Hamburg. Rot-Grün plant drastische Maßnahmen: Straßen vor Schulen sollen sogar gesperrt werden – für einen sicheren Schulweg und weniger Staus.
- Elterntaxis sorgen für Gefahren und Verkehrsstaus vor Schulen
- Für jeden Schulstandort soll eine Lösung gefunden werden
- Neue „Schulstraßen“ gelten als besonders effektiv.
Die sogenannten „Elterntaxis“ sind ein wachsendes Ärgernis in Hamburg und werden zu einer immer größeren Gefahr für Schulkinder. Gemeint sind Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bis vor die Schultür fahren und damit für besonders viel Verkehr ausgerechnet vor den besonders schützenswerten Einrichtungen sorgen. Zuletzt hatte es immer wieder Forderungen gegeben, diesen Bring- und Holverkehr vor den Schulen einzudämmen oder ganz zu unterbinden. Nun haben SPD und Grüne sich des Themas angenommen und wollen die Verkehrssicherheit vor allen Hamburger Schulen untersuchen.
In dem Antrag, den die Koalitionspartner für die erste Bürgerschaftssitzung nach der Sommerpause eingereicht haben, wird der Senat aufgefordert „für jeden Schulstandort unter Einbeziehung der jeweiligen Schulgemeinschaft Sicherheitsdefizite auf den meistfrequentierten Schulwegen zu identifizieren und zu prüfen, wie diese beseitigt werden können“.
Sicherheit für die Schüler in Hamburg soll „oberste Priorität“ haben
Dabei sollen gemeinsam mit den jeweiligen Bezirken auch Schulen ausgewählt werden, „vor denen sinnvollerweise eine Schulstraße eingerichtet werden könnte“. Schulstraßen sind Straßenabschnitte vor Schulen, die temporär zu Bring- und Abholzeiten oder aber auch permanent für den Durchgangsverkehr gesperrt werden können.
„Die Sicherheit auf dem Schulweg hat für uns absolute Priorität“, sagte Grünen-Verkehrspolitikerin Rosa Domm. „Durch sogenannte Elterntaxis kommt es vor Schulgebäuden leider immer wieder zu unübersichtlichen und gefährlichen Situationen. Insbesondere kleine Schulkinder werden in diesem Verkehrstrubel leicht übersehen.“
Schulstraßen sind „besonders effektiv“ für mehr Sicherheit vor den Einrichtungen
Anliegen von Rot-Grün sei es „diese Kinder zu schützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, selbstständig und ohne Risiko zur Schule zu kommen“. Deshalb fördere die Stadt „seit Langem den Schulweg zu Fuß, mit dem Fahrrad, sowie mit Bus und Bahn“ und nehme nun zusätzlich die Verkehrslage vor allen Hamburger Schulen in den Blick. Wo Risiken bestünden, brauche es neue Verkehrskonzepte.
„Die Schaffung von Schulstraßen ist dabei besonders effektiv“, sagte Domm. „Zu den Stoßzeiten morgens und nachmittags werden die Straßen vor der Schule temporär für Autos gesperrt, sodass es erst gar nicht zu brenzligen Situationen kommen kann.“ Einige Hamburger Schulen hätten bereits großes Interesse an der Schaffung einer Schulstraße signalisiert, so die Grünen-Politikerin. „Wir geben den Bezirken dafür nun die nötige Rechtssicherheit, um gemeinsam mit den Schulen gezielt für einen sicheren Schulweg zu sorgen.“
Hamburger Elterntaxis sorgen für Staus und Gefahr vor Schulen
Auch SPD-Verkehrspolitiker Ole Thorben Buschhüter konstatierte, dass Elterntaxis vor Schulen zu Staus und gefährlichen Verkehrssituationen führten. „Der Einsatz von Schülerlotsen, die Einrichtung von Bringzonen oder auch Schulstraßen können im Einzelfall sinnvolle Maßnahmen sein, um die Verkehrssicherheit vor Ort zu verbessern“, so Buschhüter. „Wenn es um die Sicherheit von Schulkindern geht, gibt es keine Denkverbote. Wir wollen uns bei Bedarf jede Schule anschauen und prüfen, welche Optionen es gibt.“
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Schule Hamburg: Rot-Grün setzt auf Prinzip „Kurze Beine – kurze Wege“
Im Falle von temporären Straßensperrungen für Schulstraßen müsse allerdings sichergestellt sein, dass keine Durchgangsstraßen gesperrt würden und Sperrungen nicht andernorts für unerwünschte Nebenwirkungen sorgten, gerade in der „Rushhour“. Aus SPD-Sicht komme die Einrichtung von Schulstraßen daher „im Einzelfall allenfalls in Seitenstraßen in Betracht“.
Schulgemeinschaften und die Bezirkspolitiker würden die Umstände vor Ort am besten kennen und sollten deswegen „eng in die Prozesse einbezogen werden“, so Buschhüter. „Sichere Schulwege sind ein Gewinn für alle: Kinder lernen Selbstständigkeit, Eltern sparen Zeit und Nerven, und alle profitieren von etwas weniger Straßenverkehr.“
Hamburg setze auf das Prinzip „Kurze Beine – kurze Wege“, sagte der SPD-Politiker. Das sei dafür ausgelegt, „dass gerade die Grundschulstandorte fußläufig oder mit dem Fahrrad erreichbar sind“. Allen anderen biete sich mit dem neuen in Hamburg kostenlosen Deutschlandticket für Schülerinnen und Schüler eine sehr gute Alternative.
Schule Hamburg: CDU und Linke begrüßen rot-grünen Plan, haben aber auch Kritik
CDU-Schulpolitikerin Birgit Stöver reagierte positiv auf den Vorstoß der rot-grünen Koalition. „Elterntaxis gefährden das Schulumfeld“, sagte Stöver dem Abendblatt. „Sie verursachen dichten Verkehr, blockieren Busspuren, führen zu hektischem Aussteigen der Kinder und gefährlichen Wendemanövern sowie zum Missachten von Verkehrsregeln. Insofern muss hier etwas passieren, um die Sicherheit zu verbessern.“ In Nordrhein-Westfalen gebe es bereits landesweite Regelungen für Schulstraßen. „Vor der Einrichtung einer solchen Maßnahme müssen insbesondere die betroffenen Anwohner und gegebenenfalls Gewerbetreibenden einbezogen werden, damit ihre Belange berücksichtigt werden“, so die CDU-Politikerin. „Dies werden wir mit einem Zusatzantrag bei SPD und Grünen einfordern.“
Auch Linken-Verkehrspolitikerin Heike Sudmann begrüßte den rot-grünen Plan. „Bei SPD und Grünen fehlt jedoch jegliche Schwerpunktsetzung“, kritisierte sie die praktische Umsetzung. „Bis alle Schulstandorte überprüft werden, vergehen Jahre. Deshalb müssen die Schulstandorte mit besonderen Problemlagen, vielen Beschwerden und womöglich Unfällen zuerst bearbeitet werden. Schulen wie in Volksdorf und Altona, wo es bereits Konzepte aus der Elternschaft und dem Umfeld gibt, sind ebenfalls vorzuziehen.“ Hamburgweit würde „die Einführung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit ebenfalls stark zu einem sicheren Schulweg für alle Kinder beitragen“, so Sudmann. „Mein Ziel ist ein kindgerechter Verkehr und nicht das verkehrsgerechte Kind.“