Hamburg. Prof. Andersen und Prof. Friston zeigen, wie man mit Gedanken Roboter steuern kann – wie Amazons Alexa oder Apples Siri, nur ohne rufen.
Die Hamburger Gertrud Reemtsma Stiftung in der Max-Planck-Gesellschaft hat am Donnerstag zwei international verdrahtete Wissenschaftler ausgezeichnet, die das vorangebracht haben, wovon Tesla-Milliardär Elon Musk träumt: eine Verbindung vom menschlichen Gehirn zu einem Computer und möglicherweise weiter zu einer Maschine oder einem Roboter. Der sperrige Name „International Prize for Translational Neuroscience” für die Hirnforscher Prof. Richard Andersen (California Institute of Technology, Caltech) und Prof. Karl Friston (University College London) täuscht etwas darüber hinweg, wie „anwendernah“ diese Forschung tatsächlich ist.
Andersen beschäftigt sich damit, wie es beispielsweise gelähmten Menschen gelingen kann, mithilfe ihres Hirns und ihrer Gedanken ihre Umwelt zu beeinflussen und zu kontrollieren. Erblickt beispielsweise ein Mensch einen Gegenstand, werden die Sehzellen im Auge angeregt, eine Information geht an das Gehirn. Hier haben Andersen und seine Mitstreiter einen vier mal vier Millimeter kleinen Chip entwickelt, der im Hirn die Aktivität von Nervenzellen aufzeichnet.
Hamburger Wissenschaftspreis für Mensch-Maschine-Chip im Hirn
Ein Computer entschlüsselt dann, welche Bewegungen genau gewünscht sind und gibt die korrekten Signale weiter, mit denen die entsprechenden Hilfsmittel zum Beispiel für einen Gelähmten in Bewegung gebracht werden. Es ist also wie Apples Sprachassistentin Siri oder ihre Amazon-Schwester Alexa, die auf Zuruf reagieren – nur ohne Zuruf und komplexer.
- TU Hamburg erhält Millionen-Spritze und baut kräftig aus
- Hamburger Ärzte sehen Durchbruch bei Spritze gegen Krebs
- Olaf Scholz weiht Hamburgs ersten Quantencomputer ein
Wie Siri und Alexa – nur ohne Stimme und komplexer
Die Forschungen der Preisträger bezeichnete Prof. Manfred Westphal (UKE) von der Reemtsma-Gesellschaft schon als weltweit bahnbrechend. Andersen und Friston, die je 30.000 Euro erhalten sollen, wurden von je zwei internationalen Gutachtern beurteilt. „Wie können wir Gedanken erkennen – das ist eine zentrale Frage“, sagte Westphal im Abendblatt-Gespräch. „Und wie kann man mit Gedanken Roboter steuern?“ Um es klar zu sagen: Hier geht es um friedliche Anwendungen hochkomplexer Forschung. Der Gertrud-Reemtsma-Preis sieht sich in einer Reihe mit den großen Hamburger Wissenschaftspreisen wie dem Körber-Preis und dem Jung-Preis. Gertrud Reemtsma war die Mutter von Jan Philipp Reemtsma.
In seiner ambitionierten Entwicklung mit der Firma Neuralink schwebt dem Exzentriker Elon Musk offenbar vor, eine Hirn-Maschine-Verbindung (Interface) zu schaffen, die ähnlich wie in Science-Fiction-Fantasien mit Hirnimplantaten an verschlossene Informationen im Gehirn oder Erinnerungen gelangt. Ob am Ende der Versuch eines Gedankenlesens stehen soll, ist schleierhaft.