Hamburg. Umweltsenator plant Solarkampagne und gibt ehrgeiziges Ziel für Photovoltaik-Ausbau bis 2035 vor. Dabei setzt er auf neue Strategie.

Hamburg soll seine Stromerzeugung aus Sonnenenergie bis 2035 verzehnfachen – mit diesem Ziel will Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) eine neue Solarkampagne starten, wie er dem Abendblatt sagte. Ihm zufolge hatten die auf privaten und öffentlichen Dächern in der Hansestadt eingerichteten Photovoltaikanlagen Ende 2023 eine Leistung von insgesamt 126 Megawatt in der Spitze. Ein Jahr zuvor habe die installierte Leistung 80 Megawatt betragen; insofern sei zuletzt immerhin ein deutlicher Zuwachs erreicht worden. Aber: „Im deutschen Vergleich nutzt Hamburg seine Dächer extrem wenig – es gibt bei uns in der Stadt noch viel freie Fläche und Potenzial für Solaranlagen“, sagt Kerstan.

Laut einer im November veröffentlichten Studie des privaten Instituts der deutschen Wirtschaft ist Hamburg bei der Solarstromerzeugung das Schlusslicht unter den 71 größten Städten in Deutschland. Dazu passt: Daten der Bundesnetzagentur zufolge belegt Hamburg beim Ausbau der erneuerbaren Energie aus Biomasse, Photovoltaik und Windenergie an Land im Vergleich der 16 Bundesländer ebenfalls den letzten Platz. Nun will Kerstan das Tempo erhöhen: Bis 2030 sollen alle Photovoltaikanlagen in der Hansestadt zusammen eine Leistung von 500 Megawatt haben; bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnts soll ein Gigawatt erreicht werden.  

Photovoltaik-Anlage in Hamburg verpflichtend bei Dachsanierung

Bisher setzte Kerstan beim Ausbau der Photovoltaik (PV) auf Gesetzesvorgaben. Auf allen von 2023 an errichteten Privatgebäuden in Hamburg müssen Solaranlagen betrieben werden. Von diesem Jahr an gilt auch für private Bestandsgebäude, bei denen das Dach „wesentlich erneuert“, also saniert wird, eine Photovoltaikpflicht. In beiden Fällen betrifft dies Gebäude mit einer Bruttodachfläche von mindestens 50 Quadratmetern. Auch alle bestehenden öffentlichen Hamburger Gebäude sollen künftig Solardächer bekommen, soweit dies technisch möglich ist. Von 2027 an wird sowohl für Neubauten als auch für Bestandsbauten „im Fall eines wesentlichen Umbaus des Daches“ eine Solargründachpflicht bestehen.

Ergänzend möchte Kerstan nun Vorschläge für einen beschleunigten Ausbau sammeln und einen „breiten Beteiligungsprozess“ starten, wie er sagt. Mitte Februar werde er seinen Fahrplan zum PV-Ausbau in der Senatskommission für Klimaschutz und Mobilitätswende vorstellen. Zu Workshops im April sollen diverse Interessensvertreter aus Hamburg eingeladen werden, etwa Handels- und Handwerkskammer, der Unternehmensverband Hafen Hamburg, Umweltverbände, Experten aus den Hochschulen und aus der Wohnungswirtschaft. Ein Aspekt der Gespräche könnte beispielsweise sein, ob und wie sich auch Fassaden in Hamburg sowie Freiflächen entlang von Verkehrsstraßen besser als bisher für Photovoltaik nutzen lassen.

Photovoltaik: Umweltsenator plant Gipfel in Hamburg im Juni

Der Umweltsenator verweist auf eine vor Kurzem von der Handelskammer vorgelegte „sehr bemerkenswerte“ Studie, wonach Hamburgs Wirtschaft bis zum Jahr 2040 klimaneutral werden könnte. „Das ist sehr ehrgeizig und zeigt, welches wirtschaftliche Potenzial die Handelskammer in diesem Bereich sieht und welch enorme Zukunftschancen darin liegen“, sagt Kerstan. „Viele Akteure in der Stadt haben zu verstehen gegeben, dass sie sich für Klimaschutz engagieren wollen. Diese Kräfte wollen wir bündeln.“

Für Mitte oder Ende Juni plant er einen Photovoltaik-Gipfel in Hamburg. Bei diesem Treffen sollen die in den Workshops erarbeiteten Inhalte vorgestellt werden. Im Herbst soll eine gemeinsame Strategie stehen, wie auf möglichst vielen Dächern der Hansestadt – öffentlichen wie privaten – Solaranlagen entstehen, „damit Hamburg seine Schlusslichtlaterne bald abgeben kann“. Er hoffe auf ein „positives Gemeinschaftsergebnis“, sagt Kerstan. „Neben den gesetzlichen Verpflichtungen setzen wir dabei jetzt verstärkt auf Freiwilligkeit.“

Kerstan: Photovoltaikanlagen für Dächer sind günstiger geworden

Zusätzliche finanzielle Förderungen für die Installation von Solaranlagen auf privaten Dächern kündigt der Umweltsenator nicht an – denkbar seien entsprechende Maßnahmen aber. „Wir haben Überlegungen, über die wir bei den Workshops diskutieren wollen, aber zunächst geht es uns um ein gemeinsames Bekenntnis zum Ausbau der Solarenergie“, sagt Kerstan. „Dann werden wir mit Sicherheit finanziell unseren Beitrag leisten, um vielen Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit zu geben, sich daran zu beteiligen, wenn sie die notwendigen Mittel selbst nicht zur Verfügung haben.“

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Die Preise für Solarpaneele seien zuletzt massiv gefallen. „Man kann derzeit deutlich günstiger Photovoltaikanlagen für Dächer kaufen“, sagt Kerstan. „Wer sich vor einigen Jahren dafür interessiert hat, sollte sich das jetzt erneut anschauen, zumal die Anlagen inzwischen auch leistungsstärker geworden sind.“