Hamburg. Neue „Ampel“ in Wandsbek will „Korrekturen in der Verkehrspolitik zugunsten des Autos!“ vornehmen. Wer von einem „bitteren Tag“ spricht.

  • Wandsbeker Chaussee soll sechsspurig erhalten bleiben.
  • Tempo 50 als Regelgeschwindigkeit.
  • Ausbau des ÖPNV im Bezirk Wandsbek.

Nach dem Kopf-an-Kopf-Rennen bei den Bezirkswahlen im Juni war lange offen, wie es in Hamburgs größtem Bezirk Wandsbek weitergeht. Da es für erneutes rot-grünes Bündnis in Wandsbek nicht gereicht hatte, wurden in den vergangenen Wochen verschiedene Sondierungsgespräche geführt.

Jetzt ist die Entscheidung gefallen: Die Koalitionsverhandlungen werden aufgenommen. Welche Parteien daran beteiligt sind.

Wandsbek: „Korrekturen“ in der Verkehrspolitik zugunsten des Autos angekündigt

Rückblick: Mit 27,9 Prozent landete die CDU bei der Bezirkswahl hauchdünn vor der SPD mit 27,7 Prozent. Beide Parteien verfügen über 16 Abgeordnete und hätten so gemeinsam eine Mehrheit in der 57-köpfigen Bezirksversammlung. Rot-Grün wurde zwar abgewählt, aber zusammen mit der FDP würde es als Ampel-Koalition für eine Mehrheit von 31 Stimmen reichen.

Jetzt haben die zuständigen Gremien von SPD, Grünen und FDP im Bezirk Wandsbek der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen für die neue Wahlperiode der Bezirksversammlung zugestimmt.

„Nach intensiver Beratung in Partei und Fraktion hat unser Kreisvorstand einstimmig der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zugestimmt. Wir haben in den vertrauensvollen und konstruktiven Sondierungen eine Basis geschaffen, von der wir sagen können: Diese Ampel muss und wird eine andere sein als die in Berlin“, so der SPD-Kreisvorsitzende Andreas Dressel und der SPD-Fraktionsvorsitzende Marc Buttler.

Bezirkswahl Wandsbek: „Diese Ampel muss und wird eine andere sein als die in Berlin“

„Wir nehmen den Wählerauftrag vom 9. Juni ernst: Zum einen nehmen wir in einem Außenbezirk wie Wandsbek notwendige Korrekturen in der Verkehrspolitik zugunsten des Autos vor – mit einem Erhalt bestehender Fahrspuren und Parkplätze sowie einer Priorität bei der Sanierung bestehender Radwege als Richtschnur“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Dressel und Buttler.

Zudem gebe man noch Vorfahrt zugunsten des Wohnungsbaus: „Wir wollen Wohnungsbauprojekte nicht mit überzogenen Anforderungen verhindern oder ausbremsen. Konkret wollen wir die gesetzlichen Vorschriften für das Bauen im Bezirk stärker pragmatisch im Sinne der Aufwands- und Kostenreduktion für alle Beteiligten interpretieren und die bundes- und europarechtlichen Vorgaben nicht durch weitere bezirkliche Auflagen erhöhen.“

Das Versprechen: In Wandsbek soll es auch weiter Einfamilienhäuser geben.

100-Tage-Programm: 300 neue Parkplätze sind geplant

„So eint uns das Ziel eines klimaneutralen Bezirks sowie der Schutz und die Pflege unserer Umwelt. Wandsbek ist ein besonders vielfältiger Bezirk mit dem stadtweit größten Anteil an Landschafts- und Naturschutzgebieten einerseits und stark verdichteten Gebieten andererseits. Unser Ziel ist es, den Bezirk so weiterzuentwickeln, dass genau dieser lebenswerte Charakter Wandsbeks prägend bleibt“, so das Fazit von Katja Rosenbohm und Justin Orbàn, den Fraktions- und Kreisvorsitzenden der Grünen.

Pressefoto SPD, Grüne und FDP beschließen Aufnahme von Koalitionsverhandlungen für Wandsbek
Katja Rosenbohm und Justin Orbán, die Fraktions- und Kreisvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, haben der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen für Wandsbek zugestimmt. © GRÜNE Wandsbek | GRÜNE Wandsbek

Daneben wolle man einen Schwerpunkt auf Wandsbek als „starken, nachhaltigen und digitalen Wirtschaftsstandort legen und den Bezirk bestmöglich auf Folgen des Klimawandels vorbereiten“. Aus diesem Grund habe man sich für die Einsetzung eines eigenständigen Ausschusses für Wirtschaft, Digitales und Katastrophenschutz in der Bezirksversammlung geeinigt.

