Hamburg. Von Salmonellen bis Corona: Hamburger Institut beschleunigt mit neuem Verfahren die Aufklärung von Krankheitsausbrüchen.

Lange war sich der Volksmund sicher: Der Inhalt einer „Worscht“ bleibt auf ewig unerforscht. Eine Fehlannahme, glücklicherweise. Lebensmittel lassen sich heute sehr genau untersuchen, im Hamburger Landeslabor des Instituts für Hygiene und Umwelt (HU) seit Kurzem sogar mit hochmodernen sogenannten NSG-Erbgutanalysen (Next Generation Sequencing) – ein „Quantensprung für Gesundheits- und Verbraucherschutz“ in den Augen des HU Hamburg. Wie die neue Analysetechnik funktioniert und was sich damit alles herausfinden lässt, hat sich das Abendblatt vor Ort erklären lassen.

Das Labor im HU-Institut ist ein Ort, wo modernste Sequenziergeräte und hohe Bioinformatik-Expertise aufeinandertreffen. Gegenstand der hochkomplexen Analysen: unter anderem Krankheitserreger in Lebensmitteln. „Gibt es beispielsweise einen Salmonellenausbruch in der Stadt, führt das neue Verfahren zu einer schnelleren und detaillierteren Aufklärung der Ursache“, sagt NGS-Laborleiter Christian Schäfers. Dafür vergleicht die Analyse Genome, also das Erbgut, der Erreger aus Lebensmitteln sowie aus Proben von kranken Personen miteinander und zwar in Echtzeit. So hätte man bereits in mehreren Fällen zeitnah den Ursprung des Ausbruches ausfindig gemacht, erzählt Schäfers.

Corona: Technik von NGS-Labor Hamburg war bereits während Pandemie im Einsatz

„Wir laufen mit der neuen Technik einem Ausbruchsgeschehen nicht mehr hinterher, sondern halten Schritt“, sagt der Laborleiter begeistert. Die NSG-Analyse sei wie eine Taschenlampe, die Licht ins Dunkle bringe. „Im Rahmen unserer Analyse verfolgen wir einen One-Health-Ansatz: Mensch, Tier und Umwelt werden also zusammen untersucht“, fügt Ansgar Ferner, Geschäftsführer des Instituts, hinzu.  Dabei helfe die neue Technik nicht nur bei der Krise selbst, sondern auch bei der Prävention. „Das Ziel ist es, Krankheitsausbrüche im Keim zu ersticken“, sagt Dr. Ferner.

Der Hamburger Forscher Dr. Christian Schäfers öffnet die Türen seines Labors für Next Generation Sequencing (NGS).
Der Hamburger Forscher Dr. Christian Schäfers öffnet die Türen seines Labors für Next Generation Sequencing (NGS). © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Aber nicht nur bei der Untersuchung von Krankheitserregern in Lebensmitteln kommt die NGS-Technik zum Einsatz. Auch bei der Corona-Pandemie half die neue Analysetechnik bereits kurz nach ihrem Start bei der Aufklärung von Infektionsketten. „Wir sind mit dem Verfahren im Januar 2021 gestartet und konnten schon im März den Gesundheitsämtern bei der Untersuchung von Corona-Fällen helfen“, erzählt Schäfers. So hätte man einzelne Infektionsketten charakterisieren und schnell nachverfolgen können.

Neue Aufklärungstechnik: Wie viel Delfin ist im Thunfisch?

Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Überprüfung von verarbeiteten Lebensmitteln. Das Institut kann Lebensmittelfälschungen aufdecken. „Wie viel Pferd ist in der Salami? Wie viel Delfin ist im Thunfisch? Das sind alles Fragen, die sich hiermit beantworten lassen“, sagt Schäfers. NGS stellt für die Überprüfung eine kostengünstige Untersuchungsmethode dar, mit der viele Proben gleichzeitig in kurzer Zeit kontrolliert werden können.

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Allerdings haben die Geräte selbst einen stolzen Preis: 200.000 bis 1.000.000 Euro kann ein solches NGS-Gerät kosten. Zudem sei für die Bedienung des Geräts ein Bioinformatik-Experte notwendig, erklärt Schäfers. Im NGS-Labor an der HU sind neben dem Laborleiter ein Techniker und eine Doktorandin tätig. Dass im Labor auch geforscht wird, ist dem Leiter besonders wichtig: „Durch die Doktorandenstelle haben wir eine direkte Verbindung zur Weiterentwicklung der Analyse in der Forschung.“