Hamburg. Scholz-Vertrauter will 2025 von Hamburg aus in den Bundestag. „Plan B“: Sichert sich 53-Jähriger ab, falls SPD das Kanzleramt verliert?
- Scholz-Intimus will von Hamburg aus in den Bundestag
- Duell mit Grünen-Politiker Till Steffen um Direktmandal in Eimsbüttel
- Schmidt ist seit 30 Jahren Fan des FC St. Pauli
Es ist ein Überraschungscoup im Kandidatenrennen für die Bundestagswahl im September 2025: Wolfgang Schmidt, einer der engsten Vertrauten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), will als Direktkandidat der Sozialdemokraten im Wahlkreis Eimsbüttel antreten. Der SPD-Kreisvorstand hat den Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben als Kandidaten nominiert. Die Bestätigung durch die Eimsbütteler SPD-Mitglieder gilt als sicher.
Mit dem 53 Jahre alten Schmidt, der in Hamburg geboren und aufgewachsen ist und an der Universität Jura studiert hat, wird ein politisches Schwergewicht in die Wählerentscheidung eingreifen. Schmidt tritt im Falle seiner Nominierung die Nachfolge des langjährigen Eimsbütteler SPD-Bundestagsabgeordneten Niels Annen an. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hatte vor wenigen Wochen seinen Abschied aus der Politik zum Ende der Legislaturperiode angekündigt. Schmidts Hauptgegner im engen Wettbewerb um das Eimsbütteler Direktmandat dürfte der Grünen-Bundestagsabgeordnete und Ex-Justizsenator Till Steffen sein, der sich 2021 knapp gegen Annen durchgesetzt hatte, der wiederum über die Landesliste in den Bundestag einzog.
Olaf-Scholz-Intimus: Der umgängliche Wolfgang Schmidt gilt als Gegenentwurf zum etwas spröden Kanzler
Schmidt gehört seit 2002 zum engsten Umfeld von Olaf Scholz und folgte dem heutigen Kanzler in dieser Zeit bei allen Karriereschritten. Als Scholz von 2011 bis 2017 Erster Bürgermeister war, war Schmidt Staatsrat der Senatskanzlei und Bevollmächtigter Hamburgs beim Bund. In Berlin ist Schmidt wichtiger Strippenzieher und einflussreicher Krisenmanager in der wackeligen Ampel-Koalition. Mit seiner kommunikativen und freundlich-verbindlichen Art des Auftretens gilt der Kanzleramtschef vielen als Gegenentwurf zum bisweilen etwas spröde auftretenden Scholz.
Bemerkenswert: Schmidt hat sich noch nie um ein eigenes Mandat in der Politik beworben. Angesichts der schwachen bundesweiten Umfragewerte für die SPD ist alles andere als sicher, dass Scholz auch nach der Bundestagswahl Kanzler und somit Schmidt an seiner Seite bleibt. Vor diesem Hintergrund kann es auch als „Plan B“ angesehen werden, dass sich Schmidt um ein Bundestagsmandat bewirbt. Als „große Ehre“ bezeichnet der 53-Jährige seine Nominierung in einem Schreiben an die Eimsbütteler SPD-Mitglieder. „Ich würde gern in die großen Fußstapfen von Niels Annen, Angelika Mertens und Peter Paterna treten und das Mandat für uns zurückgewinnen“, formuliert Schmidt seinen Anspruch.
Wolfgang Schmidt: Der Kanzleramtschef hat seit mehr als 30 Jahren eine Dauerkarte des FC St. Pauli
„Meine Heimat ist Hamburg“, betont der Sozialdemokrat und verweist auf seine engen Verflechtungen mit der Stadt und ihrer Politik. Bis zu seiner Ummeldung nach Berlin 2003 war der in Oldenfelde und Rahlstedt aufgewachsene Schmidt Mitglied im SPD-Distrikt Eimsbüttel-Süd und wohnte auch dort. Und auch das lässt er seine Parteifreunde wissen: „Ich bin seit über 30 Jahren Inhaber einer Dauerkarte und Mitglied des FC St. Pauli. Sooft es geht, versuche ich, bei den Heimspielen am Millerntor dabei zu sein.“ Sollte er in den Bundestag gewählt werden, will Schmidt „wieder eine Wohnung im Wahlkreis nehmen und im Wahlkreis präsent sein“.
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„Wolfgang Schmidt ist ein erfahrener und überaus kompetenter Politiker, mit dem wir uns zutrauen, den Wahlkreis zu gewinnen“, sagt der Eimsbütteler SPD-Kreisvorsitzende Milan Pein. „Er ist nicht nur ein engagierter Streiter für die Sozialdemokratie, sondern auch ein kluger politischer Kopf.“ Schmidt könne ein Kandidat sein, „hinter dem sich die Partei versammeln“ könne.
Doch ein Erfolg im Wahlkreis allein ist keine Garantie für ein Mandat mehr. Nach dem neuen, von der Ampel-Koalition durchgesetzten Bundestagswahlrecht ist nicht mehr automatisch gewährleistet, dass der Wahlkreissieger tatsächlich in das Berliner Parlament einzieht. Entscheidend ist ausschließlich das Zweitstimmenergebnis. Erreicht eine Partei mehr Direktmandate als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen – was bei der Hamburger SPD häufig der Fall war –, gehen die Wahlkreissieger mit den schwächsten Ergebnissen leer aus.