Hamburg (dpa/lno). Eine Kundgebung in Hamburg soll ein Zeichen gegen Islamismus und Antisemitismus setzen. Sie ist eine Antwort auf eine Islamisten-Demo vor einer Woche. Es gibt deutliche Worte - aber weniger Zulauf.
Hunderte Menschen sind am Samstag in Hamburg gegen Islamismus und Antisemitismus und für freiheitliche Werte und das Grundgesetz auf die Straße gegangen. Die Demonstration am Steindamm in St. Georg war als Gegenkundgebung zu einer von Islamisten organisierten Versammlung geplant, die vor einer Woche an gleicher Stelle mit Rufen nach einem Kalifat bundesweit Empörung ausgelöst hatte. Laut Polizei beteiligten sich etwa 800 Menschen an der Gegenkundgebung. Erwartet hatten die Organisatoren bis zu 1000.
„Keiner schadet der islamischen Religion und den Muslimen mehr als die Islamisten selbst“, sagte Ali Ertan Toprak, Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde, die die Kundgebung zusammen mit den Vereinen Kulturbrücke Hamburg und Säkularer Islam organisiert hatte. Zugleich warf er der Politik vor, das Problem des politischen Islam zu lange aus Angst vor antimuslimischen Stimmungen verschwiegen und damit Rechtspopulisten überlassen zu haben.
Vertreter der vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuften Gruppe Muslim Interaktiv, die bei der Demo in der vergangenen Woche ein Kalifat gefordert hatten, nannte Toprak „kleine Möchtegern-Azubi-Kalifen“ und forderte sie auf, den erhobenen Zeigefinger der Prediger herunterzunehmen. „Wagt es nicht noch einmal, euren Zeigefinger gegen unsere demokratische Gesellschaft zu erheben“, sagte er.
Unruhe verursachte daraufhin am Rand der Demo ein offenkundiger Sympathisant der Gruppe mit dem traditionellen Kopftuch arabischer Männer, der demonstrativ den Zeigefinger erhob. Unter dem Beifall der Menge führte die Polizei den Mann weg. Auch andere Männer brachten ihren Unmut über die Kundgebung zum Ausdruck. Größere Zwischenfälle gab es nicht.
Viele Muslime seien aus diktatorischen Regimen nach Deutschland geflohen, um hier sicher in Freiheit in einer Demokratie leben zu können, sagte Toprak. Wer hier ein Kalifat fordere, fordere eine faschistische Diktatur. „Wenn es euch hier nicht gefällt, könnt ihr gerne in Afghanistan, Jemen oder Iran leben.“
Die Fraktionschefs der in Hamburg regierenden SPD und Grünen, Dirk Kienscherf und Dominik Lorenzen, verwiesen darauf, dass die Politik den Islamismus sehr ernst nehme und das Problem in der Bürgerschaft breiten Raum einnehme. Demonstrationen wie die der Gruppe Muslim Interaktiv seien nach geltendem Recht nicht per se zu verbieten, sagte Kienscherf. „Dort, wo es nicht zu verbieten ist, müssen wir das ertragen.“ Lorenzen sagte, dass der Rechtsstaat für alle gelte, „auch für den, der gegen den Rechtsstaat ist.“
Die Bilder der Islamisten-Demo seien um die Welt gegangen, sagte der CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzende Dennis Thering. „Das ist unerträglich, das ist eklig, das widert mich an.“ Solche Bilder dürften nicht zur Normalität werden und deshalb sei es gut, dass die Menschen dagegen auf die Straße gingen. „Es muss aber auch auf den Widerstand der Politik und der Verantwortlichen in den Regierungen treffen. Das passiert mir noch viel zu wenig.“
Er erinnerte daran, dass die CDU erst kürzlich in der Bürgerschaft ein Verbot der Gruppe Muslim Interaktiv gefordert hatte, damit aber an der rot-grünen Mehrheit gescheitert sei. Islamismus müsse mit Taten bekämpft werden, sagte Thering. „Unser Rechtsstaat muss handeln, und zwar mit aller Härte.“
Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries forderte erneut, die Forderung nach einem Kalifat unter Strafe zu stellen. „Das Kalifat ist das Ende von Menschenwürde, Rechtsstaat und Gleichberechtigung“, sagte er.
Auch der Hamburger FDP-Bundestagsabgeordnete Michael Kruse forderte staatliche Konsequenzen für islamistische Gruppen: „Ich erwarte vom Senat und ich erwarte von Rot-Grün, dass nicht nur gesagt wird, wir müssen das ertragen.“
Alle Redner sprachen sich auch für die Schließung des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) aus, das die Blaue Moschee an der Alster betreibt und vom Verfassungsschutz als Außenposten der iranischen Regierung gesehen und seit Jahrzehnten beobachtet wird. Ein entsprechendes Prüfverfahren läuft im Bundesinnenministerium.