Hamburg. Finanzbehörde legt Abschlussbericht über Kosten für Masken, Tests, Kultur- und Wirtschaftshilfen vor. Manche „Ausgabe“ überrascht.
Die Corona-Pandemie hat die Hamburgerinnen und Hamburger in vielerlei Hinsicht schwer getroffen: Kinder mussten monatelang zu Hause beschult werden, Jugendliche konnten ihre Freunde nicht treffen, Altenheimbewohner vereinsamten, und viele Arbeitnehmer konnten ihrem Job nicht mehr nachgehen, ganze Branchen wie die Gastronomie leiden bis heute darunter.
Nicht zuletzt hat diese Krise die Stadt auch viel Geld gekostet, nämlich mehr als zwei Milliarden Euro. Das geht aus einem Abschlussbericht „Finanzielle Folgen der Covid-19-Pandemie“ hervor, den Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) jetzt der Bürgerschaft zugeleitet hat. Dabei handelt es sich ausschließlich um Hamburger Mittel – daneben standen noch Bundeshilfen in erheblicher Höhe, die über städtische Stellen ausgezahlt wurden, die aber nicht Gegenstand dieses Berichts sind.
Corona: Das hat Hamburg zur Bekämpfung der Pandemie ausgegeben
Die höchsten Ausgaben hatte mit 477 Millionen Euro die Wirtschaftsbehörde, die für die Auszahlung der Corona-Hilfen an die Unternehmen zuständig war. Dicht dahinter folgte mit 448 Millionen Euro die Sozial- und Gesundheitsbehörde, die für die Corona-Tests und Masken und später für die Impfzentren zuständig war.
Hohe Ausgaben hatten aber auch andere Behörden, bei denen man es nicht auf den ersten Blick vermuten würde. Etwa die Verkehrsbehörde mit 344 Millionen Euro, was vor allem an den Einnahmeverlusten des ÖPNV lag, die ausgeglichen werden mussten. Auch die Behörde für Wissenschaft und Forschung musste mit gut 250 Millionen Euro tief in die Tasche greifen, um vor allem die Mehrkosten und Einnahmeverluste der Uniklinik UKE auszugleichen.
Hamburger Senat musste deutlich weniger Schulden machen als befürchtet
Doch der Bericht enthält auch positive Botschaften: Von den bis zu 2,8 Milliarden Euro, die der Senat an Krediten hätte aufnehmen können, benötigte er „nur“ 1,4 Milliarden Euro. Und das Defizit im Haushalt, das über die Jahre 2020 bis 2022 insgesamt bis zu 3,3 Milliarden Euro hätte betragen dürfen, lag am Ende bei genau: null.
Zwar hatte die Stadt, die in den Vorjahren stets Überschüsse erwirtschaftet hatte, für 2020 ein Corona-bedingtes Minus von 870 Millionen Euro ausgewiesen. Das konnte jedoch durch das sehr gute Jahr 2022 wieder ausgeglichen werden. Die Gründe dafür nennt der Bericht nicht, doch auf der Hand liegt, dass erstens die geringere Kreditaufnahme, zweitens die hohen Steuereinnahmen im Jahr 2022 und drittens die Milliarden-Dividenden der Reederei Hapag-Lloyd, an der die Stadt 13,9 Prozent hält, geholfen haben dürften, finanziell einigermaßen unbeschadet durch die Krise zu kommen.
