Hamburg. Die Protestler sind seit Mai an der Moorweide. Am Mittwoch wollen pro-palästinensische Aktivisten wegen Uni-Vorlesung demonstrieren.

Seit nunmehr acht Wochen steht ein Camp pro-palästinensischer Aktivisten auf dem Theodor-Heuss-Platz an der Moorweide – und die Protestierenden wollen noch deutlich länger bleiben. Zuletzt meldeten sie bei der Versammlungsbehörde eine Verlängerung bis September an. Ob die Zelte tatsächlich bis dahin stehen bleiben dürfen, ist aber noch nicht klar. Nicht wenigen ist das Camp ein Dorn im Auge, auch weil die angrenzende Moorweide eine Historie hat, die den pro-palästinensischen Protest an ebendiesem Ort fraglich erscheinen lässt.

Am heutigen Mittwoch dürfte ein besonderes Augenmerk auf den pro-palästinensischen Aktivisten rund um den Campus der Universität Hamburg (UHH) liegen. Am Abend findet die letzte Veranstaltung aus der öffentlichen Ringvorlesung „Judenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antizionismus – aktualisierte Formen antijüdischer Gewalt“ statt. In den vergangenen Wochen wurde die Lehrveranstaltung zweimal zum Schauplatz für Hass gegen Israel. Im Mai gab es sogar eine antisemitische Gewalttat: Eine mutmaßlich islamistische Angreiferin war auf eine Besucherin losgegangen und hatte sie gewürgt.

Palästina-Camp an der Moorweide könnte bis September bleiben

Rund um die Uhr ist das Pro-Palästina-Camp gegenüber dem Bahnhof Dammtor besetzt. Mit einer Teilnehmerzahl von 50 bis 250 Protestierenden wurde das Camp der Polizei zufolge angemeldet, doch selten sind mehr als 100 Personen anwesend. Zuweilen trifft man hier nur eine Handvoll Menschen an. Die Protestierenden übernachten in Zelten, nachts gibt es eine Art Nachtwache. 100 Zelte, wie es der Anmelder ursprünglich wünschte, durften die Kampierenden zwar nicht errichten. Es sind nunmehr rund ein Dutzend.

Die Polizei hat derzeit keine rechtliche Handhabe, um das Camp zu räumen. Stehen bleiben darf es nach aktuellem Stand bis Ende des Monats. Schon seit Mai machen die Protestierenden am Theodor-Heuss-Platz ihre Forderungen und Meinungen klar. Vornehmlich mit Transparenten: „Gegen Genozid gegen Apartheid“, „Freiheit für alle unterdrückten Völker“ oder „In Rafah brennt die Menschlichkeit“ ist darauf zu lesen. Auf das Gespräch mit Medienvertretern lassen sich die Beteiligten hingegen nicht ein.

FDP Eimsbüttel fordert Räumung des pro-palästinensischen Camps

Jüngst hatte die FDP eine Räumung des Camps gefordert. Benjamin Schwanke, Vorsitzender der FDP-Fraktion in der Bezirksversammlung Eimsbüttel, sagt: „Eine solche Versammlung auf der Moorweide zu erlauben verkennt deren historische Bedeutung.“ Das ehemalige Logenhaus an der Moorweidenstraße diente vom 25. Oktober 1941 an als zentrale Sammelstelle für die Deportation von Jüdinnen und Juden in Gettos und Vernichtungslager. Die Polizei betont jedoch, dass sich das Camp derzeit lediglich auf dem angrenzenden Theodor-Heuss-Platz befinde und, falls es größer würde, nur marginal auf die Moorweide expandieren dürfe.

Die FDP Eimsbüttel hatte den Bezirk dazu aufgefordert, Alternativstandorte für das Camp zu suchen. Das Bezirksamt Eimsbüttel weist die Forderung aber von sich – mit der Begründung, dass es bei der Versammlungsbehörde beziehungsweise dem Veranstalter liege, eine Alternativfläche zu benennen.

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Pro-palästinensische Aktivisten, bei denen unklar ist, ob sie mit dem Camp in Verbindung stehen, haben für Mittwochabend eine Protestaktion angekündigt. Zwischen 17.30 und 20.30 Uhr wollen sie unter dem Tenor „Wissenschaft muss sachlich bleiben! Kritik an der Politik Israels ist NICHT Antisemitismus!“ auf der Freifläche vor dem Hauptgebäude der UHH demonstrieren. Angemeldet sind 100 Teilnehmer.

In unmittelbarer Nähe, am Durchgang zwischen dem Ostflügel und Uni-Hauptgebäude, findet zwischen 17.15 und 18.20 Uhr eine gegenteilig gelagerte Demo statt. „Solidarität mit jüdischen Studierenden, Dozenten und Uni-Angestellten!“ ist das Credo des Anmelders Initiative gegen Antisemitismus, der aber nur mit rund 30 Teilnehmern rechnet.

Dass die Fronten auf dem Campus an diesem Mittwoch aufeinanderprallen, ist kein Zufall. Anlass ist die letzte öffentliche Ringvorlesung unter dem Titel „Judenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antizionismus – aktualisierte Formen antijüdischer Gewalt“. Rund 100 bis 150 Personen besuchten die bisherigen Veranstaltungen aus der Reihe, informiert die UHH. Weil es zuletzt zu Störungen der Vorlesung sowie im Mai zu einer antisemitischen Gewalttat kam, bei der eine Besucherin krankenhausreif geschlagen wurde, habe die UHH für diesen Mittwoch entsprechende Vorkehrungen getroffen. Die Polizei steht dazu in „engem Austausch mit der Uni“, so die Beamten, und wird die Vorlesung und Demos begleiten.

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„Die UHH bedauert, dass vereinzelte Störungsversuche im Zusammenhang mit der Vorlesung zu nennen sind“, sagt der Pressesprecher des Universitätspräsidenten dem Abendblatt. „Dank des Sicherheitspersonals und der sehr guten Koordination mit der Polizei konnte jederzeit sichergestellt werden, dass die Veranstaltungen wie geplant stattfinden konnten.“

Die UHH verurteile die antisemitische Gewalttat vom 8. Mai 2024 aufs Schärfste. „Strafanzeige wurde umgehend gestellt und ein unbefristetes Hausverbot gegen die Angreiferin ausgesprochen“, so der Sprecher. Die Universität stehe für die Freiheit von Forschung und Lehre sowie für die Meinungsfreiheit auf Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. „Antisemitismus, Hass und Hetze haben keinen Platz an unserer Universität.“