Hamburg. Kleinpartei in Altona, Eimsbüttel, Harburg, Mitte und Nord in Fraktionsstärke. Um eine Wählergruppe konkurriert sie mit Grünen.

Der Kleinpartei Volt ist in Hamburg erneut ein Überraschungserfolg gelungen. Sie war erstmals bei den Bezirksversammlungswahlen angetreten, in fünf von sieben Hamburger Bezirken. Und nun wird sie in all diesen Bezirken – Altona, Eimsbüttel, Harburg, Mitte und Nord – in Fraktionsstärke in die dortigen Parlamente einziehen, mit jeweils drei Sitzen. Bezogen auf ganz Hamburg kommt Volt auf einen Stimmenanteil von 3,9 Prozent. Am besten schneiden die Bezirks-Newcomer mit 6,1 Prozent in Hamburg-Nord ab; in Altona kommen sie auf 5,6 Prozent, in Harburg erreichen sie 5,5, in Eimsbüttel 5,3 Prozent, in Hamburg-Mitte erzielen sie 5,1 Prozent.

Bei der Europawahl holte Volt in Hamburg wie berichtet sogar sechs Prozent der Stimmen, bundesweit kam die Kleinpartei auf 2,5 Prozent. Damit erhält sie drei Sitze im Europaparlament. Einen Platz davon bekommt die Hamburger Volt-Politikerin Nela Riehl. Die 38 Jahre alte Deutschlehrerin aus Alstertal unterrichtete bis zum Wahlkampf an einer Hamburger Stadtteilschule.

Bundesweit ist Volt bei Jungwählern fast so beliebt wie die Grünen

Wie die Forschungsgruppe Wahlen mitteilte, punktete Volt bundesweit bei der Europawahl unter anderem bei einer besonders umworbenen Gruppe, nämlich bei den 16- bis 24-Jährigen: Acht Prozent dieser Jung- und Erstwählerinnen und -wähler stimmten für die Kleinpartei. Die Grünen, vor einiger Zeit noch besonders beliebt bei den Jungwählenden, liegen mit zehn Prozent in dieser Altersgruppe bei der Europawahl nur knapp vor Volt. Die SPD kommt hier auf neun Prozent. Spitzenreiter in der Gunst der unter 25-Jährigen sind allerdings mit CDU/CSU und AfD mit jeweils 17 Prozent.

Ob auch in Hamburg viele junge Frauen und Männer Volt gewählt haben und wie die anderen Parteien bei jungen und alten Wählern abgeschnitten haben, sei noch nicht analysiert worden, sagte Meike Johannsen, Vorständin des Statistikamts Nord, am Dienstag auf Nachfrage im Rathaus. Sie verwies auf die geplante repräsentative Wahlstatistik, die allerdings erst im September veröffentlicht werden soll.

Volt Hamburg hat etliche neue Mitgliedsanträge erhalten

Volt hat in Hamburg bisher gerade einmal 197 Mitglieder. Nach Angaben der Hamburger Volt-Co-Vorsitzenden Kira Junge liegen der Partei allerdings etliche noch unbearbeitete Mitgliedsanträge vor. Zum Vergleich: Der Hamburger SPD gehören mehr als 10.000 Menschen an. Zweitgrößte Partei in der Hansestadt ist die CDU mit knapp 6000 Mitgliedern; die Hamburger Grünen hatten zum Jahresbeginn 4399 Mitglieder.

Volt versteht sich ausdrücklich als europäische Partei, vertreten in 31 Ländern, zur Europawahl angetreten in 15 Ländern mit einem Programm, das eine „mutige Vision“ sei, wie sich die EU weiterentwickeln könne, sagt Kira Junge. Dazu gehört etwa die Forderung, ein transnationales Netz für erneuerbare Energien aufzubauen, das dazu beitragen soll, etwa Windkraft und Solarenergie überall in der EU bestmöglich zu fördern und nutzbar zu machen.

Volt will in der EU Bürokratie abbauen, um den Arbeitsmarkt zu verbessern

„Wir wollen dahin kommen, dass die Infrastruktur in der EU zusammenwächst, dass wir irgendwann eine europäische Regierung haben, dass wir uns gemeinsam als Europa wahrnehmen und nicht an den Grenzen haltmachen“, sagt Junge. Volt wolle in diesem Zusammenhang auch Bürokratie abbauen, wo es nötig sei, damit etwa ein Tischler aus Aachen auch in anderen Ländern arbeiten könne, „ohne für jeden Auftrag einen Steuerberater zu brauchen“.

Weitere große Themen für Volt seien Asyl und Migration. Die Themen Arbeitsmigration und Asylrecht würden häufig unzulässig miteinander vermengt, sagt Junge. Die Frage sei, wie die EU mit Geflüchteten menschlich umgehen und zugleich die mit Blick auf den Fachkräftemangel nötige Zuwanderung gut hinbekommen könne. Im Wahlkampf warb Volt etwa mit Plakaten, auf denen stand: „Wählen rettet Leben“. Das zielte auf die Seenotrettung ab, die es zu „entkriminalisieren“ gelte, wie Junge sagt. „Wir wollen, dass das Sterben im Mittelmeer aufhört.“

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Zudem verstehe Volt sich als Partei, die Potenziale der Digitalisierung nutzen will. Damit befasst sich etwa Antje Nettelbeck, Volt-Kandidierende im Bezirk Hamburg-Nord. Es gehe ihnen etwa darum, die digitale Verwaltung zu verbessern, zum Beispiel dahingehend, dass Betriebe und Unternehmen bestimmte Genehmigungen, etwa für eine Außengastronomie, weniger bürokratisch erhalten bzw. neu beantragen könnten als bisher, erläutert Junge.