaren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtreinigung Hamburg im Stadtgebiet unterwegs sind, um das Laub möglichst umgehend und umfassend zu entfernen, dieses aber nicht gleichzeitig im gesamten Stadtgebiet gewährleisten können“. Daher säubere die Stadtreinigung vorrangig die Strecken, auf denen eine besondere Verkehrsgefährdung bestehe.
Hamburger Senat erwägt Ausweitung des Laubreinigungsnetzes
Zur ADFC-Forderung einer täglichen Reinigung äußert sich die Stadt nicht allzu konkret. Eine Ausweitung des Netzes sei „aufgrund begrenzter finanzieller und personeller Ressourcen aktuell nicht möglich“. Der Senat sei aber bestrebt, sie für den Doppelhaushalt 2025/26 umzusetzen, der Ende des Jahres beschlossen werden soll. Allerdings müsse sich ein solches Vorhaben „mit anderen wichtigen Projekten messen lassen“.
Aus Sicht des ADFC darf es keinen Zweifel geben: „Die aktuelle Praxis läuft dem erklärten Ziel der Mobilitätswende zuwider“, sagt Lau, „und je mehr Radfahrende es gibt, desto dringender wird die Pflege der Radwege.“ Kopenhagen mache es vor: Dort habe der Schutz des nicht motorisierten Verkehrs Priorität.
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In Hamburg ist für die Säuberung der Radwege allerdings nicht immer die Stadtreinigung zuständig. Wer keine Gehwegreinigungsgebühr entrichtet, muss selbst dafür sorgen. Wie viele Kilometer davon betroffen sind, kann die BVM nicht beziffern. Bei Versäumnissen könnten aber die Bezirke tätig werden, um diese Verpflichtung durchzusetzen.
Verkehr Hamburg: ADFC nennt Pflicht, Radweg zu benutzen, „illegal“
Im Übrigen hätten Radfahrende das Recht, auf die Fahrbahnen auszuweichen. Eine Benutzungspflicht, zu erkennen am blauen Fahrradschild, gebe es nur „an den großen Magistralen und im Hafen“ – eine Regelung, die der ADFC angesichts des Zustands vieler betroffener Radwege für illegal hält. Nach seiner Auffassung sei die Benutzungspflicht aufgehoben, wenn Radwege von Blättern übersät seien. Lau: „Das ist, wie wenn eine Mülltonne auf dem Radweg steht.“
Bisweilen wird das zusammengefegte Laub sogar am Fahrbahnrand oder in Rinnsteinen abgelagert – wo häufig der Radweg verläuft. Diese Praxis sei ordnungswidrig und verursache „verstopfte Abläufe und somit Überschwemmungen und vollgelaufene Keller“, stellt die Stadtreinigung klar. Zudem erschwere es die Arbeit unnötig: „Die Mitarbeitenden der SRH haben in diesen Tagen alle Hände voll zu tun und können sich nicht um illegal platzierte Laubhaufen kümmern.“