Hamburg. In Walddörfern und dem Alstertal wird das Baurecht oft unterlaufen. Aber Nachbesserungen lehnt die Koalition im Bezirk Wandsbek ab.

Die rot-grüne Koalition in Wandsbek hat entschieden, die Einzelfamilienhausgebiete in den Walddörfern nicht zu schützen. Sie lehnte einen CDU-Antrag ab, der genau dies für die Walddörfer gefordert hatte und dafür die Erneuerung der drei flächendeckenden Bebauungspläne (B-Pläne) Volksdorf 40, 42 und 43 beantragt hatte.

In den fraglichen Gebieten werden immer wieder Reihen- und Mehrfamilienhäuser genehmigt. Rot-Grün nannte die geforderte Renovierung des Baurechts in Volksdorf „nicht zielführend“, „sehr langwierig“ und sprach von „zu viel Arbeit“ für die ohnehin überlastete Verwaltung, die sich im Planungsausschuss selbst gegen die Erneuerung der Pläne wandte.

B-Pläne sollten Hamburgs Hausstrukturen sichern

Die fraglichen B-Pläne gehören zu den bis zu 50 Jahre alten sogenannten „Strukturerhaltungsplänen“, die damals die Einfamilien- und Doppelhausstruktur in den Außenbezirken sichern sollten. Auch die FDP forderte Maßnahmen zum Schutz der Einfamilienhauskultur in den Außenbezirken.

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Seit den 2000er-Jahren sind diese restriktiven B-Pläne ins Rutschen gekommen, weil bundesrichterliche Rechtsprechung die Bedeutung des Begriffs Einzelhaus neu definierte. Seitdem passen, rein rechtlich gesehen, mehrere „Gebäude“ in ein „Einzelhaus“. In den Gebäuden wiederum sind mehrere Wohneinheiten denkbar.

Fehlerhafte B-Pläne nicht korrigiert

B-Pläne, die mit der alten Zweiwohnungsklausel die Zahl der Wohneinheiten pro Grundstück auf zwei begrenzen wollten, können seitdem problemlos unterlaufen werden. Die Richter entschieden zudem, dass die neue Definition des Einzelhauses, das 50 Meter Kantenlänge und beliebig viele Stockwerke haben kann, rückwirkend anzuwenden sei. Also auch auf alte B-Pläne. Sie bescheinigten der Politik handwerkliche Fehler und legten nahe, die fehlerhaften B-Pläne zu korrigieren. Das unterblieb.

Stattdessen änderte sich schleichend die Genehmigungspraxis, und in den vermeintlich geschützten Stadtteilen entstanden immer häufiger Mehrfamilienhäuser. So zum Beispiel regelmäßig in Volksdorf, Ohlstedt, Rahlstedt, aber auch in Alstertaler Stadtteilen wie Wellingsbüttel, die alle Strukturerhaltungspläne haben und in denen viele Bürger nicht begreifen, warum das Amt Gebäude genehmigt, die offensichtlich den Grundzügen der Planung und damit ihrer schriftlich fixierten Intention, nämlich dem Strukturerhalt, entgegenstehen.

Wandsbeker Amt renovierte B-Plan Rahlstedt

Bisher hat sich das Wandsbeker Amt nur einmal dagegen gewehrt: Auf massiven Druck einer Bürgerinitiative hat sie 2020 den B-Plan Rahlstedt 78/Volksdorf 25 von 1982 renoviert und versucht, die „Grundzüge der Planung“ durch flankierende Ergänzungen so zu stützen, dass keine Reihen- und Mehrfamilienhäuser mehr möglich sind. Was anfangs nach kleinen Ergänzungen im alten Plan aussah, wuchs sich dann doch zu einem längeren Verfahren aus. So viel Aufwand will die Koalition für Einfamilienhäuser nicht mehr investieren.

2014 noch war der Mammut-Bebauungsplan Wellingsbüttel 16 abgeschlossen worden, den die Politik ebenfalls ausdrücklich dem Strukturerhalt gewidmet hatte. Allerdings wurde in der Waldingstraße nach neuem Planrecht bereits ein Bau genehmigt, der ein altes Einfamilienhaus durch zwei (Einzel-)Häuser mit insgesamt sechs Wohneinheiten ersetzte. Eine wirksame Bremse hat der neue B-Plan also nicht installiert.

„Vertrag für Hamburg“: 250 Euro pro Wohneinheit

SPD und Grüne verwiesen ausdrücklich auf „schlechte Erfahrungen“ mit dem B-Plan Wellingsbüttel 16, der enorm aufwendig war und am Ende niemanden so recht zufriedenstellte. Schon bei seiner Verabschiedung hatten ihn alle Parteien kritisiert – und ihn dennoch Gesetz werden lassen. Für die SPD galt er schon damals als „Bauverhinderungsplan“. Energischer Erhalt der Einfamilienhäuser passt kaum in die derzeitige Sanktionspolitik des Senats: Laut „Vertrag für Hamburg“ bekommen die Bezirke für jede erteilte Baugenehmigung 250 Euro pro Wohneinheit von der Finanzbehörde.