Hamburg. Zwei Männer im Prozess vor dem Landgericht angeklagt. Schläge, Schmerzen, Qualen: 46-Jährige schildert, wie sich die Tat abspielte.
Da waren die Schläge, die auf ihn niederprasselten. Da war ein Mann, der auf seinem Rücken kniete. Und er verspürte heftige Schmerzen an den Rippen und am Kopf.
Es sind nur noch Bruchstücke, die Piotr W. von jener qualvollen Zeit weiß, als der damals 43-Jährige über viele Stunden misshandelt wurde und am Ende mehr tot als lebendig liegen gelassen wurde. Vieles ist verwischt, manches ganz ausgelöscht. „Manchmal habe ich Gedächtnisschwund. Ich erinnere mich schlecht an Dinge“, sagt der Zeuge im Prozess vor dem Landgericht, in dem sich zwei Männer wegen der Geschehnisse in einer Monteurswohnung verantworten müssen. Es geht unter anderem um versuchten Mord.
Prozess Hamburg: Angeklagter soll „Freude am Quälen“ gehabt haben
Seine Probleme mit dem Gedächtnis, meint Piotr W., seien wohl Resultat der damaligen Misshandlungen. Andere sichtbare Folgen sind kahle Stellen an seinem Kopf, da, wo er seinerzeit schwere Verletzungen erlitten hatte. „Auch nachdem ich das Krankenhaus verlassen hatte, ist das so geblieben.“
In dem Prozess vor dem Landgericht wirft die Staatsanwaltschaft einem der Angeklagten versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor. Sein mutmaßlicher Komplize ist unter anderem wegen Beihilfe zum versuchten Mord angeklagt.
Opfer soll über mehrere Stunden dauerndes Martyrium erlitten haben
Den Ermittlungen zufolge hat der heute 46 Jahre alte Piotr W. vom 14. bis 15. August 2021 ein über viele Stunden dauerndes Martyrium durchlitten. In der Anklage ist von „Gewaltfantasien“, von der „Freude am Quälen“ und einer Tötungsabsicht die Rede, die zumindest einer der Angeklagten gehabt habe. Der Angriff sei heimtückisch und grausam gewesen.
Laut Anklage schlief Piotr W. damals in einem Zimmer einer Monteurswohnung, die er zusammen mit anderen bewohnt, als er plötzlich Opfer eines massiven Angriffs wurde. Zunächst habe Lukas D. gemeinsam mit einem anderen, gesondert verfolgten Mann den damals 43-Jährigen mit Schlägen und Tritten traktiert. Außerdem sollen sie den Mann mit Möbelstücken beworfen haben. Dabei soll es Lukas D. darum gegangen sein, seine aggressiven Gewaltfantasien auszuleben. Zudem habe er billigend in Kauf genommen, dass das Opfer tödlich verletzt wird.
Anklage: Am Ende brach das Opfer bewusstlos zusammen
Erst als die Angreifer wegen der Möbelstücke, die im Zimmer herumliegen und den Weg blockieren, nicht mehr gezielt auf ihr Opfer einwirken konnten, sollen sie von diesem abgelassen haben, so die Anklage. Der 43-Jährige trug demnach unter anderem drei Rippenfrakturen, eine Platzwunde sowie Hämatome davon.
Auch am Nachmittag des Folgetages sollen die Quälereien für das Opfer weitergegangen sein. Lukas D. und der mitangeklagte Dawid B. seien nun gemeinsam mit zwei weiteren Männern in der Küche der Wohnung erneut auf den 43-Jährigen getroffen. Jetzt habe Lukas D. mehrfach auf den Mitbewohner eingetreten. Währenddessen sollen Dawid B. sowie ein dritter, gesondert verfolgter Mann tatenlos zugesehen haben. Er habe die Gewalttätigkeiten, bei denen das Opfer am Ende bewusstlos zusammenbrach, gebilligt, wirft die Anklage Dawid B. vor.
Bundesgerichtshof hob ein früheres Urteil auf
Der Fall wurde schon einmal vor Gericht verhandelt. Ein früheres Urteil gegen die beiden Männer war teilweise vom Bundesgerichtshof (BGH) aufgehoben worden. Zuvor hatte eine andere Strafkammer gegen den Angeklagten Lukas D. eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und zehn Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen verhängt.
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Der Mitangeklagte Dawid B. erhielt wegen unterlassener Hilfeleistung zehn Monate Gefängnis. Dagegen war die Staatsanwaltschaft erfolgreich in Revision gegangen. Sie ist davon überzeugt, dass ein Tötungsvorsatz nachzuweisen ist. Der Prozess ist vorerst bis Juli terminiert.