Hamburg. Hafenexperte und früherer Parteivorstand sieht seine neue Heimat bei der FDP. Wie Seeler seine Entscheidung zum Parteiwechsel begründet.
Am Ende ging es doch schneller, als es viele Beobachter und Joachim Seeler erwartet hatten. Nach 38 Jahren in der SPD war der langjährige hafen- und wirtschaftspolitische Sprecher seiner Fraktion Ende Mai ausgetreten. Nun hat der Immobilienexperte sich für eine neue Partei entschieden: Nach Informationen des Abendblatts wird er Mitglied der FDP.
„Das Erstarken der politischen Extreme in Deutschland verlangt nach politischem Engagement für die Mitte. In der Wirtschaftspolitik ist dabei das Eintreten für die soziale Marktwirtschaft als Wirtschaftsordnung von herausragender Bedeutung“, sagte Seeler dem Abendblatt. Eigenverantwortung, Freiheit und Wettbewerb in Verbindung mit sozialer Verantwortung gehörten in den Fokus.
Von SPD zu FDP: Hamburger Urgestein Joachim Seeler wechselt Partei
„Das ist mir ein persönliches Anliegen. Unsere Stadt fällt zudem im Standortwettbewerb immer weiter zurück. Ohne eine leistungsfähige Wirtschaft können wir unser Gemeinwesen nicht funktionsfähig halten. Hamburg braucht die Wirtschaftswende.“
Die FDP freut sich über den prominenten Neuzugang, der elf Jahre Mitglied im SPD-Landesvorstand saß. „Mit Joachim Seeler kommt ein profilierter Wirtschaftspolitiker und waschechter Hanseat zur FDP. Wir freuen uns, dass der überzeugte Marktwirtschaftler sich in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten zur Übernahme von Verantwortung in der Partei der Marktwirtschaft bekennt“, sagte FDP-Landesvorsitzende Sonja Jacobsen. „Mit seiner langjährigen Erfahrung und Expertise im Wirtschaftsbereich unterstreicht Joachim Seeler das Profil der Freien Demokraten.“
Für die Liberalen in der Bürgerschaft ändert sich durch den prominenten Eintritt aber nichts: Sie haben weiterhin nur zwei Abgeordnete: die direkt gewählte Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein und Sami Musa. Der Gastronom war 2020 für die SPD gewählt worden, hatte die Partei 2021 aus Protest gegen die Corona-Politik des Senats verlassen und war 2022 der FDP beigetreten. Seeler hätte als Nachrücker der neuen Bildungssenatorin Ksenija Bekeris im Januar für die SPD in die Bürgerschaft einziehen können. Nach einer Nacht Bedenkzeit sagte er seinen sozialdemokratischen Parteifreunden im Januar ab.
Joachim Seelers Übertritt zur FDP markiert das Ende eines langen Entfremdungsprozesses
Die Politik lässt den 60-Jährigen aber offenbar nicht los. In den vergangenen Jahren hatte sich der Politiker und Immobilienexperte, der zwischen 2015 und 2020 wirtschafts- und hafenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft war, von seiner Partei entfremdet.
„Die fehlende Anerkennung der Realitäten beim Regierungshandeln, verbunden mit einem nachhaltigen ideologischen Linksruck der SPD, hat mich dazu bewogen, meine Mitgliedschaft zu beenden“, hatte er im Mai dem Abendblatt erklärt. Er habe sich diesen Schritt nicht leicht gemacht und lange überlegt. „Aber es gibt so gut wie keine Gemeinsamkeiten mehr.“
Joachim Seelers Abgang ist für die SPD in Hamburg ein schmerzlicher Verlust
Für Seeler geht damit auch eine Familientradition zu Ende: Sein Vater Hans-Joachim war zwischen 1967 und 1974 erst Gesundheits-, dann Justiz- und schließlich Finanzsenator. Anschließend wechselte der Sozialdemokrat für zehn Jahre ins Europaparlament. Auch seine Mutter Ingrid Seeler saß lange für die SPD in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Noch im Wahlkampf 2020 engagierte sich Seeler für Peter Tschentscher und brachte Unternehmer und SPD zusammen. Damals holte er einen Berliner Spitzenpolitiker zu seinem Wahlkampfauftritt in die Europa Passage: Olaf Scholz.
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Zufrieden zeigte sich auch Michael Kruse, Hamburger FDP-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im FDP-Bundesvorstand. Er verbindet Seelers Parteiwechsel mit einer Ankündigung: „In der Hamburger Wirtschaft gibt es einen enormen Gesprächsbedarf und den Wunsch nach einer Wirtschaftswende. Wir werden in den nächsten Monaten deshalb ein Angebot für Hamburger Unternehmer schaffen, in dem wir mit der Wirtschaft in den Austausch treten.“
Ob Seeler für die kommende Wahl kandidiert, ist noch offen. „Eine Kandidatur steht nicht im Fokus“, sagt der 60-Jährige. Eine klare Absage aber klingt anders.