Hamburg. Verurteilter Mörder Peter Z. sagt als Zeuge in Prozess um Drogengeschäfte in Santa Fu aus. Die Sicherheitsmaßnahmen sind beträchtlich.

  • 66-jähriger Auftragskiller muss im Gericht Handschellen und Fußfesseln tragen
  • Peter Z. wurde verurteilt, weil er gegen Bezahlung zwei Menschen umgebracht hat
  • Weibliches Opfer überlebte Attacke nur, weil sie sich tot stellte

Wenn er aus seiner Zelle raus ist, geht man besser kein Risiko ein. Die Füße von Peter Z. stecken in Fußfesseln, die Bewegungsfreiheit seiner Arme ist durch Handschellen eingeschränkt. Und dazu stehen vier Justizbeamte dicht hinter ihm, zwei weitere haben ebenfalls ein waches Auge auf den 66-Jährigen.

Denn der Mann im Rentenalter gilt bis heute offenbar als hoch gefährlich. Zwei Menschenleben hat er nachweislich als Auftragskiller auf dem Gewissen, dazu viele weitere Straftaten wie Raub begangen. Und als jemand, der zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, hat der Hamburger nicht mehr viel zu verlieren.

Auftragsmörder Peter Z. sagt bereitwillig als Zeuge aus

Also ist Vorsicht geboten, wenn Peter Z. seinen Haftraum in der Justizvollzugsanstalt „Santa Fu“ und sogar das ganze Gefängnisgelände verlässt. Sein eng bewachter Ausflug führt den Schwerverbrecher zum Hamburger Strafjustizgebäude – an diesem Donnerstag nicht als Angeklagter, sondern als Zeuge.

Er hat angeblich etwas zu sagen in einem Prozess vor dem Amtsgericht, in dem sich ein Ehepaar wegen Drogendelikten verantworten muss, die überwiegend in und in der Nähe von „Santa Fu“ über die Bühne gegangen sein sollen. Einer der Angeklagten ist Häftling dort – und soll auch mit dem verurteilten Mörder Peter Z. in Kontakt gekommen sein. Deshalb könnte die Aussage, die der Auftragsmörder macht, für den Prozess interessant sein.

Prozess Cannabis Santa Fu
Der überführte Hamburger Auftragsmörder Peter Z. sagt im Prozess gegen zwei Angeklagte (Mitte, mit verdeckten Gesichtern) aus, denen vorgeworfen wird, mit Cannabis und anderen Betäubungsmittel gehandelt zu haben.  © Bettina Mittelacher | Bettina Mittelacher

Auftragsmörder Peter Z. ist kaum wiederzuerkennen

Wer Peter Z. früher in seinem eigenen Mord-Prozess um die Jahrtausendwende als Angeklagten erlebt hat, erkennt ihn kaum wieder. Natürlich ist er älter geworden, schmaler wirkt er, und der Vollbart, den er sich hat stehen lassen, tut ein Übriges, um sein Aussehen komplett zu verändern.

Und tatsächlich gibt er ohne Zögern seine Personalien an und antwortet auf Fragen des Gerichts und weiterer Verfahrensbeteiligter. Das hat man bei dem Schwerkriminellen schon ganz anders erlebt. Komplette Verweigerung, demonstrative Gleichgültigkeit und sogar wüste Beleidigungen und Drohgebärden auch gegen die Richter gehörten früher zu seinem Repertoire.

Prozess Hamburg: Der Zeuge ist ein verurteilter Auftragsmörder

In seinem Prozess vor fast einem Vierteljahrhundert, in dem Peter Z. vorgeworfen wurde, zwei Menschen gegen Bezahlung ermordet zu haben, hatte der Angeklagte deshalb auch Teile des über mehr als 300 Verhandlungstage dauernden Prozesses innerhalb des Gerichtssaals in einem gesicherten Glaskasten verbracht. Dort sah man ihn, wie er sich hinlümmelte, Langeweile zur Schau stellte. Als ginge ihn das alles nichts an.

Unter anderem wegen des Mordes an einem schwedischen Autohändler auf einem Schrottplatz im August 1998 wurde Gewalttäter Peter Z. verurteilt.
Unter anderem wegen des Mordes an einem schwedischen Autohändler auf einem Schrottplatz im August 1998 wurde Gewalttäter Peter Z. verurteilt. © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Dabei drohte ihm eine lebenslange Haft, und die hat er auch erhalten. Zusammen mit der Haftstrafe wurde bei der Verurteilung von Peter Z. im Jahr 2003 auch die besondere Schwere der Schuld festgestellt und die Sicherungsverwahrung angeordnet. Mehr geht nach deutschem Strafrecht nicht.

