Hamburg. Gericht verurteilte drei Männer wegen Hinterziehung von 4,5 Millionen Euro Steuern. Mitangeklagt war auch ein Anwalt.
Der Bedarf war plötzlich da, und er war riesig. Als Corona im Frühjahr 2020 in einer ersten Welle über Deutschland hereinbrach, müssten sehr schnell viele Millionen Schutzmasken herbeigeschafft werden. Findigen Geschäftsleuten aus Hamburg gelang es, innerhalb weniger Wochen 23 Millionen Masken für das Bundesgesundheitsministerium zu besorgen. Und die Qualität der Ware entsprach durchaus den Erwartungen der offiziellen Stellen. So weit, so gut?
Mitnichten. Denn die Güteklasse ist nicht allein entscheidend. Es muss auch finanziell und steuerrechtlich alles einwandfrei abgewickelt werden. Und da gab es Defizite von erheblicher Relevanz. Tatsächlich sind bei dem damaligen Masken-Deal Steuern von rund 4,5 Millionen Euro hinterzogen worden.
Zu dieser Überzeugung kam eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts und verurteilte drei Angeklagte wegen bandenmäßiger Steuerhinterziehung zu Freiheitsstrafen zwischen sechsdreiviertel Jahren und drei Jahren.
Deal mit Corona-Masken bescherte Angeklagten viele Millionen Euro
Laut Ermittlungen hatte der Deal mit den Corona-Masken den Angeklagten einen kräftigen Umsatz von rund 109 Millionen Euro beschert. Darin waren rund 17 Millionen Euro ausgewiesene Umsatzsteuer enthalten. Doch die Männer im Alter zwischen 23 und 46 Jahren hätten sich zu einer Bande zusammengeschlossen und seien überein gekommen, möglichst keine Umsatzsteuer zu zahlen, war der Vorwurf der Staatsanwaltschaft in dem Prozess.
So hätten sie ihren Gewinn aus dem Geschäft mit den Corona-Masken erhöhen wollen. Eigentlich hätten die Angeklagten von der erhaltenen Umsatzsteuer jeweils einen Monat später Vorsteuerbeträge an das Finanzamt Hamburg-Harburg abführen müssen. Dies hätten die Verdächtigen allerdings unterlassen und so im Zeitraum zwischen Juni und Dezember 2020 insgesamt 4,5 Millionen Euro hinterzogen.
„Es grenzt schon an an kleines Wunder“, sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung, dass es den Angeklagten gelungen ist, innerhalb des vom Ministerium vorgegebenen Zeitraums 20 Millionen FFP2-Masken und drei Millionen OP-Masken zu liefern. Denn die Männer hätten zum damaligen Zeitpunkt zunächst nicht selber über Masken verfügt, auch nicht über die finanziellen Mittel.
Ebenso wenig hätten sie eine richtige Expertise in Bezug Medizinprodukte besessen. Aber sie hätten „das hingekriegt, 23 Millionen Masken zu beschaffen. Das ist Unternehmergeist“, so der Vorsitzende Richter. Ausdrücklich stellte der Richter klar, dass sich die Männer nicht etwa bei der Beschaffung, Lieferung und Abrechnung der Masken strafbar gemacht haben – sondern weil sie die Umsatzsteuer nicht ordnungsgemäß abführten.
Neunmonatige Bewährungsstrafe für mitangeklagten Rechtsanwalt
Gegen einen mitangeklagten Rechtsanwalt, dem vorgeworfen wurde, im Zusammenhang mit den Geschäften eine Schenkung eines Mercedes AMG für 128.000 Euro nicht angezeigt zu haben, verhängte die Kammer wegen Steuerhinterziehung eine neunmonatige Bewährungsstrafe. Ein weiterer Mann, dem vorgeworfen wurde, er habe als Steuerberater Beihilfe zu einer versuchten Steuerhinterziehung geleistet, wurde zu elf Monaten mit Bewährung verurteilt.
Kopf der Bande war nach Überzeugung des Gerichts der unter anderem wegen räuberischer Erpressung, Betruges und Untreue vorbestrafte Ali A., in dessen Gesamtstrafe von sechs Jahren und neun Monaten eine frühere Verurteilung einbezogen wurde. Der 32-Jährige und ein gleichaltriger Bekannter hätten es im Frühjahr 2020 durch einen unternehmerischen Trick hinbekommen, dass mehrere Unternehmen, mit denen sie in Verbindung standen, ihnen Masken zur Verfügung stellten.
Diese wiederum lieferten sie dann an das Bundesministerium, kassierten dafür viele Millionen Euro. Einer der beiden Haupttäter sei für den Vertrieb zuständig gewesen, der andere für die Buchhaltung, stellte die Kammer fest. Involviert war nach Überzeugung des Gerichts zudem der jüngere Bruder von Ali A., der einen Autohandel hatte und seine Firma für den Maskendeal zur Verfügung stellte. Um sich überhaupt an den Ausschreibungen für die Maskengeschäfte mit dem Bundesgesundheitsministerium beteiligen zu können, mussten die Bewerber Unternehmer sein.
Steuerhinterziehung bei Masken-Deal: Angeklagte steckten das Geld in Luxusautos
Als die Männer ihre Vergütung inklusive Umsatzsteuer durch das Ministerium erhielten, hätten sie die Summe weiter investieren und damit „richtig Geld machen“ wollen, so der Richter. Sie hätten sich entschieden, in Autos zu investieren. Zwar sei ihnen bewusst gewesen, dass sie Umsatzsteuer von 19 Prozent hätten anmelden und umgehend zahlen müssen.
Ihr Kalkül sei allerdings gewesen, dass das Finanzamt sich „nicht so schnell rührt und man das Geld eine Weile behalten kann“. Zu ihrem Vorgehen sagte der Vorsitzende: „Es gab einen Plan, es gab eine Absprache. Da sitzt eine Bande dahinter.“ Bei Erfolg ihrer weiterer Inventionen in die Fahrzeuge hätten die Männer erst später Steuern zahlen wollen. Doch dies sei eben zu spät gewesen – und damit strafbar. Der Steuerschaden ist mittlerweile vollständig wieder gutgemacht.
Überführt wurden die Angeklagten unter anderem durch Steuerunterlagen, die bei Durchsuchungen sichergestellt wurden, Telefonüberwachung und Zeugenaussagen. Ende April 2021 hatte die Finanzbehörde mitgeteilt, dass die verdächtigen Männer das hinterzogene Geld in hochwertige Autos gesteckt hätten, unter anderem in die Luxusmarken Rolls-Royce, Lamborghini und Bentley.
Wenige Tage vor der Mitteilung der Finanzbehörde hatten insgesamt rund 50 Beamte der Steuerfahndung und der Polizei neun Objekte in Hamburg durchsucht. Dabei wurden laut Finanzbehörde neben den teuren Fahrzeugen auch Luxusuhren sichergestellt. Der heute 32 Jahre alte Hauptbeschuldigte kam in Untersuchungshaft, ist jedoch mittlerweile vorläufig auf freien Fuß. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.