Hamburg. Weltgesundheitsorganisation ruft internationale Notlage wegen ansteckender Krankheit aus. Wie Infektiologe Lage für Hamburg einschätzt.

Höchste Warnstufe. Weltweite Notlage. Dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Mittwoch eine „Gesundheitliche Notlage internationaler Reichweite“ für Mpox ausgerufen hat, dürfte manchem Schnappatmung beschert haben. Die Corona-Pandemie steckt uns noch in den Knochen – geht schon wieder alles von vorne los?

Prof. Dr. Julian Schulze zur Wiesch, leitender Oberarzt in der Sektion Infektiologie des Uniklinikums Eppendorf (UKE), gibt Entwarnung. „Es geht der WHO nicht um Panikmache, sondern um die Begrenzung des Ausbruchsgeschehens“, sagt er. Deshalb sei es der richtige Schritt gewesen, den Gesundheitsnotstand für Mpox auszurufen, auch wenn in Europa kein größeres Ausbruchsgeschehen zu erwarten sei.

Mpox-Ausbruch in Zentralafrika: Tausende Infizierte, Hunderte Tote

Mpox-Viren wurden bis vor Kurzem noch Affenpocken beziehungsweise englisch Monkeypox genannt, weil sie erstmalig an Affen nachgewiesen wurden. Um Diskriminierung vorzubeugen, verwendet die WHO nunmehr den verkürzten Begriff Mpox. Die Notlage rief sie aus, weil in Zentralafrika, vor allem im Kongo, aber auch in Uganda, Ruanda und Burundi sowie Kenia gerade ein Ausbruch zu beobachten ist. Das Virus löst unter anderem Hautausschlag und Fieber aus. Mehr als 15.000 Infizierte und 500 Tote gab es allein in diesem Jahr, informiert die WHO. Angesichts der geringen Testkapazitäten in Zentralafrika dürfte die Dunkelziffer deutlich höher liegen.

„Wir hatten ja vor zwei Jahren schon einen Mpox-Ausbruch, damals auch in Europa. Es war das erste Mal, dass es weltweit Fälle gab. Der Ausbruch konnte aber gut kontrolliert werden“, sagt Schulze zur Wiesch. Auch damals hatte die WHO eine weltweite Notlage ausgerufen. Die Weltgemeinschaft habe gut reagiert und den Ausbruch schnell eingedämmt, sagt der Infektiologe rückblickend.

Bei dem Ausbruch 2022 handelte es sich Mpox der Klade 2. Klade ist ein virologischer Begriff, der in etwa mit „Subtyp“ übersetzt werden kann. Bei dem derzeitigen Infektionsgeschehen in Zentralafrika geht es aber um eine neue Art der Mpox-Viren, die Klade 1b. Der Subtyp wurde im Oktober 2023 im Kongo entdeckt und verursacht womöglich stärkere Krankheitsverläufe als die Viren, die sich 2022 weltweit ausbreiteten. Dennoch versichert Schulze zur Wiesch: „Mpox ist nicht sehr infektiös. Es braucht da schon sehr engen Körperkontakt beziehungsweise Kontakt mit Körperflüssigkeiten für die Übertragung.“ Es gehe in erster Linie um sexuelle Übertragungswege. Das sei kein Vergleich zu Corona, einer Atemwegserkrankung, mit der man sich sehr viel schneller anstecken kann, so der Mediziner.

UKE Hamburg: Infektiologe erklärt Mpox-Virus

Und es gibt einen weiteren großen Unterschied zur Corona-Pandemie, sagt Schulze zur Wiesch: Gegen Covid gab es in der Anfangsphase weder Medikamente noch Impfung, doch „bei Mpox haben wir die Werkzeuge zur Bekämpfung schon“. Denn Mpox-Viren sind nicht nur dem Namen nach, sondern tatsächlich mit dem klassischen Pocken-Virus verwandt, das bereits ausgerottet wurde.

„Die aktuelle Impfempfehlung für Deutschland hat sich nicht geändert“, betont Schulze zur Wiesch jedoch. „Es gibt zwar einen entsprechenden in der EU zugelassenen Impfstoff. Der wird aber weiterhin nur Personengruppen mit einem hohen Risiko verabreicht, zum Beispiel Labormitarbeitern oder Angehörigen von Infizierten.“

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Anders sehe das in den zentralafrikanischen Ländern aus. Hier seien nun konsequente Isolation, Identifikation, Aufklärung und Impfungen nötig, um die Ausbreitung einzudämmen. Deshalb habe die WHO eine Notlage ausgerufen. Diese höchste Warnstufe verschaffe den afrikanischen Ländern bessere medizinische Möglichkeiten. In ihrer Mittelung zur Notlage hieß es von der WHO, sie arbeite nun mit weiteren Ländern und Impfstoffherstellern an potenziellen Impfstoffspenden. Außerdem gebe sie Mittel aus einem Notfallfonds frei.

UKE-Mediziner zu Mpox: „Sehe keinen Grund, sich Sorgen zu machen“

Dass sich der Mpox-Ausbruch der Klade 1b nach Europa verlagert, ist denkbar. Erst am Donnerstag wurde ein erster Infizierter außerhalb Afrikas in Schweden gemeldet. „In einer vernetzten Welt ist es grundsätzlich möglich, dass sich die Krankheit weiterverbreitet“, sagt auch Schulze zur Wiesch. Allerdings: „Ich sehe aber keinen Grund, sich Sorgen zu machen, dass es zu Ausbrüchen in der breiten Bevölkerung kommt.“ Auch die Europäische Gesundheitsbehörde ECDC schätzte das Risiko für einen Mpox-Ausbruch der Klade 1b in Europa Ende Juli als „sehr gering“ ein.

Für Deutschland ändern sich mit der WHO-Notlage keine Empfehlungen. „Wir können die Krankheit gut detektieren. Mpox ist hier sehr, sehr selten“, begründet der Infektiologe. „Aus dem neuen Ausbruch wurden noch keine Fälle in Deutschland gemeldet.“  Und selbst im Falle des Falles: Das UKE habe passende Impfstoffe und Medikamente vorrätig, sagt er.