Wandsbeker Chaussee soll sechsspurig erhalten bleiben

„Die FDP Wandsbek ist bereit, Verantwortung für den Bezirk zu übernehmen. Grundlage für den Eintritt in Koalitionsverhandlungen ist für uns die Bereitschaft von SPD und Grünen den Korrekturbedarf in der Verkehrspolitik anzugehen und damit zentrale Forderungen unseres Wahlprogramms umzusetzen: Die Hauptverkehrsstraßen im Bezirk bleiben leistungsfähig, wir behalten Tempo 50 als Regelgeschwindigkeit bei“, heißt es in einer Stellungnahme von Jennyfer Dutschke und Jan Christopher Witt, Bezirksvorsitzende der FDP Wandsbek.

Landesparteitag der FDP Hamburg
300 neue Parkplätze für Wandsbek: Das ist das Ziel von Jennyfer Dutschke, Bezirksvorsitzende der FDP Wandsbek. © picture alliance/dpa | Georg Wendt

Ihr Ziel: Die Wandsbeker Chaussee soll sechsspurig erhalten bleiben und der Berner Heerweg vierspurig. „Unter Berücksichtigung der räumlichen Gegebenheiten sichern wir die Leistungsfähigkeit der Rodigallee, in dem alle der künftig nur noch drei Fahrbahnen durch den motorisierten Individualverkehr genutzt werden können. Der ÖPNV wird unter stärkerer Berücksichtigung bezirklicher Prioritäten weiter ausgebaut. Bei Radwegen liegt der Fokus zukünftig auf der notwendigen Sanierung des Bestands“, so die Bezirksvorsitzenden der FDP Wandsbek.

100-Tage-Programm für Bezirk Wandsbek: 300 neue Parkplätze geplant

Der Plan: Mit einem 100-Tage-Programm wollen sie kurzfristig mindestens 300 neue Parkplätze schaffen – zum Beispiel durch den Rückbau nicht erforderlicher Poller und Eichenspaltpfähle und die Öffnung von nicht voll ausgelasteten P+R-Häusern.

Im gemeinsamen Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP, das den Beschlüssen zugrunde lag, heißt es: „Unser gemeinsames Verständnis ist die vertrauensvolle Suche nach Lösungen, nicht die öffentliche Abgrenzung. Wir wollen in Wandsbek zeigen, dass diese Dreierkoalition in respektvollem Umgang miteinander und im konstruktiven Dialog mit der Verwaltung und der demokratischen Opposition breit getragene Ergebnisse erzielt, die den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen. In den zentralen und kritischen Themenbereichen, insbesondere Verkehr und Stadtplanung, haben sich die Parteien in den Sondierungsgesprächen auf Sofortmaßnahmen und Themen verständigt, die in den Koalitionsverhandlungen weiter konkretisiert werden.“

Hamburg: CDU spricht von einem „bitteren Tag“ für den Bezirk Wandsbek

Kritik an den Koalitionsverhandlungen kommt von der CDU. „Heute ist ein bitterer Tag für Hamburgs größten Bezirk. Rot-grünes Weiter-So statt Lösungen für die Probleme der Wandsbekerinnen und Wandsbeker – die SPD hat mit ihrer Entscheidung für Grüne und FDP eine große Chance für unseren Bezirk vertan“, so Dennis Thering, Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Wandsbek.

Anstatt auf Stabilität zu setzen und klare politische Verhältnisse mit einer Großen Koalition aus CDU und SPD zu schaffen, habe die SPD auf die bereits in Berlin krachend gescheiterte Ampel gesetzt, so Thering. Damit werde der Wählerwille ignoriert, der die CDU zur stärksten Kraft in Wandsbek gemacht habe.

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„Das ist sicher nicht das, was sich gerade auch die FDP-Wähler bei ihrer Wahl gewünscht haben. Mit diesem instabilen Dreierbündnis werden die drängendsten Themen der Menschen wie das tägliche Verkehrschaos und der Parkplatzabbau weiter ungelöst bleiben. Auch für mehr Sicherheit und Ordnung wird so nichts erreicht werden können“, so die Kritik des Vorsitzenden des CDU-Kreisverbands Wandsbek. Sein Vorwurf: Es sei gegenüber den Wandsbekerinnen und Wandsbekern unfair und kurzsichtig, dass die SPD aus rein wahltaktischen Überlegungen mit Blick auf die Bürgerschaftswahl ein Bündnis mit der CDU abgelehnt habe. Thering kündigte an, dass die CDU in einer starken Opposition zeigen werde, dass eine bessere Politik möglich sei.