Hamburg. Trotz vieler Maßnahmen gegen Extremisten steigt ihre Zahl. CDU sieht Schuld bei Rot-Grün. Behörde widerspricht deutlich.
Obwohl die Stadt zuletzt verstärkt gegen Islamisten vorgeht und auch die Präventionsarbeit ausgeweitet hat, gibt es immer mehr Islamisten in Hamburg – also Menschen, für die islamische Gebote einen Absolutheitsanspruch auch gegenüber weltlichen Regeln wie der Verfassung und den Gesetzen haben. Waren den Behörden im Jahr 2014 noch 955 dieser religiösen Extremisten bekannt, die in Hamburg lebten, so sind es Ende 2023 bereits 1840 gewesen. Dies legt der Senat auch in einer aktuellen Drucksache dar. Für die CDU ist diese Entwicklung auch eine Folge falscher Politik des rot-grünen Senats.
„Die eigenen Feststellungen zur Entwicklung der islamistischen Bedrohung in Hamburg sind ein politischer Offenbarungseid des Senats“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries dem Abendblatt am Dienstag. „Hamburg hat sich unter Rot-Grün zur Hochburg der Islamisten-Szene in Deutschland entwickelt. Die Zahl der Islamisten hat sich in unserer Stadt in den vergangenen zehn Jahren nahezu verdoppelt. Und während das islamistische Personenpotenzial bundesweit leicht gesunken ist, ist es in Hamburg in den vergangenen beiden Jahren auf 1840 Personen weiter gestiegen.“
Islamismus Hamburg: 1520 der Extremisten gelten als „gewaltorientiert“
Besorgniserregend sei dabei „insbesondere der immens hohe Anteil gewaltorientierter Islamisten mit 1520 Personen“, so de Vries. „Die Ausbreitung dieses islamistischen Extremismus, der eine erhebliche Gefahr für unsere liberale Demokratie, die Akzeptanz unserer Grundwerte und den gesellschaftlichen Zusammenhalt darstellt, ist auch Ergebnis einer langjährigen Verharmlosung des Islamismus und einer politischen Untätigkeit bei der Bekämpfung des Islamismus durch den rot-grünen Senat.“
Nicht eine einzige islamistische Organisation in Hamburg sei in den vergangenen Jahren durch Innensenator Andy Grote (SPD) verboten worden, obwohl viele seit Jahren durch den Verfassungsschutz beobachtet würden, so der CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Hamburg-Mitte. Zugleich wirft de Vries Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne), der Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) und den Hamburger Parteivorsitzenden von SPD und Grünen vor, sie hätten sich nicht an der Anti-Islamisten-Demonstration beteiligt, nachdem die radikale Gruppe Muslim Interaktiv in eigenen Kundgebungen ein Kalifat für Deutschland gefordert hatte.
Islamverträge Hamburg: „Es ist ein Unding, dass sie verlängert werden“
Die Islamverbände würden „weiterhin mit Samthandschuhen angefasst“, so der CDU-Mann. Dabei würden sie wie etwa das türkische DITIB „vom Ausland gesteuert und für politische Zwecke instrumentalisiert“. De Vries monierte auch das Verhalten des Rates der islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura) im Zusammenhang mit dem kürzlichen verbotenen Islamischen Zentrum Hamburg (IZH) und seiner Blauen Moschee an der Alster. Die Schura, die ein wichtiger Partner der Stadt bei den Islamverträgen und bei der Bekämpfung von religiösem Extremismus ist, habe das IZH zunächst verteidigt und später die Schließung der Blauen Moschee bedauert, weil diese ein wichtiger Ort des Glaubens für Schiiten in Hamburg sei.
Es sei „ein Unding und Politikversagen sondergleichen, dass Rot-Grün die Islamverträge verlängern will, obwohl namhafte Islamismuskritiker, der Antisemitismusbeauftragte und liberale Muslime davor eindringlich warnen“, so de Vries. „Wir brauchen einen grundlegenden Kurswechsel in der Islamismusbekämpfung.“
Innenbehörde zeigt, wie massiv sie zuletzt gegen Islamisten in Hamburg vorgeht
Die Innenbehörde hat den Vorwürfen aus der CDU am Dienstag deutlich widersprochen. „Unsere Sicherheitsbehörden und der Senat kümmern sich sehr intensiv um alle Strukturen und Einzelpersonen in diesem Bereich“, sagte Behördensprecher Daniel Schaefer dem Abendblatt. „Die konsequente Beobachtung und Bekämpfung islamistischer Netzwerke und Gruppierungen ist eine der wichtigsten Kernaufgaben des Hamburger Verfassungsschutzes. Die Sicherheitsbehörden gehen in Hamburg seit Jahren sehr hart und sehr erfolgreich gegen diese Szene vor.“
Die Arbeit der Hamburger Ermittler von Staatsschutz und Verfassungsschutz sei zuletzt immer wieder Auslöser zahlreicher Ermittlungsverfahren, Durchsuchungen, Festnahmen, Verurteilungen bis hin zu Abschiebungen und Ausweisungen gewesen, wie zuletzt im Fall der Schließung des IZH und der Ausweisung seines ehemaligen Leiters. Hamburg habe zudem als erstes Bundesland Koranverteilungsstände erfolgreich verboten. Die bundesweite Missionsorganisation LIES sei auch mithilfe starker Vorarbeiten aus Hamburg verboten worden. Die Versuche der islamistischen Hizb ut-Tahrir (HuT), verdeckte Strukturen im Hamburger Sport aufzubauen, seien unterbunden worden. Zudem seien Hamburger Sicherheitsbehörden „federführend an der Vereitelung zweier geplanter Anschläge 2021 und 2023 beteiligt“ gewesen.
„In Hamburg haben wir so effektiv wie sonst nirgendwo in Deutschland gearbeitet“
Hamburg habe nach dem Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023 „so effektiv wie sonst nirgendwo in Deutschland antisemitische und den Hamas-Terror verherrlichende Kundgebungen (wie von Muslim Interaktiv) unterbunden“. Auch seien islamistische Social-Media-Kanäle abgeschaltet worden.
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Die 2017 eingerichtete Zentrale Hinweisaufnahme (ZHA)-Religiöse Ideologien bei der Polizei setze „ihre erfolgreiche Arbeit bei der Identifizierung potenziell gefährlicher radikalisierter Personen fort“, so der Sprecher von Innensenator Grote. „Im Zusammenhang der Mitwirkungsaufgaben der Sicherheitsbehörden konnten Einbürgerungen oder Verfestigungen von Aufenthaltstiteln für Islamisten auf Basis von Informationen aus dem Landesamt für Verfassungsschutz in diversen Fällen verhindert werden.“
Islamismus Hamburg: Stellen beim Hamburger Verfassungsschutz um ein Drittel aufgestockt
Um all diese Maßnahmen umzusetzen, sei das Personal beim Landesamt für Verfassungsschutz um ein Drittel aufgestockt worden, was bundesweit einmalig sei. Hervorzuheben sei zudem „die Gründung der Internet-Spezialeinheit Islamismus, die insbesondere islamistische Aktivitäten in den sozialen Netzwerken im Fokus hat“, so Behördensprecher Schaefer. „Durch die intensive Arbeit sind die Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren auf deutlich mehr Personen aufmerksam geworden, die der islamistischen Szene zuzuordnen sind – das schlägt sich in den Zahlen nieder.“