Hamburg. Krankenkassen verzeichnen Höchststand bei Infekten in Hamburg – mögliche Gründe. Behörde rät Risikogruppen zur Auffrischungsimpfung.

Vier Jahre lang hatte die Hamburgerin die Pandemie überstanden, ohne sich mit dem Coronav-Virus zu infizieren. Die 58-Jährige wähnte sich schon immun – nicht zuletzt, weil sie auch bereits viermal geimpft war. Ende Juli hat es die zweifache Mutter dann aber doch erwischt: Der Corona-Test zeigte zwei fette rote Balken.

Wie ihr ging es auch anderen Hamburgerinnen und Hamburgern. Die Stadt wurde im Juli von einer kleinen Corona-Welle erfasst. Die Gesundheitsbehörde rät Personen, für die die Ständige Impfkommission eine Impfung empfiehlt, ihren Corona-Impfschutz aufzufrischen. Auch wenn die meisten Erkrankungen – wie bei der 58-jährigen Hamburgerin – harmlos abliefen, hätten vor allem ältere Menschen weiterhin ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf nach einer Sars-CoV-2-Infektion.

Corona in Hamburg: Neue Welle von Atemwegserkrankungen in Hamburg

Und Corona ist nur ein kleinerer Teil der Infektionswelle: Krankenkassen verzeichneten in der Hansestadt auch einen bundesweiten Höchststand bei Atemwegserkrankungen. Wegen dieser Atemwegsinfekte seien in Hamburg derzeit ungewöhnlich viele Menschen krankgeschrieben. „Im Vergleich aller Bundesländer ist Hamburg am stärksten betroffen“, teilte die Barmer-Krankenkasse mit. Dabei lässt sich nicht einmal jede und jeder wegen eines Infekts krankschreiben.

Das Barmer-Institut für Gesundheitsforschung habe die Krankschreibungsraten in den Kalenderwochen 22 bis 27 (Ende Mai bis Anfang Juli) der Jahre 2018 bis 2024 untersucht. Eingeflossen sind Krankschreibungen wegen sonstiger Atemwegsinfekte wie Entzündungen der Nasennebenhöhlen oder Bronchitis sowie wegen banaler Infekte wie Schnupfen. Das Ergebnis: In Hamburg lag die Rate im untersuchten Zeitraum 2024 zwischen 136 und 193 Betroffenen je 10.000 Krankengeld-Anspruchsberechtigten. Der bundesweite Durchschnitt lag bei 145 je 10.000. Nach einem Höhepunkt Mitte Juni ist der Trend in Hamburg inzwischen wieder leicht rückläufig, hieß es.

Fußball-EM oder Musikfestivals könnten Grund für Infektwelle sein

Deutlich weniger betroffen als die Hansestadt sind laut der Kasse der Süden und die Mitte Deutschlands. Sachsen hatte nur 114 Erkrankte je 10.000 Krankengeld-Anspruchsberechtigte. Auch Bayern, Thüringen und Baden-Württemberg mit 124, 125 und 129 Betroffenen je 10.000 Anspruchsberechtigten hätten unter dem bundesweiten Durchschnitt gelegen.

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Die Techniker Krankenkasse machte ebenfalls eine Erkältungswelle aus, die sich seit Juni ausbreite und spekuliert auch über die Gründe: Beispielsweise könnten Großveranstaltungen wie die Fußball-EM oder Musikfestivals mehr Ansteckungen verursachen. Corona-Infektionen spielten in den Auswertungen beider Kassen nur eine untergeordnete Rolle.

Corona in Hamburg: Viruslast im Abwasser ist gestiegen

Aber auch hier gab es eben einen Anstieg: In der Woche vom 15. bis 21. Juli waren 224 Corona-Infektionen gezählt, wie aus dem Infekt-Info des Hamburger Instituts für Hygiene und Umwelt hervorgeht. In der Vorwoche waren 210 Corona-Fälle erfasst worden, in der letzten Juliwoche 187. Diese Zahlen spiegeln keineswegs alle Erkrankungen wider, denn die meisten Erkrankungen werden nicht mehr gemeldet.

Aussagekräftiger sind nach Auskunft der Gesundheitsbehörde die Abwasseruntersuchungen, die den Trend bestätigen: In der zweiten Junihälfte war laut Robert-Koch-Institut im „Abwassermonitoring für die epidemiologische Lagebewertung“ ein Anstieg der Viruslast im Hamburger Abwasser beobachtet worden, seither ist die Lage unverändert. „Wenngleich wir bei Corona einen kleineren Anstieg der Infektionszahlen beobachten, sind die Zahlen immer noch auf einem niedrigen Niveau und die Lage ist derzeit nicht besorgniserregend“, sagte eine Sprecherin der Gesundheitsbehörde. Die von dem Virus ausgehende Gefahr sei wegen der Vielzahl an Impfungen und überstandenen Infektionen gering. mit dpa