Hamburg. Arbeitskampf für eigenen Tarifvertrag: Große Mehrheit am Tabea hat sich für Streik entschieden. Die Krankenhäuser stehen unter Druck.
Klassenkampf in Blankenese: Am Donnerstag ziehen Ärztinnen und Ärzte des Tabea-Krankenhauses durch die Elbvororte, um auf die Bezahlung und einen fehlenden Tarifvertrag an der kleinen, aber gut beleumundeten Klinik aufmerksam zu machen. Nach zwei Warnstreiks kommt es nun zu einem sogenannten Erzwingungsstreik. Er soll nach Angaben der Ärztegewerkschaft Marburger Bund dazu führen, dass die Geschäftsführung des Tabea und der Eigner, das Unternehmen Artemed, „auf Augenhöhe über faire Arbeitsbedingungen verhandelt“.
Wie die Geschäftsführerin der Gewerkschaft, Katharina von der Heyde, dem Abendblatt sagte, gebe es am Tabea keinen arztspezifischen Tarifvertrag. Der Arbeitgeber berufe sich darauf, ein „kirchlicher Träger“ zu sein.
Eine Sprecherin von Artemed erklärte dem Abendblatt, das Unternehmen sei ein Klinikträger, „dem überwiegend Krankenhäuser angehören, die sich ehemals in kirchlicher Trägerschaft befanden und auf teils jahrhundertealte Traditionen einer christlich geprägten Kultur zurückblicken“. Die vor der Übernahme katholischer Häuser gültige Arbeitsrichtlinie (AVR Caritas) sei in Bezug auf „Gehaltshöhe und Entlohnungsstruktur anderen Tarifwerken wie dem TVöD oder dem Tarifvertrag des Marburger Bundes“ vergleichbar. Es gebe eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat, dass in den neu hinzugekommenen Häuser eine „gleichartige Entlohnung“ gelte.
„Die Ober- und Chefärzte verhandeln individuell, werden aber mindestens tarifgleich analog zu der betrieblichen Vereinbarungen vergütet. So wird niemand schlechter gestellt als der andere – und als es der Vertragsrahmen des AVR vorsieht.“ Der Marburger Bund dränge sich „von außen“ in eine „transparentes und gelebtes Tarifwerk“. Artemed empfinde das als respektlos.
Die von Tabea-Ärzten thematisierte Streikbruch-Prämie des Unternehmens gebe es nicht. Allerdings könne es Bonus geben „für Personen, die aus der Freizeit heraus kurzfristig einspringen“. Der sei aber losgelöst vom Streik.
Hamburg-Blankenese: Ärztestreik am Tabea
„Meiner Meinung nach haben wir es hier mit einem Unternehmen zu tun, das in den letzten Jahren systematisch kleinere, meist kirchliche Krankenhäuser übernommen hat und durch untertarifliche Bezahlung der Ärzteschaft versucht, höhere Gewinne zu erzielen“, sagte von der Heyde. Die rund 60 Ärztinnen und Ärzte des Hauses haben sich in einer Urabstimmung zu 88 Prozent für den Streik ausgesprochen. Sie verlangen neu ausgehandelte Regelungen für die Wochenarbeitszeit, Rufbereitschaften und weitere Arbeitsbedingungen, wie sie in den übrigen Hamburger Krankenhäusern gelten.
Die Hamburger Klinikärzte hatten zuletzt erstreikt, dass es in zwei Tranchen ein Gehaltsplus von 8,8 Prozent gibt plus eine steuerfreie Einmalzahlung von insgesamt 2500 Euro. Hier startet die nächste Gehaltsrunde wieder im Juli 2024. Die Krankenhäuser stehen derzeit vor großen finanziellen Herausforderungen, weil sie trotz Inflation ihre „Preise“ nicht entsprechend anheben können. Die Vergütungen der Krankenkassen sind nicht im selben Maße gestiegen. Zudem gefährdet die Krankenhausreform von Bund und Ländern möglicherweise einige Häuser in ihrer Existenz.
Demo in Blankenese: Hier laufen die Ärztinnen und Ärzte
Das Tabea in Blankenese ist eine Spezialklinik, die orthopädische Behandlungen anbietet sowie ein Hauttumorzentrum ist. Die Krankenhausreform zielt darauf ab, spezielle Therapien vor allem in ausgewiesenen Zentren machen zu lassen und nicht mehr von jeder Klinik.
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Bei der Demo wird der Ärztezug mit dem Hamburger MB-Vorsitzenden Dr. Pedram Emami vom Tabea ab 12 Uhr über die Kösterbergstraße und Rissener Landstraße zum Erik-Blumenfeld-Platz laufen, wo es um 12.45 Uhr eine Kundgebung geben soll.