Hamburg. Schmerzen und Schlafstörungen: Ärztin verlangt 150.000 Euro wegen Gesundheitsschäden durch Corona-Impfung. Wie Impfstoffhersteller reagiert.

Für sehr viele Menschen war es ein Segen: Die Impfung gegen Corona galt als Schutz gegen schwere Erkrankungen durch das Virus. Andere jedoch klagten darüber, dass die Impfung zu gesundheitlichen Schäden geführt habe. Im ersten Prozess in Hamburg und einem der ersten bundesweit wurde am Montag in der Hansestadt über eine Klage einer Frau gegen den Impfstoff-Hersteller Biontech verhandelt, in dem sie geltend macht, dass die Impfung bei ihr zu massiven Beschwerden geführt habe. Die Klägerin, eine Ärztin, fordert von Biontech Schadenersatz und ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 150.000 Euro (Aktenzeichen 335 O 117/22).

Wie der Vorsitzende Richter zum Prozessauftakt berichtet, macht die Klägerin geltend, dass der Impfstoff Comirnaty, der ihr dreimal verabreicht worden sei, „erhebliche Nebenwirkungen bis zum Tod“ haben könne. Als Mitarbeiterin des Gesundheitswesens, für die zwischenzeitlich die sogenannte „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ galt, habe sie sich allerdings den Impfungen unterziehen müssen. Bei der Frau, so war im Vorfeld des Prozesses zu erfahren, hätten die Impfungen zu Erschöpfung, Müdigkeit und Schlafstörungen, Schmerzen im Oberkörper sowie Schwellungen an den Extremitäten geführt. Die Frau klagt auch darauf, dass Biontech zu einem Ersatz der „materiellen Schäden“ verpflichtet sei. Dagegen bestreitet Biontech, dass die Impfung gegen das Coronavirus die Beschwerden der Klägerin ausgelöst hat.

Prozess Hamburg: Klägerin spricht von gesundheitlichen Schädigungen durch Corona-Impfstoff von Biontech

Welche Nebenwirkungen oder Impffolgen genau bei der Ärztin aufgetreten seien, darüber wird im Gerichtssaal unter Ausschluss der Öffentlichkeit gesprochen. „Ich möchte nicht, dass meine persönliche Krankengeschichte öffentlich erörtert wird“, hatte die Medizinerin zum Beginn des Gerichtstermins verdeutlicht. Mit Hinweis auf „schutzwürdige Interessen“ von Verfahrensbeteiligten, die das Gerichtsverfassungsgesetz regelt, kam das Gericht dem Antrag der Klägerin nach.

Sie habe ihren Fall „verständlich geschildert“, sagte der Vorsitzende Richter im Anschluss an die Ausführungen der Klägerin. Es stelle sich allerdings die Frage, ob es hinreichende Unterlagen gebe, die ihre Darstellungen stützen.

Positionen von Klägerin und Biontech liegen weit auseinander

Zentral gehe es in dem Verfahren darum, was die Schutzfunktion des Impfstoffes sei und wofür er zugelassen wurde, betont der Richter. Klar ist jedenfalls: Nach Ansicht der Ärztin sei das generelle Verhältnis von Nutzen und Risiko bei dem Impfstoff nicht in der Balance. Außerdem weise der Beipackzettel Mängel auf. Dagegen macht der Anwalt von Biontech geltend, dass die Zulassung des Impfstoffs für den Schutz vor schweren Verläufen einer Corona-Infektion erteilt worden sei – und nicht zum Schutz vor einer Übertragung.

Allein dieser Auftakt macht deutlich, dass die Positionen von Klägerin und Biontech weit auseinanderliegen. Und so stellt der Anwalt von Biontech auf die Frage des Richters, ob es eine Bereitschaft für einen Vergleich gebe, klar: „Das kommt nicht in Betracht.“ Schon medizinisch sind Impfschäden schwer nachzuweisen. Die juristische Auseinandersetzung dürfte ähnlich aufwendig und komplex sein. Ein Urteil soll in der Sache am 15. November verkündet werden.

Ein Urteil soll es am 15. November geben. Andere Urteile liegen bereits vor

Ursprünglich hatte der Prozesstermin bereits vor 15 Monaten, also im Juni 2023, stattfinden sollen. Doch wegen Befangenheitsanträgen und Widersprüchen hatte sich das Verfahren immer weiter verzögert. Die Hamburger Zivilklage wäre bundesweit die erste gewesen, in der ein Fall vor Gericht ausgebreitet wird. Mittlerweile haben Verfahren gegen Biontech und Astrazeneca über Impfschäden in weiteren Städten begonnen. In einigen Prozessen wurden bereits Urteile gesprochen.

In jedem Fall geht es um viel in den Prozessen: Sollten die Impfstoffhersteller wie Biontech, Moderna oder Astrazeneca erfolgreich verklagt werden können, gilt es als wahrscheinlich, dass weitere echte oder mutmaßliche Impfschaden-Betroffene eine Klage erwägen. Eine Prozesslawine könnte die Folge sein. Corona-Leugner und Impfgegner haben zudem in der Vergangenheit diese juristischen Auseinandersetzungen für ihre Argumentation instrumentalisiert.

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Jeder, der sich gegen Corona hat impfen lassen, wurde über mögliche Nebenwirkungen oder gar „Risiken“ aufgeklärt. Ärzte und Experten unterscheiden zumeist zwischen Impfreaktionen (gerötete Haut, leichtes Fieber und anderes) und einem Post-Vac-Syndrom. Die Impfreaktionen verschwinden vergleichsweise schnell. Das medizinisch nicht näher eingegrenzte Post-Vac kann anhaltende Kopfschmerzen, Übelkeit, chronische Müdigkeit oder Herz-Kreislauf-Schwächen bedeuten, ähnlich wie bei Long- oder Post-Covid-Patienten. Das Robert-Koch-Institut weist darauf hin, dass diese Impffolgen sehr selten sind (weniger als ein Fall pro 100.000 Impfungen).