Hamburg. Große Demo am Sonnabend: Bündnis „Bildungswende jetzt!“ fordert „nationalen Bildungsgipfel“ und Ausbildungsoffensive für Lehrkräfte.

  • Demonstration in Hambugr am 1. Juni auf dem Gänsemarkt
  • Bündnis forder sofortige Ausbildungsoffensive für Erzieher, Erzieherinnen und Lehrkräfte.
  • Bis 2035 fehlen rund 160.000 Lehrkräfte.

Ein breites Bündnis von Hamburger Bildungsorganisationen ruft unter dem zweisprachigen Motto „Bildung. goes Democracy“ zu einer Demonstration am 1. Juni von 14 Uhr an auf dem Gänsemarkt auf. „Es fehlen bundesweit Zehntausende Erzieher und Erzieherinnen sowie Lehrkräfte und Hunderttausende Kitaplätze. Die strukturell manifestierte Bildungsungerechtigkeit steigt immer weiter, und auch in Hamburg bleiben wir davon nicht verschont. Diese Bildungskrise betrifft uns alle“, heißt es im Demo-Aufruf der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hamburg.

Die Hamburger Kundgebung ist Teil des bundesweiten Bündnisses „Bildungswende jetzt!“, das eine Online-Petition mit dem Ziel gestartet hat, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Absprache mit den Ministerpräsidenten der Länder aufzufordern, bis Ende 2024 „einen nationalen Bildungsgipfel auf Augenhöhe, bei dem wir als Bildungsbetroffene zu Wort kommen“, einzuberufen. „Auf gemeinsame Lösungen durch die Kultusministerkonferenz ist kein Verlass. Deswegen muss Bildung Chefsache werden“, heißt es in der Petition weiter, in der auch daran erinnert wird, dass die Ampel-Parteien in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben, einen solchen „nationalen Bildungsgipfel mit Zivilgesellschaft“ einzuberufen, dies aber bislang nicht umgesetzt haben.

Bildung Hamburg: Die „Bildungskrise“ bedrohe den gesellschaftlichen Zusammenhalt

Inhaltlich fordert das Bündnis „Bildungswende jetzt!“ in seiner Petition „eine sofortige Ausbildungsoffensive für Erzieher, Erzieherinnen und Lehrkräfte, die attraktive Ausbildungsbedingungen schafft, moderne Bildungsinhalte vermittelt, inklusive Bildung ermöglicht und gut auf die Realität im Arbeitsalltag vorbereitet“. Laut der Petition fehlen bundesweit aktuell 300.000 Erzieher und bis 2035 rund 160.000 Lehrkräfte. „Die Bildungskrise und der Personalmangel bedrohen den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Viele Menschen fühlen sich abgehängt. Schon jetzt verlassen ca. 50.000 junge Menschen jährlich die Schule ohne Abschluss“, heißt es weiter.

Laut „Bildungswende jetzt!“ hat die Kultusministerkonferenz (KMK) „nach Jahren der Ineffizienz und des Verantwortungs-Pingpongs“ versäumt, dringend erforderliche Bildungsreformen anzustoßen. „Immer mehr Jugendliche berichten von Depressionen und Schulangst. Das ist nicht verwunderlich: Lernstress, Leistungsdruck, veraltete Lehrpläne, Stress in der Klasse“, heißt es in der Petition, die von einem „kaputten Bildungssystem“ in Deutschland spricht.

Das Bündnis fordert die Schule für alle und ein inklusives Schulsystem

In Hamburg unterstützen neben der GEW das Kitanetzwerk Hamburg, die Schüler- und Elternkammer, die Gewerkschaft Ver.di, der Verband für Stadtteilschulen /GGG, der Türkische Elternbund sowie Greenpeace und der Nabu den Aufruf. „Die Elternkammer Hamburg ist fest davon überzeugt, dass eine enge Zusammenarbeit mit ,Bildungswende jetzt! Hamburg‘ entscheidend ist, um positive Veränderungen im Bildungssystem unserer Stadt voranzubringen“, sagt die Elternkammer-Vorsitzende Simone Kohl. „Durch eine koordinierte Zusammenarbeit möchten wir unsere Kräfte bündeln und uns gemeinsam für eine Bildungspolitik einsetzen, die auf Chancengerechtigkeit, Inklusion und individueller Förderung beruht“, heißt es in einer Mitteilung der Elternkammer. Gemeinsames Ziel sei es, „die Schule von morgen so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen und Potenzialen aller Schülerinnen und Schüler gerecht wird“.

Mehr zum Thema

Das Bündnis „Bildungswende jetzt! Hamburg“ hatte in einem offenen Brief an Ksenija Bekeris (SPD) nach ihrer Wahl zur Schulsenatorin im Januar dieses Jahres deutlich gemacht, worum es ihm inhaltlich geht: ein inklusives Schulsystem und eine Schule für alle. „Die soziale Spaltung in der Gesellschaft nimmt in der Bildung ihren Anfang. Kinder streben danach, aufs Gymnasium zu gehen, weil da die ,guten Kinder‘ sind“, schreibt das Bündnis. „Eltern versuchen notfalls mit einem Bürgerentscheid die Bedingungen an Gymnasien nach ihren Vorstellungen zu verändern, obwohl es an der Stadtteilschule diese Bedingungen (mehr Zeit zum Lernen) bereits gibt“, heißt es in Anspielung auf die Volksinitiative „G9 Hamburg“, die unter anderem die Verlängerung der Schulzeit am Gymnasium von acht auf neun Jahre zum Ziel hat.

Bildung Hamburg: Am 20. Juni soll die Petition Bundeskanzler Scholz übergeben werden

„Was hier deutlich wird und auch ausgesprochen werden muss, ist, dass das Zwei-Säulen-System eine soziale Selektion darstellt, denn Sprachprobleme, Lernschwierigkeiten, herausforderndes Verhalten und prekäre Lebenssituationen schultern die Stadtteilschulen in deutlich größerem Maße als die Gymnasien“, heißt es in dem offenen Brief des Bündnisses an die Schulsenatorin. Nur mit einer Schule für alle könne es „gerechte Bildung geben, unabhängig von Herkunft, Elternhaus oder Geschlecht“.

Die Initiatoren wollen die Petition „Bildungswende jetzt!“ am 20. Juni Bundeskanzler Scholz bei seinem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder übergeben. Bislang haben 80.000 Unterstützer den Aufruf unterzeichnet. Ziel des Bündnisses sind mindestens 100.000 Unterschriften.