Hamburg. Eine nie genutzte Tunnelröhre beherbergt seit 1994 das Kunstwerk „Hauptbahnhof Nord“. Jahrelang verfiel es zusehends. Bis jetzt.

Betreten kann man die alte Installation mit den vielen gusseisernen Sternen nicht, aber gucken ist erlaubt, sogar erwünscht. Gut möglich, dass gerade Menschen in Eile das auf einem nicht zugänglichen Bahnsteig errichtete Werk nicht einmal richtig wahrgenommen haben – obgleich die Installation „Hauptbahnhof Nord“ seit 30 Jahren genau dort ihren festen Platz hat: im Hauptbahnhof Nord.

Jetzt erstrahlt das Werk von Stephan Huber und Raimund Kummer – 20 Meter unter der Erde – buchstäblich in neuem Glanz, die Restauration der Installation ist beendet. 12.000 Euro hat die Kulturbehörde dafür „in enger Absprache“ mit den Künstlern gezahlt.

Hauptbahnhof Hamburg: Wie ein altes Kunstwerk im Geistertunnel neu geboren wurde

Ursprünglich war die Installation mit dem Titel „Das Firmament“ im Kuppelsaal der Hamburger Kunsthalle zu sehen, bevor sie 1994 ihren Weg in den Untergrund des Hauptbahnhofs Nord fand. Sie ist errichtet worden in einer nicht zugänglichen Tunnelröhre. Vier Röhren wurden dereinst angelegt, in den beiden äußeren sollte eigentlich irgendwann die U4 verkehren, die beiden mittleren nutzt seit 1968 die U2. Jetzt wird es wohl die U5, für deren Ausbau die äußeren Röhren reaktiviert werden sollen. Wann das sein wird, steht noch nicht fest. Sicher ist aber, dass das Kunstwerk in diesem Fall seinen angestammten Platz verlieren würde.

Rund 100 gusseiserne und endlich vom Staub befreite Sterne liegen in dem verlassenen U-Bahn-Schacht.
Rund 100 gusseiserne und endlich vom Staub befreite Sterne liegen in dem verlassenen U-Bahn-Schacht. © Michael Pfisterer | Michael Pfisterer

Wer sich das Werk anschauen möchte, biegt vor der Wandelhalle (Hauptbahnhof-Nord) links ab, geht entweder die Treppe runter oder benutzt den Aufzug zur Haltestelle der U2 in Richtung Niendorf-Nord. Unter anderem vom Aufzug aus lässt sich die illuminierte Installation in der bislang nicht genutzten Tunnelröhre gut betrachten. Sie ist von drei Perspektiven aus zu sehen: von der Mitte und jeweils von beiden Stirnseiten des „Geistertunnels“, der als einer von mehreren „Lost Places“ in Hamburg gilt.

Endlich vom Staube befreit und wieder angemessen in Szene gesetzt

100 große, gusseiserne Sterne liegen dort verstreut auf dem Tunnelboden. Zuletzt von einer dicken Staubschicht überzogen und durch die fehlende Beleuchtung nicht angemessen in Szene gesetzt, fristete die Installation ein schattenhaftes Dasein an einem noch dunkleren, verlassenen Ort.

Auch auf etwa mittlerer Höhe des Bahnsteigs ist ein Teil der Installation gut zu sehen.
Auch auf etwa mittlerer Höhe des Bahnsteigs ist ein Teil der Installation gut zu sehen. © Michael Pfisterer | Michael Pfisterer

Im Zuge der Restauration seien die Sterne neu ausgerichtet und das Licht für die neue Präsentation angepasst worden. Jetzt sollen ihre „einzigartige Architektur und Symbolik noch besser zur Geltung kommen“, sagt Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde. Die Installation legt eine Reihe von Interpretationen nahe, wie es sich für ein Kunstwerk gehört. Sie vermittele „den Eindruck eines Himmelssturzes mitten in der U-Bahn-Station“, lautet etwa die Deutung der Kulturbehörde.

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Ziemlich angetan ist auch Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD). „Das Kunstwerk von Stephan Huber und Raimund Kummer lässt die Sterne mitten in der U-Bahn-Station im Hauptbahnhof leuchten. Nach der Restaurierung von ‚Hauptbahnhof Nord‘ begegnet uns die Kunst nun wieder mitten im Alltag“, sagt Brosda. „Diese Begegnungen im Alltäglichen regen zum Nachdenken an und bereichern unser städtisches Leben auf besondere Weise.“