Hamburg. Bande soll die Drogen über den Hamburger Hafen eingeführt und dann beiseitegeschafft haben. Die Täter hatten offenbar gute Beziehungen.

Drogenfunde im Hamburger Hafen: Dass Polizei und Zoll an diesem zentralen Umschlagplatz für Güter aus aller Welt Rauschgift entdecken und sicherstellen, kommt immer wieder vor. Und an jenem Oktobertag im Jahr 2022 war es ein spezieller Container, der dem Zoll verdächtig vorkam. Er ließ ihn beiseitestellen. Doch kurze Zeit später war der Container weg.

Hatte eine Bande ihre Finger im Spiel? War in dem Container eine beachtliche Menge Kokain versteckt, das sich sechs Männer sichern und mit dem Verkauf großen Profit machen wollten? Wegen bandenmäßigen Drogenhandels mit 1000 Kilo Kokain müssen sich zurzeit sechs Angeklagte im Alter zwischen 23 und 44 Jahren in einem Prozess vor dem Landgericht Hamburg verantworten. Die Anklage wirft ihnen vor, das aus Südamerika stammende Rauschgift von einem Containerterminal im Hafen abgeholt und den Großteil an unbekannte Abnehmer weitergegeben zu haben.

Prozess Hamburg: Es geht um 1000 Kilogramm Kokain

Als die Angeklagten an Handschellen aus der Untersuchungshaft zum Gerichtssaal geführt werden, werden sie dort schon sehnsüchtig erwartet. Mehr als 40 Menschen, offenbar zum Großteil Angehörige, sind gekommen, um den Prozess von den Zuschauerbänken aus zu beobachten. Zwei der angeklagten Hamburger winken lächelnd Richtung Publikum, ein anderer formt mit seinen Händen ein Herz. Eine Frau in der ersten Reihe des Zuschauerbereichs bricht in Tränen aus. Eine andere deutet einen Kuss an. Die Zeit, als man sich ungehindert treffen konnte, liegt lange zurück. Die Angeklagten sind seit Monaten in Untersuchungshaft.

Die Angeklagten werden nacheinander an Handschellen in den Hamburger Gerichtssaal geführt. Um auf Fotos nicht erkannt zu werden, halten sie sich jeweils eine Akte vors Gesicht.
Die Angeklagten werden nacheinander an Handschellen in den Hamburger Gerichtssaal geführt. Um auf Fotos nicht erkannt zu werden, halten sie sich jeweils eine Akte vors Gesicht. © dpa | Ulrich Perrey

Den Ermittlungen zufolge hatte das Kokain, das in einem Frachtschiff aus Südamerika nach Hamburg gekommen sein soll, einen Schwarzmarktwert von insgesamt 27 Millionen Euro, nämlich 27.000 Euro pro Kilo. Der Container mit den Drogen soll am 25. Oktober 2022 in Hamburg angekommen sein. Das Kokain sei unter Metallfässern versteckt gewesen, die Balsamharz enthielten, hieß es in der Anklage. Nachdem sie einen Hinweis auf die mutmaßlich heiße Ware erhalten hatten, ließen die Behörden den Container sicherstellen, um ihn später genau zu durchsuchen.

Kokain in Hamburg: Gingen 200 Kilogramm als Provision an die Angeklagten?

Doch schon wenige Stunden später hätten die Angeklagten den Behälter von dem Gelände bei Eurogate entwendet und mit einem gestohlenen Lastwagen zu einem Grundstück im Stadtteil Wilhelmsburg gebracht, wirft die Staatsanwaltschaft den Männern vor. Auf diesem Gelände sollen die Angeklagten das Kokain entnommen haben, wobei sie den Angaben zufolge 200 Kilo als Provision für sich behielten.

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Laut Anklage gingen die Männer bei der Aktion nach einem ausgeklügelten Plan vor. Ein 39-Jähriger soll schon einige Zeit zuvor für den Umschlag des Kokains ein Grundstück nicht weit vom Hafen entfernt angemietet haben. Auf diesem Gelände hätten die Angeklagten eine Rundbogenhalle errichtet, die als Sichtschutz beim Umladen des Kokains dienen sollte.

Kokainschmuggel: Daten eines Hafenmitarbeiters missbraucht

Der mit 44 Jahren älteste Angeklagte und ein 40 Jahre alter Mann sollen eine Sattelzugmaschine zur Verfügung gestellt haben, die mit gestohlenen und mit gefälschten Kennzeichen versehen gewesen sei.

Dann, so die Anklage weiter, habe sich der 44-Jährige mit den Daten eines Hafenmitarbeiters Zutritt zum Terminalgelände verschafft. Nun soll er mit weiteren Tätern den manipulierten Container abgeholt und zu dem vorbereiteten Gelände gebracht haben. Dort wurde den Ermittlungen zufolge von den Angeklagten die Zollsicherung aufgebrochen und das Kokain entwendet.

Kokain-Prozess Hamburg: Bis zum Frühjahr sind 48 Verhandlungstage terminiert

48 Verhandlungstage bis Ende März kommenden Jahres hat das Landgericht bisher für den Prozess terminiert. Und der zähe Beginn des Verfahrens lässt erahnen, dass der Prozess in der Tat sehr lange dauern könnte. Die Verteidigung beantragte am Mittwoch, das Verfahren auszusetzen oder zumindest zu unterbrechen, weil die Akten bislang nicht vollständig seien und damit das Recht auf ein faires Verfahren nicht gewährleistet sowie die Rechte der Verteidigung beeinträchtigt würden.

Das Gericht entschied unterdessen, den Prozess fortzusetzen. Doch zuvor kam es zu mehreren Pausen, sodass sich das eigentliche Programm für diesen Tag verzögerte. Ein erster Zeuge soll nun erst am Freitag gehört werden.