Hamburg. Warum das Quartett Salut Salon eigentlich aus zehn Frauen besteht und was hinter ihrem großen Erfolg auf der ganzen Welt steckt.
Wer glaubt, Angelika Bachmann zu kennen, täuscht sich gewaltig: Die Gründerin von Salut Salon ist nicht nur eine extrem erfolgreiche Musikerin, sondern auch Coach, Psychologin und engagiert sich überall auf der Welt für das Wohl von Kindern. In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht die Geigerin, die mit Salut Salon im Juli fünf Konzerte im Thalia Theater (12., 13., 14., 18. und 19. Juli) gibt, über eine Grundschulzeit, die sie nicht hatte, über sieben Stunden Geige üben pro Tag – und ein besonderes Lebensziel. Zu hören unter www.abendblatt.de/entscheider.
Das sagt Angelika Bachmann (51) über …
… ihre Befreiung als Kind von der Grundschule: „Daran war das Abendblatt nicht ganz unbeteiligt! (lacht). Nachdem meine Eltern mir, etwas widerwillig, zum vierten Geburtstag eine Geige geschenkt hatten, überlegten sie nun, wer mir das Instrument beibringen könnte. Da beide bis dahin mit Musik nichts am Hut gehabt hatten, durchsuchten sie die Kleinanzeigen des Abendblatts nach Angeboten für Geigenunterricht. So bin ich schließlich bei dem renommierten Professor Goldstein gelandet, der dann, gemeinsam mit meinen Eltern, beim Hamburger Senat eine Schulbefreiung für mich erwirkt hat. Eine solche Befreiung hatte es bis dahin wohl noch nie gegeben. Für das Nötigste kam zweimal die Woche eine Hauslehrerin in unsere Wohnung, ansonsten habe ich den ganzen Tag Geige geübt. Das war sehr effizient – aber nicht schön, so ganz ohne Freundinnen.
… den Deal, der sie trotz Geige aufs Gymnasium brachte: „Ich wollte auch all das, was meine drei großen Geschwister so machten und hatten: Schulranzen, Pausenbrot, Freunde treffen, Fußball spielen … Also habe ich meinem Professor einen Deal vorgeschlagen: Ich übe schon vor der Schule drei Stunden und mache nach der Schule direkt weiter mit der Geige, dann reicht die Zeit für beides. Er hat nicht daran geglaubt, aber es hat geklappt. Ab der fünften Klasse bin ich also ganz normal aufs Gymnasium gegangen. Zumindest fast normal: Ich war bis dahin nur Einzelunterricht gewohnt und habe ständig Dinge getan, die für meine Mitschülerinnen und Mitschüler völlig schräg gewesen sein müssen: Dem Lehrer die Tasche vom Lehrerzimmer in den Klassenraum tragen, mich ständig melden - das kam nicht gut an! (lacht) Aber ich glaube, es gab trotzdem keine glücklichere Schülerin in ganz Hamburg als mich!“
… ein Lebensziel, das sie gar nicht hat: „Als kleines Kind hatte ich tatsächlich ein Ziel: Ich wollte schön Geige spielen können. Hätte mir damals jemand gesagt, wie lange es bis dahin dauert, dann hätte ich es mir vielleicht anders überlegt (lacht). Ansonsten habe ich für mein Leben nie große Pläne gemacht. Nach der Schulzeit habe ich beispielsweise mehrere Fächer studiert, aber keines davon mit einem bestimmten Berufsziel. Ich fand sie einfach interessant und spannend, und aus manchen ist dann später einfach etwas Berufsartiges entstanden. Heute arbeite ich tagsüber oft als Coach oder als Psychologin, was inzwischen auf Tour sehr gut virtuell möglich ist, dann geht’s zum Soundcheck und anschließend auf die Bühne. Das macht mir alles großen Spaß. Vielleicht ist das tatsächlich ein Talent von mir: Wann immer ich etwas tue, habe ich sehr schnell Freude daran, egal ob als Musikerin, als Coach, in unseren sozialen Projekten – oder auch schon damals als Schülerin an der Supermarktkasse.“
… die Frage, wie viel sie jeden Tag Geige spielt: „Ich spiele nach wie vor einfach sehr, sehr gern Geige. Sieben Stunden pro Tag sind keine Seltenheit. Fürs reines Üben braucht es dabei aber gar nicht zwingend ein Instrument, das geht auch mental, indem ich die Musik im Kopf durchgehe. Das funktioniert glücklicherweise überall, beispielsweise auf langen Bahnreisen.“
… ihr Engagement für Kinder in Hamburg und auf der ganzen Welt: „Ich bin sehr dankbar dafür, dass man mich als kleines Kind mit meinem Geigen-Wunsch am Ende wirklich ernst genommen hat und ich lernen durfte, mich über die Musik auszudrücken. Das ist ein unglaubliches Geschenk, das ich unbedingt weitergeben möchte. Deshalb versuche ich, so vielen Kindern, wie ich kann, den Zugang zur Musik zu ermöglichen. Ganz besonders Kindern, die aus weniger privilegierten Verhältnissen stammen.“
… ihre Arbeit als Coach und warum sie von Nordstern-Fantasien wenig hält: „Ich wundere mich immer, wenn ich andere Leute oder Firmen coache, die sich an einem Drei-Jahres-Plan oder einem Nordstern orientieren und angesichts dieses riesigen, weit entfernten Ziels völlig ihr tägliches Tun aus dem Blick verlieren. Ein Nordstern ist schön und gut, hilft aber nur, wenn er ganz konkret in den Alltag übersetzt und wirklich gelebt wird. Mein persönliches Empfinden ist: Geh mit dem Flow, mach das, was du machst, so gut und leidenschaftlich, wie du kannst, dann wird sich daraus vieles ergeben. Ich glaube, dass man oft viel schneller vorankommt und auch zufriedener ist, wenn man jeden Tag einfach das tut, was man für richtig hält – anstatt einmal pro Jahr im Strategie-Meeting vom Nordstern zu träumen.“
… Salut Salon und das einfache Erfolgsgeheimnis: „Wir sind ein Quartett aus zehn Frauen: Wer gerade im Kreißsaal liegt, Kita-Eingewöhnung hat oder den Mann zu Hause mal etwas entlasten muss, wechselt sich ab, nur ich als Gründerin bin zumindest in Deutschland immer dabei. Unser Erfolgsgeheimnis auf der Bühne ist ganz einfach: Wir haben einen unglaublichen Spaß an dem, was wir machen. Und diese Freude überträgt sich offenbar bis in die letzte Reihe.“
Entscheider treffen Haider
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… Auslandskonzerte, die in den jeweiligen Sprachen moderiert werden: „Wir spielen etwa 100 Konzerte im Jahr, viele davon im Ausland. Jetzt gerade sind wir zum Beispiel auf dem Sprung in die Türkei, kurz darauf geht es dann nach Frankreich und in die Niederlande. Das Publikum in den verschiedenen Ländern ist sehr unterschiedlich, und das genießen wir total. Dabei ist es uns wichtig, dass die Menschen uns verstehen, deshalb moderieren wir das Programm in der dortigen Landessprache. In New York oder Paris ist das noch gut machbar, in China und Korea wird es dann schon schwieriger. Lustigerweise kommen die Leute nach dem Konzert immer für einen Smalltalk auf uns zu und denken, wir könnten tatsächlich Chinesisch sprechen – dann fliegen wir natürlich auf!“ (lacht)