Finanzsenator Dressel: „Hamburg ist stark und hat seine Reaktionsfähigkeit unter Beweis gestellt“
„Die Corona-Schlussrechnung zeigt, wie sehr uns die Pandamie auch in Hamburg finanziell herausgefordert hat, aber unsere Abschlussrechnung macht gleichwohl deutlich, dass wir mit den Mitteln sehr sorgfältig und besonnen umgegangen sind“, sagte Finanzsenator Dressel dem Abendblatt. „So mussten wir beispielsweise weniger als die Hälfte der Kreditermächtigungen tatsächlich in Anspruch nehmen.“
Das hat den erfreulichen Nebeneffekt für den Senat, dass die Tilgung dieser Kredite, mit der 2025 begonnen werden soll, etwas leichter fällt. Statt 150 Millionen Euro pro Jahr, wie für den schlechtesten Fall eingeplant, muss er „nur“ 71,6 Millionen Euro pro Jahr zurückzahlen, und das 20 Jahre lang – plus Zinsen, versteht sich. „Alles in allem sind wir in Hamburg gut durch diese Krise gekommen“, findet Dressel. „Hamburg ist stark und hat seine Reaktionsfähigkeit unter Beweis gestellt – das gibt uns auch für aktuelle und zukünftige Krisen Sicherheit.“
312 Millionen Euro wurden allein zur Stützung der öffentlichen Verkehrsbetriebe aufgewendet
Das waren die größten Ausgabeposten: 314 Millionen gingen an die städtische Investitions- und Förderbank für die Abwicklung der Hamburger Corona Soforthilfe (HCS) und der Überbrückungshilfen. Eine ähnliche Summe, nämlich 312 Millionen Euro, kostete der „ÖPNV Rettungsschirm“ zur Stützung der Verkehrsunternehmen. Fast gleichauf lagen mit 311 Millionen Euro die medizinischen Aspekte wie Infektionsschutz, Impfzentren und „Teststrategie“ – was Personalkosten, Ausgaben für Masken, Schutzkleidung, IT und medizinisches Material beinhaltet.
Weitere große Posten waren mit 162 Millionen Euro die Mindererlöse, Mehrbedarfe und Schutzmaßnahmen am UKE. Mehr als 130 Millionen Euro stellte allein die Kulturbehörde zur Verfügung, um die kulturelle Vielfalt der Stadt am Leben zu erhalten – unter anderem mit einem „Hilfspaket Kultur“ (60 Millionen), einem Defizitausgleich für Kulturbetriebe (46 Millionen) und einen „Kultursommer“ (11,5 Millionen).
Was sich hinter „Mindererlösen“ im Amt für Migration und bei der Justizkasse verbirgt
Mit 84 Millionen Euro schlug der Corona Recovery Fonds zu Buche, der Kapital für Start-ups und wachstumsorientierte, kleine Mittelständler zur Verfügung stellte, die infolge der Corona-Krise in Schwierigkeiten geraten waren. 70 Millionen mussten allein für zusätzliches Personal in den Bezirksämtern aufgebracht werden – hierbei dürfte es sich überwiegend um Mitarbeiter in den Gesundheitsämtern gehandelt haben.
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Mitunter wird nicht auf den ersten Blick ersichtlich, was sich unter den angeführten Punkten verbirgt, etwa den 59 Millionen Euro, die die Innenbehörde für „Mehrbedarfe, Mindererlöse Amt für Migration inkl. OWi Straßenverkehr“ erhalten hatte. Auf Nachfrage erklärte die Finanzbehörde, dass diese Summe einerseits Einnahmeausfälle in Höhe von 20,8 Millionen Euro kompensiert, die im Bereich Ordnungswidrigkeiten (OWi) im Straßenverkehr eingeplant waren, andererseits Mehrkosten für die Erstaufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete beinhaltet, etwa weil dort während der Pandemie besondere Hygienemaßnahmen zu ergreifen waren und andere Abstände eingehalten werden mussten.
Corona-Pandemie wurde in Hamburg auch zum Beschleuniger der Digitalisierung
„Mindererlöse“ von 15 Millionen Euro beklagte auch die Justizkasse. Das lag nach Auskunft der Finanzbehörde aber nur zum kleinen Teil daran, dass weniger Straftaten zu weniger Einnahmen aus Bußgeldern geführt haben, sondern vor allem am generell stark reduzierten Geschäftsbetrieb: Da Prozesse reihenweise abgesagt oder verschoben wurden, habe dies auch zu Mindereinnahmen bei den Gerichts- und anderen Gebühren geführt.
Der Bericht dokumentiert teilweise, wie die Pandemie zum Beschleuniger der Digitalisierung wurde. Etliche Behörden haben dafür eigene Ausgabeposten angeführt, etwa die Wissenschaftsbehörde für die „Digitale Lehre“ (16 Millionen Euro), die Bezirksämter für die Unterstützung von Senioren bei der Anwendung digitaler Angebote (437.000 Euro) oder die Senatskanzlei für „ITD Sonderbedarfe“ (14,4 Millionen) – gut ein Drittel davon wurde für die Ausstattung städtischer Mitarbeiter mit Laptops und anderen mobilen Endgeräten aufgewendet.