Hamburg. Senat feiert die erste Solaranlage auf einem Unigebäude. Doch andere Großstädte kommen deutlich schneller voran, auch eine im Norden.

Die kostenlose Strahlung der Sonne zu nutzen, um Strom zu erzeugen, wird im Zuge der Energiewende immer wichtiger. Der Ausbau der Photovoltaik (PV) kommt in Hamburg aber weiterhin nur schleppend voran. Wie aus einer Untersuchung des Energieunternehmens Enpal hervorgeht, nimmt die Hansestadt im Vergleich mit anderen deutschen Großstädten und Bundesländern nur hintere Plätze ein.

Demnach gingen an Elbe und Alster im ersten Halbjahr 2024 exakt 3301 neue PV-Anlagen ans Netz, was 1,74 Anlagen pro 1000 Einwohnern entspreche, so die Enpal-Mitteilung. Zum Vergleich: Unter deutschen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern hat Oldenburg mit 6,63 neuen PV-Anlagen pro 1000 Einwohnern seinen Spitzenplatz aus dem Vorjahr verteidigt. Dahinter folgten zwei Städte aus Nordrhein-Westfalen: Moers (6,27) und Gütersloh (6,24). Für die Studie wurden rund 420.500 Eintragungen neuer Solaranlagen des letzten Halbjahres miteinander verglichen.

Photovoltaik-Ausbau: Hamburg unter 20 größten Städten nur Drittletzter

Auch im Vergleich der 20 größten Städte Deutschlands kommt Hamburg nicht gut weg: Dieser wird von Münster (4,97 neue PV-Anlagen pro 100.000 Einwohner) angeführt. Hamburg liegt mit seiner Quote von 1,74 auf dem drittletzten Platz, schlechter standen nur München (1,58) und Düsseldorf (1,73) da.

Weniger aussagekräftig ist aus Hamburger Sicht dagegen der Vergleich der 16 Bundesländer, da die Flächenländer einerseits deutlich mehr Platz für große Solar-Parks haben und es zudem mehr Einfamilienhäuser gibt, die sich in der Regel unkompliziert nachrüsten lassen. Auch daher rangiert das relativ dünn besiedelte Niedersachsen mit insgesamt 67.023 neuen PV-Anlagen (8,21 pro 1000 Einwohner) auf Rang eins vor Rheinland-Pfalz (7,34), während Hamburg noch hinter den anderen beiden Stadtstaaten Bremen (3,34) und Berlin (Quote 2,02) rangiert und die rote Laterne hält.

Trotz mieser Platzierung: Zahl der Solaranlagen steigt auch in Hamburg schnell an

Bremen liegt mit diesem Wert, der fast doppelt so hoch ist wie der Hamburger, im Vergleich der Großstädte allerdings auf Platz vier und zeigt, was auch in Stadtstaaten möglich ist. „Viele Städte haben ihr Solar-Potenzial noch nicht stark genug erkannt“, sagte Wolfgang Gründinger, der als „Chief Evangelist“ bei Enpal Begeisterung für das Thema Photovoltaik wecken will.

Immerhin: Auch wenn Hamburg mit anderen Großstädten nicht mithalten kann, nimmt die Zahl installierter Anlagen auch in der Hansestadt kontinuierlich zu: Der Enpal-Statistik zufolge lag sie 2018 erst bei 284, war dann 2022 mit 1788 erstmals vierstellig und erreichte 2023 mit 5009 fast das Dreifache des Vorjahres. Die 3301 neuen PV-Anlagen aus dem ersten Halbjahr 2024 lassen zumindest auf einen weiteren Anstieg im Gesamtjahr schließen.

Nur zwei Prozent der städtischen Gebäude haben eine Photovoltaikanlage

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist in Hamburg regelmäßig Gegenstand von Kritik. Ein Beispiel: Trotz der ambitionierten Klimaschutzziele des Senats und obwohl es inzwischen eine Solardachpflicht für Neubauten gibt, sind von den städtischen Gebäuden erst rund zwei Prozent mit Photovoltaikanlagen ausgestattet: Laut der Antwort des Senats auf Anfragen der oppositionellen CDU waren Ende 2023 auf gerade einmal 211 von insgesamt 10.610 Gebäuden der Stadt und ihrer Unternehmen Solaranlagen installiert.

Gleichwohl bezeichnet der Senat den Ausbau der Photovoltaik unverdrossen als „eine zentrale und tragende Säule der Energiewende, um die Erreichung der Hamburger Klimaziele sicherzustellen“. Daher wurde am Mittwoch wohl auch im großen Rahmen mit zwei Senatsmitgliedern eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Center for Hybrid Nanostructures (CHyN) in der Science City Bahrenfeld in Betrieb genommen.

Energiewerke installieren erste Solaranlage auf einem Uni-Gebäude

Schließlich galt es eine Premiere zu feiern: Es ist die erste Anlage auf einem Universitätsgebäude in Hamburg. Errichtet hat sie die HEnW KommunalEnergie, eine Tochter der Hamburger Energiewerke (HEnW). Das Unternehmen entstand Anfang August durch eine Fusion der HEnW-Töchter Hamburg Energie Solar GmbH und KpHG Kommunalpartner Hamburg GmbH und soll der Stadt als Eigentümerin Energielösungen „effizient aus einer Hand“ anbieten.

„Der Übergang von fossiler zu erneuerbarer Energie ist entscheidend auf dem Weg zur Klimaneutralität“, sagte Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne). „Photovoltaik gehört zu den wichtigsten Stromerzeugungsquellen der Zukunft.“ Der Ausbau sei daher „von großer Bedeutung für das Erreichen unserer Klimaschutzziele und die Sicherstellung einer bezahlbaren Stromversorgung“.

Photovoltaik-Ausbau: „Solarrechner“ ermittelt das Potenzial von Hamburger Dächern

Auch Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) bekannte sich zum PV-Ausbau: „Das Ziel, die Stromversorgung in der Stadt schon im Jahr 2045 nahezu klimaneutral zu machen, erfordert einen bunten Strauß an Maßnahmen, der Ausbau der Photovoltaik wird dabei wichtiger denn je.“ Bei den öffentlichen Gebäuden wolle man daher nun „ordentlich die Ärmel hochkrempeln“.

Auch an Privatpersonen richtet sich dagegen der „Solarrechner“, den die Energiewerke im Frühjahr gestartet haben: Unter https://solarrechner-hamburg.de kann das Solarpotenzial von Hamburger Dachflächen ermittelt und „in nur wenigen Minuten die Solar-Eignung, Gesamtkosten und Wirtschaftlichkeit einer Solaranlage für eine spezifische Adresse“ dargestellt werden, so die HEnW. Der digitale Rechner berücksichtige dabei auch individuelle Faktoren wie Sonneneinstrahlung und Verschattung.

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Dass in Hamburg beim Thema Sonnenstrom dennoch viel Luft nach oben ist, offenbart der Solarrechner ebenfalls: Er verweist auf Daten der Bundesnetzagentur, wonach 2023 in der Hansestadt 9983 PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 124,3 Megawatt installiert waren. Das entsprach drei Prozent des städtischen Potenzials. Mit anderen Worten: 97 Prozent des Hamburger Photovoltaik-Potenzials oder 4513 Megawatt – mehr als das Doppelte der Leistung des einstigen Kohlekraftwerks Moorburg – waren noch nicht erschlossen.