Autohändler getötet: Mehrere Zehntausend Mark für Kopfschuss

Das Urteil wurde gegen einen Mann verhängt, dem ein Menschenleben offenbar nichts wert war. Das erste Mal erschoss er im August 1998 für einen Lohn von mehreren Zehntausend Mark einen schwedischen Autohändler, der einem Konkurrenten bei dessen Geschäften in die Quere gekommen war.

Er hatte den 30-Jährigen unter einem Vorwand zu einem abgelegenen Abwrackgelände geführt und ihn dort durch einen einzigen Kopfschuss von hinten regelrecht hingerichtet. Den Ort des Geschehens für seine Tat hatte er sorgfältig ausgesucht. „Schrott gehört zu Schrott“, sagte Peter Z. später zu einem Zeugen über sein Opfer.

Es ist ein Satz, der die Menschenverachtung des Mannes mit bemerkenswerter Klarheit ausdrückte. Wie weit seine Kaltblütigkeit ging, zeigte Peter Z. nur sechs Monate nach dem Auftragsmord bei einem zweiten Job als Lohnkiller. Diesmal sollte er für einen Bekannten, der im Rotlichtmilieu sein Geld verdiente, einen Hamburger Geschäftsmann umlegen.

Hamburger Auftragsmörder ging besonders skrupellos vor

Als der damals 40-Jährige die Wohnung des anvisierten Opfers an der Mundsburg aufsucht, hat er sich als Paketbote getarnt und geklingelt. Doch nicht der Geschäftsmann öffnet die Tür, sondern dessen Lebensgefährtin. Ob er einen oder gleich zwei Menschen aus dem Weg räumt, machte für Peter Z. offenbar keinen großen Unterschied. Jedenfalls attackiert Peter Z. außer dem Geschäftsmann auch die Freundin des 70-Jährigen.

Beide fesselt er, stülpt ihnen Stoffbeutel über den Kopf, dann traktiert er sie mit einem Küchenmesser und schlägt mit einem Hammer auf sie ein. Schließlich entfernt er Fesselungen und Stoffbeutel und durchwühlt die Wohnung, wohl um einen Raubmord vorzutäuschen. Bevor er den Tatort verlässt, stupst er beide Opfer noch mit dem Fuß an, um sich zu vergewissern, dass sie tot sind. Sie rühren sich nicht.

Frau stellte sich tot – das rettete ihr das Leben

Der 70-Jährige ist tatsächlich durch die massiven Gewalteinwirkungen gestorben. Seine Freundin aber hat die Misshandlungen gerade eben so überlebt. Noch Jahre später ist die 49-Jährige von ihren schweren Verletzungen gezeichnet. Sie kann nur mühsam gehen und hat von den Stichverletzungen mehrere Narben davongetragen. Im Prozess vor dem Schwurgericht, in dem sich Peter Z. später unter wegen der Gewalttaten an dem Hamburger Paar und wegen des Mordes an dem Schweden verantworten muss, sagt die 49-Jährige dann als Zeugin aus.

Sie erzählt von den Torturen, denen sie ausgesetzt war, wie der Täter sie fesselte und ihnen den Mund verklebte und sagte: „Mit euch ist es sowieso bald vorbei.“ Sie habe gehört, wie ihr Partner vom Stuhl fiel und dass der Täter danach hinter sie trat. „Plötzlich sah ich Sterne“, sagt sie. „Ich dachte: Fall vom Stuhl und stell dich tot. Danach weiß ich nichts mehr.“

Lange Gefängniskarriere wegen vieler Delikte – auch Mord war dabei

Der Angeklagte Peter Z. hat die Schilderungen der Frau gehört. Ob sie ihn berührt haben? Wahrscheinlich nicht. Wesentliche Teile des Prozesses hat er sich auf seinem Stuhl gefläzt und eine gelangweilte Miene zur Schau getragen. Auch während die 49-Jährige aussagt, sitzt er gleichgültig da, hingelümmelt. An manchen Verhandlungstagen ist er allerdings vom Prozess ausgeschlossen worden. Er hat gespuckt, gepöbelt, beleidigt und dem Gericht immer wieder deutlich vor Augen geführt, wie sehr alles um ihn herum ihn anödet.

