Hamburg. Auszeichnung für Klima-Engagement: Als Ehren-Alster-Schleusenwärterin hatte die Aktivistin gleich die passenden Worte für Hamburg.
Neugierige Gäste des Restaurants Alex im Hamburger Alsterpavillon am Jungfernstieg versuchten am Dienstag einen Blick zu erhaschen. Was geht da im Untergeschoss vor? Dass Luisa Neubauer als neue Ehren-Alster-Schleusenwärterin ausgezeichnet wird, bleibt jedoch bis zur Ehrung ein wohl gehütetes Geheimnis. Sie ist die 40. und jüngste Hamburgerin, die jemals ausgezeichnet wurde.
Die Congregation der Alster-Schleusenwärter verleiht ihr diese Ehrung für ihren Kampf gegen den Klimawandel. Seit 2019 ist Luisa Neubauer das prominenteste Gesicht der Klimabewegung Fridays for Future in Deutschland.
„Als ich davon erfahren habe, konnte ich es gar nicht glauben. Es ist mir eine sehr große Ehre“, sagte die 28-Jährige. Neubauer habe ein ambivalentes Verhältnis zu solchen Auszeichnungen, es brauche nämlich mehr als nur eine Person, um Debatten zu führen und etwas zu verändern. Sie verstehe diesen Preis als einen kollektiven Preis für die Klimaaktivisten. Vergangenen Freitag hat Fridays for Future vor den Europawahlen erneut zu bundesweiten Protesten aufgerufen.
Luisa Neubauer in Hamburg für ihren Kampf gegen den Klimawandel ausgezeichnet
Neubauer habe eine herausragende Rolle in der deutschen Klimaschutzbewegung, begründete das Schleusenwärter-Komitee die Entscheidung. Die Hamburgerin habe auch mit ihren unzähligen Auftritten dazu beigetragen, „dass der Kampf gegen den Klimawandel gerade in Deutschland heute einen anderen Stellenwert hat als vor wenigen Jahren“. Ihre „Unerschrockenheit, Zielstrebigkeit und Uneigennützigkeit“ sei beeindruckend.
Hamburg sei in den letzten Jahren eines der Zentren von Fridays for Future geworden, sagte Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, der Teil des Auswahlkomitees ist. Auch das sei einer der Gründe für die Auszeichnung gewesen. Sie sei unbequem und nie zufrieden, das mache eine Aktivistin aus. Dabei setze sie sich außerdem der Gefahr öffentlicher Anfeindungen aus, sagte Haider.
Luisa Neubauer: Aktivismus bedeutet, den Punkt zwischen Naivität und Zynismus zu finden
In ihrer knapp 20-minütigen Rede lobte und mahnte Neubauer die Hansestadt gleichermaßen. „Hamburg ist eine Stadt, die ganz schön genau weiß, dass es nicht lange gut gehen kann, wenn man nur von der Welt lebt und nicht mit der Welt.“ Trotzdem hadere die Stadt damit, in die Zukunft zu gehen, und habe noch viel zu tun. „Die Schleusen nur zu warten, das reicht nicht mehr, denn das Wasser kommt“ – und sei im Zweifel stärker als wir, sagte die Klimaaktivistin.
„Es braucht die Wissenschaft, die uns sagt, womit wir rechnen können.“ Aktivismus bedeute für sie, nicht nur unzufrieden zu sein, sondern den Punkt zu finden zwischen der Naivität, dass uns irgendetwas schon retten werde, und dem Zynismus, dass alles schon verloren sei. Nur wenige Tage vor der Europawahl am 9. Juni rief Luisa Neubauer am Dienstag außerdem auf: „Um alles in der Welt, Hamburg, lasst uns Haltung zeigen!“
Ehren-Alster-Schleusenwärter seit 1981: Neubauer ist erst die elfte Frau
Ungefähr 80 Gäste waren vor Ort. Dazu gehörten Prominente wie Gerrit und Frederik Braun, die Gründer des Miniatur Wunderlands, und Rolf Zuckowski – allesamt ebenfalls Ehren-Alster-Schleusenwärter. Das Frauenquartett Salut Salon erhielt 2015 die Ehrung und sorgte am Dienstag für eine musikalische Darbietung. Auch die UKE-Forscherin Marylyn Addo war bei der Ehrung vor Ort. Sie war 2022 erst die zehnte Frau, die ausgezeichnet wurde. Mit Luisa Neubauer gibt es nun eine weitere Preisträgerin. „Ich glaube, da starten wir heute eine Kehrtwende“, sagte die 28-Jährige.
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Seit 1981 wird der Titel Ehren-Schleusenwärter verliehen. Da die Freie und Hansestadt Hamburg keine Orden vergibt, hat sich die Congregation der Alster-Schleusenwärter zum Ziel gesetzt, herausragende Persönlichkeiten, die im weitesten Sinne die „Schleuse“ für die Hansestadt öffnen, auszuzeichnen. Luisa Neubauer wurde am Dienstag eine Freikarte für die Alstertouristik, eine Plakette sowie eine Urkunde auf Papier und Blech übergeben. Die Blech-Urkunde soll draußen am Alsterpavillon angebracht werden.