Hamburg. Bäcker Thomas Horn aus Niendorf stellt Frauen aus Ungarn und Chile ein. Bei der Integration wünscht er sich aber mehr Hilfen.

  • Bäcker- und Konditormeister Thomas Horn aus Niendorf braucht die Arbeitskräfte aus dem Ausland
  • Bürokratische Hürden erschweren dem engagierten Handwerker die Integration
  • Ohne und Fachkräfte aus dem Ausland werden es Betriebe schwer haben, Mitarbeiter zu bekommen

Diversität, das lebt Bäcker- und Konditormeister Thomas Horn an der Papenreye in Niendorf jeden Tag. Denn ohne Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus dem Ausland sieht es schlecht aus in seinem Betrieb – ebenso wie im Handwerk allgemein. Der Fachkräftemangel macht aus dem 60-Jährigen einen wahren Experten für Integration. Aber es könnte alles einfacher sein, wenn es weniger bürokratische Hürden gäbe, sagt Horn.

Der Konditormeister, der auch ein Geschäft in Lokstedt betreibt, hat schon die ungewöhnlichsten Dinge in Torten verwandelt: etwa einen Hafenschlepper im Maßstab 1:30 oder eine Geburtstagstorte für einen Hamburger Nachtclub, aus dem eine halbnackte Tänzerin kletterte. Horn ist jemand, der sich gern Herausforderungen stellt. Nun ist es der Fachkräftemangel, den er stemmen muss – wie so viele andere Branchen und Betriebe auch.

Hamburger Konditor leidet unter dem extremen Fachkräftemangel

Wie gut, dass er mit Francisca Gallardo Rojas eine Mitarbeiterin gefunden hat. In der Backstube von Thomas Horn lernt die Chilenin seit dem 1. August das Konditorhandwerk. „Ich könnte weitere fünf Mitarbeiter gebrauchen“, sagt Horn. Aber diese zu finden, ist in Zeiten des Fachkräftemangels schwer.

Daher setzt er wie auch viele andere Kollegen auf ausländische Mitarbeiter. „Obwohl es viel Zeit und Energie kostet“, so Horn. Seit zwei Jahren gehört eine Ungarin zu seinen 25 Angestellten. Eine Ukrainerin hat gerade als Reinigungskraft angefangen und soll später auch im Verkauf arbeiten. „Sie hat Potenzial“, sagt er.

Seit August durchläuft zudem Francisca Gallardo Rojas ihr berufliches Anerkennungsjahr in der Backstube. Sie gab zwar an, Konditorin zu sein, da sie eine Fachschule in Chile besucht hat – doch den Ansprüchen von Thomas Horn genügte das nicht. In einem offiziellen Anerkennungsverfahren lernt sie den Beruf nun in der Backstube in Niendorf. Viermal die Woche jeweils für acht Stunden. Bezahlt wird der Mindestlohn.

Fachkraft aus dem Ausland erhält Mindestlohn, Auszubildende weniger

Ein berufliches Anerkennungsverfahren dient dazu, die Qualifikationen und beruflichen Fähigkeiten von Menschen, die ihre Ausbildung oder Berufserfahrung im Ausland erworben haben, in Deutschland anzuerkennen. Klingt gut. „Aber es ist nicht alles rosarot“, sagt Horn. Während im Anerkennungsjahr der Mindestlohn gezahlt wird, gilt das für seine Auszubildenden nicht: „Meine Azubis müssen für 860 Euro im ersten Ausbildungsjahr richtig malochen.“

Bäckerei Horn
Francisca Gallardo Rojas aus Chile lernt bei Thomas Horn in Niendorf das Konditorhandwerk im Rahmen einer beruflichen Anerkennung. Wenn sie fertig ist, so hofft Horn, bleibt er ihr als Arbeitskraft erhalten. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Christiane Engelhardt, Sprecherin der Handwerkskammer, nennt den Grund dafür: „Im Gegensatz zu Auszubildenden, die nach der Schule beginnen, ein Handwerk von Grund auf zu erlernen, bringt die Fachkraft aus dem Ausland, die in einer Anpassungsqualifizierungsmaßnahme steht, ja bereits Berufserfahrungen und -kenntnisse mit.“

Thomas Horn sieht das ein wenig anders: „Francisca Gallardo Rojas ist auch eine große Belastung, da wir ganz von vorn anfangen, sie kann noch nicht ausreichend Deutsch. Auch meine ungarische Mitarbeiterin kam vor zwei Jahren ohne jegliche Deutschkenntnisse und war angeblich ausgebildete Konditorin“, erzählt Horn.

Hamburger Handwerkskammer: Verfahren müssen vereinfacht werden

Jetzt, nach zwei Jahren ist die Frau aus Ungarn so angelernt, dass sie eine wirkliche Hilfe sei. Thomas Horn hat Geduld und weiß, dass sich sein Engagement auszahlen wird. Er wünscht sich aber mehr Unterstützung von der Politik. „Integration und Eingliederung von Flüchtlingen und anderen ausländischen Mitbewohnern, die wirklich an Arbeit interessiert sind, können nicht nur schöne Worte sein, sondern erfordern Engagement von allen Seiten.“ So kann ein Ukrainer, der als Fahrer arbeiten möchte, nicht bei ihm anfangen, weil sein Führerschein nicht anerkannt wird, berichtet Thomas Horn. „Er hatte eine Frist versäumt und müsste nun einen neuen machen.“ Und das ist in Hamburg sehr teuer.

Rückenwind bekommt Horn von der Handwerkskammer: „Unsere Betriebe wünschen sich eine einfachere Integration von ausländischen Fach- und Arbeitskräften. Alle bestehenden Verfahren und Förderstrukturen müssen kritisch betrachtet und so weit wie irgend möglich vereinfacht werden“, sagt Christiane Engelhardt. Anträge müssten von der Ausländerbehörde schneller bearbeitet werden und es müsste Angebote geben, die Sprache zu erlernen.

Denn: „Ohne Auszubildende sowie Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland werden kleine und mittlere Handwerksbetriebe es sehr schwer haben, in den kommenden Jahren auch nur annähernd genug Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu bekommen“, so Engelhardt.

Hamburger Konditormeister hofft, dass ausländische Mitarbeiter bei ihm bleiben

Die acht größten außereuropäischen Asylherkunftsländer sind Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien. Im Hamburger Handwerk haben in 2023 knapp 650 Auszubildende aus einem dieser Herkunftsländer eine Ausbildung absolviert. Das sind knapp zwölf Prozent aller eingetragenen Auszubildenden. 

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Francisca Gallardo Rojas sucht immer noch einen bezahlbaren Sprachkurs. „In der Backstube lerne ich vor allem Fachbegriffe, ich möchte mich aber generell unterhalten können“, sagt sie. „Dann bin ich auch selbstbewusster“, sagt sie. Ursprünglich hat die 32-Jährige Work&Travel gemacht, ist gereist und hat mit ihrer Schwester in Deutschland ein neues, sicheres Zuhause gefunden.

„Ich liebe meine Heimat, aber in Deutschland lebe ich als Frau sicherer. Ich kann auf die Straße gehen, kann einen Rock tragen, ohne Gefahr zu laufen, bedroht zu werden.“ Wenn sie in 70 bis 80 Wochen das Konditorhandwerk beherrscht, hofft Thomas Horn, dass sich seine Kosten und Mühen bezahlt gemacht machen und Francisca Gallardo Rojas bei ihm weiterarbeitet. Nur so kann sein Betrieb weiter bestehen.