Altstadt. Hamburgs Bürgermeister trifft seine Amtskollegen – und spricht viel über Innere Sicherheit. Was die Hansestadt von Wien und Zürich lernen will.
Sie stammen aus einer Generation, sprechen eine Sprache, sind Parteifreunde und Amtskollegen – der Versuchsaufbau klang nach viel Harmonie. Trotzdem war das Interesse am „Trialog“ der Stadtoberhäupter im Übersee-Club groß, viele Gäste mussten auf den Stufen Platz nehmen. Die Idee zu der Dreierrunde hatte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) schon 2019, der seitdem regelmäßig mit Zürichs Stadtpräsidentin Corine Mauch und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig die Fragen einer Metropole im 21. Jahrhundert erörtert.
Die vielen Dimensionen von Stadt wurde den dreien am Donnerstag überdeutlich: Zunächst besuchten die Stadtoberhäupter den Hamburger Hauptbahnhof, kein Aushängeschild, und dann die Drogenberatungsstelle Drob Inn in St. Georg. Nach viel Elend ging es in den edlen Übersee-Club an der Binnenalster, wo jeder der drei einen Impuls zu einem selbst gewählten Thema setzte.
Im Übersee-Club geht es um die Innere Sicherheit und das Wohnen
Peter Tschentscher schmeichelte erst dem Übersee-Club („Man präsentiert seinen Gästen das Beste“) und dann seinen Kollegen. „Wir nehmen gern eure Beispiele auf“, sagte er und verwies auf die Großwärmepumpe, die es am Zürcher See längst gibt. Dann wählte er ein Thema, mit dem die SPD 2001 die Bürgerschaftswahl verloren hatte, was ihm im März 2025 auf keinen Fall wieder passieren soll.
„Wir haben ein starkes Bedürfnis, in Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit zu leben. Das ist ein besonderes Anliegen“, sagte er und erzählte vom Termin im Drob Inn. „Wir haben viel aus Zürich übernommen. Aber Zürich macht seine Hilfsangebote nur für Zürcher.“ Eine Schwerpunktsetzung, die Tschentscher offenbar richtig findet. Zwei Drittel der Obdachlosen in Hamburg kämen nicht aus der Stadt, sagt er. „Es gibt Pull-Effekte: Obdachlose ziehen nach Hamburg, weil wir ein gutes Angebot haben.“ Gerade aus Osteuropa kämen viele Wohnungslose. „Das ist nicht das, was die Freizügigkeit in Europa vorsieht“, betonte Tschentscher. Man müsse die Menschen bitten, zurückzugehen.
Tschentscher wird deutlich: „Dazu gehört auch Repression, das ist kein Wohlfühlthema“
Inzwischen lebten 50.000 Menschen in Hamburg, der Großteil Flüchtlinge, in einer öffentlichen Unterbringung. „Wir wollen helfen“, sagte Tschentscher. Es gehe aber darum, öffentliche Sicherheit mit Hilfsangeboten zu verbinden. „Dazu gehört auch Repression, das ist kein Wohlfühlthema.“ Tschentscher forderte, das Waffenverbot auf alle Züge in Deutschland auszuweiten und lobte ausdrücklich die Videoüberwachung und das Alkoholverbot am Hauptbahnhof. Im Übersee-Club gab es für diese Ausführungen viel Beifall.
Andere Schwerpunkte wählte sein Wiener Amtskollege Michael Ludwig. „Wir drei verstehen uns als innovative Städte, die bei der Lebensqualität an der Spitze stehen und Wirtschaft und Wissenschaft verbinden“, sagte er. Der SPÖ-Politiker ist seit 2018 im Amt und damit fast so lang wie Tschentscher, zuvor war der 63-Jährige lange Zeit Stadtrat für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung.
Wohnungsbau: Wie Wien zum Vorbild für Europa wurde
In seinem Impuls sprach Ludwig über das Wohnen. „Das Thema hat bei uns eine lange Tradition, weil das Wohnen in Österreich-Ungarn ziemlich prekär war, 60.000 Wiener mussten sich sogar Ende des 19. Jahrhunderts die Betten teilen“, sagte er. Um 1900 war Wien mit zwei Millionen Einwohnern die viertgrößte Stadt Europas. Mit einer 1919 eingeführten Wohnbausteuer, die den Wohnungsbau finanziert, gelang die Wende. „Dank der niedrigen Mieten hatten die Menschen mehr Geld für den Konsum.“
Daran hat sich bis heute wenig geändert. Die Wiener Wohnungsbaupolitik gilt als Vorbild, die Investitionen sind hoch, die Stadtväter legen großen Wert auf funktionale und soziale Durchmischung und viel Grün. „Durchschnittsverdiener müssen sich eine Wohnung leisten können – das ist wichtig für Städte sowie die Wirtschaft“, sagt der Sozialdemokrat. Heute lebten 62 Prozent in einer geförderten Wohnung. Die Einkommensgrenze für eine solche Wohnung liegt für einen Vier-Personen-Haushalt bei 108.000 Euro netto Jahreseinkommen.
Wo Wien von Hamburg lernt
Trotzdem schaut auch Wien neugierig an die Elbe: „Wir haben viel gelernt von der HafenCity“, sagt Wiens Bürgermeister.
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Die 64-jährige Sozialdemokratin Mauch ist seit 2009 Stadtpräsidentin der größten Stadt der Schweiz – trat ihr Amt also zu einer Zeit an, als in Hamburg noch Ole von Beust regierte. Sie sprach über Innovation, den Schlüssel zu einem besseren und längeren Leben. „Unsere Herausforderung ist, eine Innovationsstadt zu bleiben. Der technologische Fortschritt ist für die Bewältigung des Klimawandels von zentraler Bedeutung.“ Ausdrücklich warb sie dafür, den Dialog und die Zusammenarbeit der Metropolen zu intensivieren.