Hamburg. Frank N. muss sich vor Gericht wegen Rauschgifthandels verantworten. Bunkerte er die Drogen für einen verurteilten Drogenboss?
Sie handelten im große Stil mit Kokain, Amphetaminen und Marihuana. Sie betrieben ein lukratives Netzwerk mit Verbindungen in Teilen von Europa und Südamerika. Doch schließlich wurde die Bande von Drogendealern zerschlagen, es gab jede Menge Festnahmen und zahlreiche Verurteilungen. Im Zentrum des Netzwerks stand Danny D., der als „Drogenpate von Europa“ gilt. Oder, wie es eine Richterin vor wenigen Monaten zum Abschluss des Prozesses gegen besagten D. formulierte: das „Bindeglied zum Kartell“ und die „Tür“ für den Rauschgifthandel aus Südamerika in den europäischen Markt.
Hat Frank N. (Name geändert) sich im engen Dunstkreis jenes Drogenbosses bewegt? Davon geht zumindest die Staatsanwaltschaft aus, die dem 39-Jährigen bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorwirft. Laut Anklage im Prozess vor dem Landgericht handelte der Hamburger von Frühjahr bis Juni 2020 mit Kokain, Marihuana und Amphetaminen im bis zu dreistelligen Kilogrammbereich.
Prozess gegen „Drogen-Kurier“: Bande soll Millionen Euro eingenommen haben
Dabei habe Danny D. die Betäubungsmittel im europäischen Ausland oder in Südamerika gekauft und die Einfuhr nach Deutschland organisiert, heißt es in der Anklage. Frank N. wird vorgeworfen, in Hamburg als „Bunkerhalter“ fungiert und die Übergaben an die Abnehmer als Kurier im Hamburger Stadtgebiet durchgeführt zu haben. Laut Ermittlungen erzielte die Bande allein in den wenigen Monaten durch den Verkauf von Betäubungsmitteln Einnahmen in Höhe von mehr als einer Million Euro.
Der „Pate“ Danny D. wurde mittlerweile rechtskräftig zu zwölf Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Wesentlich zu dem Schlag gegen die Bande und letztlich zur Festnahme von Frank N. hatte die Entschlüsselung von EncroChat-Daten, einer Art WhatsApp für Verbrecher, beigetragen. Mit dem Knacken der Verschlüsselungssoftware im Jahr 2020 konnte die Polizei Chats von etlichen Personen verfolgen, die sich im Wesentlichen zu Drogen- und Waffengeschäften verabredeten. Üblich waren bei EncroChat Alias-Namen, mit denen die Täter ihre Identität verschleiern wollten. So hatte sich Danny D. beispielsweise „Endlösung“ beziehungsweise „Die Säuberung“ genannt. Andere fungierten unter anderem unter „Lkw“ oder „Tennisplayer“.
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Genaue Uhrzeit, genauer Ort der Übergabe, beispielsweise in welcher Tiefgarage in Hamburg sich die mutmaßlichen Beteiligten an den Drogendeals trafen, listet die Anklage auf. Offenbar konnten die Ermittler über die aus EncroChat erfassten Daten genau nachvollziehen, wann und wo jeweils die Drogen von einem zum anderen gereicht wurden – und ebenso zu welchem Preis. Unter anderem soll Frank N. in einem Fall 50 Kilogramm Kokain von dem mutmaßlichen Kopf der Bande übergeben bekommen und in Koffern zwischengelagert haben, bis er die Drogen dann an einen Kurier weiterverkauft habe.
Prozess gegen „Drogen-Kurier“: Deal über Strafmaß kommt nicht zustande
Die Verfahrensbeteiligten erörterten zu Prozessbeginn, ob eine Verständigung, also ein „Deal“ erreicht werden könne. Dafür wird besprochen, ob die Vorstellungen für ein Strafmaß von Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht insoweit ähnlich sind, dass ein entsprechender Rahmen festgelegt werden kann – vorausgesetzt, der Angeklagte legt ein umfassendes Geständnis ab. Dabei nannte das Gericht eine Strafe, die für Frank N. zwischen sechs Jahren und drei Monaten und sieben Jahren und drei Monaten liegen könnte. Die Staatsanwaltschaft strebt eine höheres Urteil an, das zwischen siebeneinhalb und achteinhalb Jahren liegen solle. Es kam also zu keiner offiziellen Verständigung.
Gleichwohl kündigte der Verteidiger von Frank N. für den nächsten Hauptverhandlungstag an, dass von seinem Mandanten wohl ein Geständnis komme werde. Der Prozess wird fortgesetzt.