Hamburg. Nach der Abschiebung eines jungen Afghanen aus dem Kirchenasyl gibt es Kritik und Engagierte organisieren nun eine Mahnwache.
Nachdem ein Afghane Ende September erstmal aus dem Hamburger Kirchenasyl abgeschoben wurde, regte sich umgehend Kritik – und die reißt nicht ab. Die AG kirchliche Flüchtlingsarbeit und Fluchtpunkt haben zu einer gemeinsamen Mahnwache aufgerufen.
Kurz nach dem Bekanntwerden der Abschiebung des jungen Afghanen aus dem Kirchenasyl sprach Die Linke in der Bürgerschaft schon von einem „absoluten Tabubruch“ und auch vonseiten der grünen Koalitionspartner gab es Kritik an der Entscheidung von Innensenator Andy Grote (SPD). Hamburgs Erzbischof Stefan Heße reagierte sehr betroffen, ebenso die protestantische Bischöfin Kirsten Fehrs.
Abschiebung aus Kirchenasyl: AG kirchliche Flüchtlingsarbeit und Fluchtpunkt organisieren Mahnwache
Die AG kirchliche Flüchtlingsarbeit hat gemeinsam mit Fluchtpunkt eine Stellungnahme abgegeben, in der die Engagierten ebenfalls eine Abschiebung aus dem Kirchenasyl verurteilen. Gleichzeitig laden sie zur Mahnwache unter dem Namen „Hände weg vom Kirchenasyl!“ am Dienstag, 8. Oktober, um 16 Uhr an der Reesendammbrücke am Jungfernstieg ein.
Die Veranstalter zeigen sich entsetzt über den Bruch des Kirchenasyls in der katholischen Heilige-Elisabeth-Pfarrgemeinde in Hamburg-Bergedorf: „Das Eindringen von Polizei und Ausländerbehörde in den geschützten Raum der Kirche ist in Hamburg bislang beispiellos und darf sich nicht wiederholen“, schreiben Sie in Ihrer Mitteilung. Kirchenasyl sei gelebte Verantwortung.
Die Kirchengemeinde, die einem geflüchteten Menschen Zuflucht gewähre, tue dies nach gewissenhafter Prüfung und in Achtung des christlichen Gebots der Nächstenliebe, heißt es weiter. „Diese Gewissensentscheidung wurde in Hamburg bislang stets respektiert.“ Dass die Innenbehörde nun im Fall des jungen Mannes aus Afghanistan anders entschied, zeige einen Kulturwandel auf, der besorgt machen sollte, so die Veranstalter und plädieren für den Erhalt des Kirchenasyls als Schutzraum.
Kirchenasyl in Hamburg: BAMF muss erneut auf Härtefall prüfen
Kirchenasyl hat seine Grundlage grundsätzlich nicht im geltenden Recht, sondern in einer Verfahrensverabredung zwischen dem BAMF und den Kirchen, das seit 2015 besteht. Darin ist vereinbart, dass die Kirchen dem BAMF aussagekräftige Dossiers vorlegen, die das Amt dann auf mögliche Härtefallgründe prüft.
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Tatsächlich könnte ein solcher Härtefall beim 29-jährigen Abgeschobenen bestehen, wie Recherchen des Abendblatts zeigen. Der Betroffene soll unter einer psychischen Erkrankung leiden. Die AG kirchliche Flüchtlingsarbeit fürchtet nun, dass ihm notwendige medizinische Hilfe in Schweden, wohin er abgeschoben wurde, nicht zuteil werde. Die AG fordert darum vom rot-grünen Senat, das Gespräch mit den Kirchen zu suchen und von weiteren Räumungen Abstand zu nehmen. Hamburg dürfe sich hier nicht vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter Druck setzen, sich nicht in den Strudel einer überhitzten politischen Debatte hineinziehen lassen. „Die Qualität einer humanen Flüchtlingspolitik bemisst sich nicht in der Zahl durchgeführter Abschiebungen.“