In Verdacht, die Morde und die Misshandlungen in Hamburg begangen zu haben, war Peter Z. geraten, nachdem er einem Bekannten vor der Tat erzählt und dieser sich der Polizei anvertraut hatte. Viele weitere Indizien wurden zusammengetragen, Zeugen gehört. Und schließlich, nach fast 300 Verhandlungstagen, in denen das Gericht unter anderem mehr als 600 Anträge der Verteidigung hatte entscheiden müssen, entstand nach Überzeugung der Kammer ein schlüssige Kette aus Indizien und Beweisen, nach der Peter Z. als Mörder überführt ist.

Auch im Knast beging Peter Z. weitere Straftaten

Schon bevor er im Jahr 2003 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, saß Peter Z. mehrere Jahre im Gefängnis, unter anderem wegen Diebstahls, versuchter Brandstiftung und nachdem er mehrere Opfer ausgeraubt und mit Waffen bedroht hatte. Und eine weitere Strafe kassierte er, nachdem er geplant hatte, im Gefängnis zwei Geiseln zu nehmen, so seine Flucht zu erpressen und die Geiseln dann zu erschießen. Nach fast 18 Jahren hinter Gittern kam er am 19. Juni 1998 frei, verdingte sich nun als Auftragsmörder – und bekam lebenslänglich.

Auch dass er jetzt seit mittlerweile fast einem Vierteljahrhundert hinter Gitter sitzt, bedeutet nicht, dass er keine weiteren Straftaten beging. Allerdings sind diese im Vergleich zu den Morden aus der Vergangenheit weniger gravierend. Es ging unter anderem um Beleidigung und Körperverletzung. Doch auch in Prozessen, die ihm wegen dieser Delikte gemacht wurden, waren die Sicherheitsvorkehrungen beträchtlich. Fußfesseln sowie Handschellen, die ihm auch im Gerichtssaal nicht abgenommen wurden, waren die Regel. Zudem waren mehrere Beamte in seiner Nähe, die ihn nicht aus den Augen ließen.

Er sollte einem Mitgefangenen „eins aufs Maul hauen“

Unter anderem wurde er verurteilt, weil er einem Mitgefangenen heißes Essen ins Gesicht gekippt hatte. Ein anderes Mal hat er einen Brief mit beleidigendem Inhalt geschrieben. Dann wieder soll er einem Justizvollzugsbeamten Schläge angedroht haben. Und sein Verhalten als Angeklagter? Provokant, respektlos, beleidigend.

Mal weigerte er sich, überhaupt seine Personalien zu nennen, mal belegte er die Richter mit übelsten Schimpfworten. „Wenn ich jetzt eine Haftstrafe von einigen weiteren Monaten kassiere“, schienen seine Überlegungen zu sein: „Was macht das für einen Unterschied?“

Trotz eines „gewissen Rufs“: Auch Peter Z. „wird älter“

Im Vergleich zu solchen früheren Auftritten wirkt Peter Z. an diesem Donnerstag als Zeuge im Prozess gegen Stefan T., einen 50-jährigen Insassen von Santa Fu, und dessen 48 Jahre alter Frau friedlich. Zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft, die Angeklagten hätten unter anderem über den verurteilten Betrüger und Hochstapler Jakob R. (Name geändert) nach dessen Freigängen Drogen nach „Santa Fu“ eingeschmuggelt, sagt Peter Z. wenig.

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Allerdings habe Hochstapler Jakob R. ihn gebeten, Stefan T. „was aufs Maul zu hauen“, erzählt Peter Z.. Offenbar hätten Stefan T. und Jakob R. Differenzen gehabt, es soll um Geld gegangen sein. Dass ausgerechnet er angesprochen wurde, dem Mithäftling eine Abreibung zu verpassen, erklärt sich Peter Z. damit, „dass ich einen gewissen Ruf habe“. Doch er habe sich aus dem Ärger herausgehalten. „Man wird älter.“

Nach etwa einer halben Stunden ist der Zeugenauftritt von Peter Z. vorbei. Zurück geht es über das Untersuchungsgefängnis in seinen Haftraum in Santa Fu. Dort könnte er noch einige Jahre bleiben müssen – womöglich wirklich bis an sein Lebensende.