Hamburg. Mahnwache bis Montag verlängert. Protestierende weisen auf Leid der Bevölkerung in Gaza. CDU will Verbot. Derzeit wird über Umzug verhandelt.

Palästinensische Flaggen flattern auf der Moorweide im Wind. Zwei Zelte sind aufgebaut, gruppenweise sitzen Menschen an Bierzelttischen oder auf Picknickdecken. Vom Dammtor-Bahnhof gegenüber sind die Transparente zu sehen, die verraten, worum es hier geht.

Bereits seit der Nacht zu Dienstag halten Aktivisten auf der Moorweide in Hamburg eine pro-palästinensische Mahnwache ab. Ihre Forderung an das israelische Militär: „Finger weg von Rafah.“ Die Aktion geht in die Verlängerung: Die Mahnwache unweit der Universität Hamburg bleibt noch bis mindestens kommenden Montag bestehen. Dies haben die Anmelder am Freitag beantragt. Die Versammlungsbehörde hat die Verlängerung bestätigt. Dem Abendblatt teilten die Aktivisten mit, sie wollten dauerhaft campen. Wie die Aktivisten dem Abendblatt bestätigten, wurde ihnen der Vorschlag gemacht, auf eine Fläche Beim Grünen Jäger am Neuen Pferdemarkt umzuziehen. Das Angebot werde derzeit verhandelt.

Dammtor Hamburg: CDU fordert „null Toleranz“ für Pro-Palästina-Camp an Moorweide

CDU-Fraktionschef Dennis Thering, nannte die Duldung der Verlängerung des Protestcamps durch die Hamburger Behörden am Freitagnachmittag ein „falsches Signal“. Die Pro-Palästina-Aktivisten würden auf der Moorweide „mit Aggressivität und hetzenden Slogans wie ‚Zionismus ist Faschismus‘ und ‚Free Palestine‘ das Existenzrecht Israels öffentlich infrage“ stellen, erklärte der CDU-Politiker.

„Für Antisemitismus darf es in unserer Stadt keinen Platz geben. Der rot-grüne Senat muss endlich eine Null-Toleranz-Strategie fahren. Eine weitere Verlängerung der Duldung kann es auch vor dem Hintergrund eines körperlichen Angriffs auf ein Vorstandsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft durch eine mutmaßliche Islamistin nicht geben. Dieses Anti-Israel-Protestcamp darf in unserer Stadt nicht zu einer unerträglichen Dauerveranstaltung werden“, so Thering.

Pro-Palästina-Aktivisten campen am Dammtor – und das dauerhaft

Am Freitagmittag sind nur etwa 20 Menschen vor Ort, insgesamt sollen sich bislang bis zu 150 Personen beteiligt haben. Auf einem langen Tisch stehen Wasser und Lebensmittel bereit, um die Protestierenden zu versorgen. In den sozialen Medien hatten unter anderem die Gruppe „Students for Palestine HH“ (Studierende für Palästina) und die propalästinensische Gruppe Thawra zu dem Camp aufgerufen, ebenso wie „Palästina Spricht Hamburg“ und die Palästina-Allianz Hamburg. Thawra, arabisch für Revolution, ist eine antiimperialistische Gruppe, die sich in Solidarität mit Palästina engagiert.

Einige der Plakate am Camp auf der Hamburger Moorweide.
Einige der Plakate am Camp auf der Hamburger Moorweide. © dpa | Christian Charisius

Die Transparente machen klar, worum es den Protestierenden geht: „Israel ist Terror – Freiheit für Palästina“ ist dort zu lesen sowie „Der antimuslimische Hass ist der Schatten des Antisemitismus“. Die Sozialdemokratie wird als „Diener des Imperialismus“ bezeichnet. Konkreter Anlass für die Errichtung des Camps sei die angekündigte Bodenoffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens, teilten die Aktivisten auf Anfrage mit. Zu Beginn der Militäroffensive sei die Bevölkerung Gazas nach Rafah vertrieben worden. Jetzt seien die Menschen – darunter zahlreiche Kinder – unter Beschuss, ohne die Möglichkeit, evakuiert oder medizinisch ausreichend versorgt zu werden.

Das Camp an der Moorweide solle deshalb nicht so schnell abgebaut werden: „Daher haben wir uns entschlossen, ein dauerhaftes Camp einzurichten. Wir weigern uns in einer Haltung des Konsums dem palästinensischen Volk beim Leiden zuzusehen und erklären basierend auf der Solidarität mit dem palästinensischen Volk die Absicht zu campen, bis unseren Forderungen nachgekommen wird“, erklären die Protestierenden auf Abendblatt-Anfrage.

Auch Anna v. Treuenfels-Frowein, FDP-Abgeordnete in der Hamburgischen Bürgerschaft, forderte: „Die Innenbehörde muss das Pro-Palästina-Camp auf der Moorweide räumen, aus dem offensichtlich antisemitische Propaganda verbreitet wird. Toleranz gegenüber intoleranten Antisemiten darf der Rechtsstaat nicht üben.“

Thawra-Gruppe „kaperte“ auch bereits die DGB-Kundgebung am 1. Mai

Mitglieder der Gruppe Thawra erschienen zuletzt immer wieder mit Palästina-Fahnen zu Demonstrationen und protestierten dort für ihre Anliegen – auch wenn das nicht immer zum Thema passte und gegen den Willen der Organisatoren war. So versuchten Thawra-Aktivisten unter anderem, die Demo des DGB am 1. Mai zu „kapern“. Zuvor hatten propalästinensische Demonstranten eine Wahlkampfveranstaltung von Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Hamburger Fischmarkt mit Zwischenrufen und Pfiffen gestört.

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In den USA gibt es seit mehr als zwei Wochen an zahlreichen Universitäten Proteste gegen das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg, die Proteste sind auch als Solidaritätsaktion mit den Palästinensern gedacht. Auf Instagram stellt Thawra Hamburg selbst die Verbindung her und proklamiert „Solidarität mit unseren Geschwistern an den Universitäten weltweit“. „Uns ist es wichtig, dass unser Protest und unser Camp in direktem Zusammenhang mit internationalen Protesten, wie an den Universitäten in Berlin oder New York, steht“, heißt es auf Abendblatt-Nachfrage aus dem Camp. Diese machten „auf die nun seit acht Monaten andauernde und menschenunwürdige Situation in Gaza und der Westbank aufmerksam“.

Hintergrund ist das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen steht Israel international in der Kritik. Zuletzt war Israels Militär in Teile Rafahs im Gazastreifen vorgerückt. mit dpa