Harburg. In Harburg stehen neuerdings 80 rot-weiße Eisenpfähle auf dem Weg vor einer Schule – der wohl letzte Akt im Kampf gegen die Unbelehrbaren.
- Elterntaxis sind zu einem Dauerthema in Hamburg geworden – leider
- Dabei widmen sich viele Aufklärungskampagnen der Polizei diesem Phänomen
- Radfahrer weichen auf den breiten Gehweg aus
Hat die Freie und Hansestadt Hamburg irgendwann zu viele Poller gekauft und muss sie jetzt loswerden? Den Eindruck haben viele Harburger in letzter Zeit. Neuestes Beispiel: Etwa 80 der rot-weißen Eisenpfähle stecken gegenüber der Elisabeth-Lange-Schule in der südlichen Fußgängerfläche des Ehestorfer Wegs. Größtenteils sind sie in Zweierreihen gesetzt, ergeben auf 200 Metern eine Perspektive wie in einem Stanley-Kubrick-Film.
Reizthema Elterntaxis: Harburg setzt Zeichen gegen die Unbelehrbaren
Allein: Weder Stahlpfahl-Überschuss noch gepflegte Unterhaltungsästhetik stecken hinter der Verpollerung des Gehweges, sondern etwas, das vielen Anliegern einer Schule ein Ärgernis ist: „Elterntaxis“ – Mütter und Väter, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, und zwar am liebsten bis auf den Schulhof. Die Poller gegenüber der Elisabeth-Lange-Schule sind nicht die ersten, die deswegen aufgestellt wurden, aber die neusten.
Zwar merkt man derzeit wenig von dem Phänomen, weil Ferien sind, aber die sind in vier Wochen auch schon wieder vorbei. Unterbunden werden soll der Chauffeurdienst der Helikoptereltern damit nicht, aber seine Auswirkungen abgemildert. Am Ehestorfer Weg findet das Absetzen und Einsammeln der Sprösslinge ohnehin auf der nördlichen Seite statt, wo sich die Schule befindet.
In sozialen Medien ist schon die Rede von „gnadenlosen Kampfglucken“
Dann jedoch sind sich viele Eltern zu schade, einmal um den Block zu fahren, um zu wenden. Auch sind ihre Autos häufig zu lang und zu breit, um auf der Fahrbahn die Richtung wechseln zu können. Stattdessen biegen viele Eltern einfach in eine gegenüberliegende Grundstückseinfahrt ein, fahren über den breiten Gehweg bis zur nächsten Einfahrt, wo sie dann aus- und in entgegengesetzter Richtung wegfahren, wie die Polizei mitteilt.
Nicht nur, dass sie damit ausgerechnet zu Schulbeginn und Schulschluss über den Gehweg fahren: Sie kreuzen auch zweimal den Radweg: „Diese Kampfglucken kennen keine Gnade und keine Regeln. Die gefährden ohne Rücksicht alles, was sich in der Umgebung bewegt, auch andere Kinder“, schreibt ein Facebook-Nutzer in der Gruppe, „Du bist ein Harburger, wenn....“, wo die Poller bereits diskutiert werden.
Polizei Hamburg versuchte es mal pädagogisch, mal autoritär – mit mäßigem Erfolg
Die Polizei ist auf die Situation aufmerksam geworden und hat zunächst einmal pädagogisch reagiert. Ein Stadtteilpolizist sprach die Elternchauffeure direkt an – mal mit Engelszungen, mal mit der vollen Autorität eines Ordnungshüters, der einen 80-Millionen-Einwohner-Staat gegenüber einem renitenten Individuum vertritt. Sobald er jedoch nicht mehr vor Ort war, begann das Fehlverhalten erneut. „Deshalb haben wir jetzt die Anordnung erlassen, die Absperrungen aufzustellen“, sagt Petra Drachenberg-Schmidt vom Polizeikommissariat 46.
Es sind nicht die ersten Poller, die in Harburg gegen die Auswirkungen von Elterntaxis aufgestellt wurden. An der Paul-Gerhard-Straße zum Beispiel verhindern Pfähle, dass auf dem Gehweg geparkt wird. Das war vorher erlaubt und wurde von Anwohnern auch genutzt. Morgens und mittags, wenn dort an der Schule Kapellenweg die Elterntaxis vorfuhren, standen diese auf der Fahrbahn, in zweiter Reihe zu den Gehwegparkern. Das führte zu Konflikten.
Unerwünschter Nebeneffekt: Radfahrer weichen auf breiten Gehweg aus
Seitdem das Parken auf dem Gehweg an der Paul-Gerhard-Straße verboten ist, parken die Anwohner am Fahrbahnrand. Elterntaxis parken dort nicht mehr. Verschwunden sind sie aber nicht.
Sie stehen mittlerweile wieder vor dem alten Schuleingang am Kapellenweg, wo sie eine unübersichtliche Kreuzung verengen. Die parkenden Autos der Anwohner an der Paul-Gerhard-Straße sorgen hingegen dafür, dass die kleine Straße auf 100 Metern Länge quasi einspurig ist.
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Als Gewinn werden solche Poller also nicht immer wahrgenommen. Auch am Ehestorfer Weg sind erste Probleme sichtbar: Der Fahrradweg verläuft hier zwischen der äußeren Pollerreihe und dem Parkstreifen beziehungsweise den Straßenbäumen. Außerdem empfinden viele Anwohner die Pfähle auf dem chausseeartigen Gehsteig als ästhetisch unpassend.
Manchen Radfahrern erscheint das zu eng, gerade, wenn sie Anhänger ziehen. Diese weichen dann aus. Nicht etwa auf die Fahrbahn, wie vorgeschrieben, sondern auf die Fläche, die durch die Poller eigentlich geschützt sein soll: den breiten Gehweg.
Bushaltestelle direkt bei der Schule: Zahl der Elterntaxis verringert das nicht
Seit Jahren versuchen Polizei, Schulen und sogar Automobilclubs, die Zahl der Elterntaxis zu verringern. Ihr Argument: Verkehrskompetenz erlangen Kinder nur durch Übung. Und das Anfängerlevel ist nun mal „Fußgänger“. Die Schülerinnen und Schüler der Elisabeth-Lange-Schule sind mindestens Fünftklässler.
Sie haben bereits in der Grundschule mindestens ein Schulwegtraining durch Verkehrslehrer der Polizei erhalten, viele sogar schon zwei Trainingseinheiten. In unmittelbarer Nähe der Schule liegt eine Bushaltestelle. Der Zahl der Elterntaxis hat das bislang allerdings keinen Abbruch getan.