Hamburg. Für Opfer ist es eine besonders traumatische Erfahrung, wenn der Einbrecher ihnen so nahekommt. Angeklagter spricht von „Fehler“.
Am Morgen kam der Schock. Ihr Schmuck war gestohlen, stellte Magdalena R. fest. Und neben dem Verlust ihrer liebsten Wertsachen gab es eine weitere traumatische Erfahrung: Der Einbrecher muss auf der Suche nach Beute in ihr Heim eingedrungen sein – während die 58-Jährige und ihr Mann zu Hause waren. Zurück bleibt die Angst, im eigenen Zuhause nicht mehr sicher zu sein. „Ich konnte nicht mehr schlafen“, erzählte das Opfer.
Jetzt erging in einem Prozess vor dem Landgericht das Urteil gegen einen 22-Jährigen, dem mehrere Einbrüche vorgeworfen wurden, unter anderem im Haus von Magdalena R.. Der Angeklagte erhielt vom Gericht eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten Haft, unter anderem wegen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls sowie Diebstahls. Zugleich wurde die Einziehung von 10.220 Euro angeordnet, wegen der Wertsachen, die er erbeutet hatte.
Prozess Hamburg: 22-Jähriger stieg in mehrere Häuser und Wohnungen ein
Dem Angeklagten wurden im Prozess mehrere Taten im Zeitraum zwischen Juli und September vergangenen Jahres vorgeworfen. In einigen Fällen soll er Türen oder Fenster aufgehebelt, in anderen aber beispielsweise durch eine offene Terrassentür ins Haus gelangt sein. Der 22-Jährige hatte die Taten im Wesentlichen eingeräumt. „Er weiß, dass er einen Fehler begangen hat“, sagte die Verteidigerin im Namen ihres Mandanten.
Der Prozess hatte deutlich gemacht, was Opferschützer vom Weissen Ring immer wieder von Betroffenen hören: Wenn Einbrecher in eine Wohnung oder ein Haus eingedrungen sind, geht den Opfern meist viel mehr abhanden als Wertsachen wie Schmuck oder Bargeld. Was ebenfalls schwindet, ist die Sicherheit – das Gefühl, in seinem Zuhause geborgen zu sein. Viele Opfer sind so traumatisert, dass sie psychologische Hilfe brauchen. Manchen erscheint es sogar unerträglich, weiterhin in der Wohnung zu bleiben. Sie wollen unbedingt umziehen, in ein Zuhause, wo sie nicht in jedem Zimmer und in jedem Winkel an den Einbruch erinnert werden.
Einbruch in Wohnungen: Opfer berichtet vom „Schock“, den es erlebte
Magdalena R., deren Zuhause von dem 22-jährigen Einbrecher durchsucht worden war, hat genau diese Erfahrung gemacht. Es sei damals „ein Schock“ gewesen zu erfahren, dass Fremde in ihrem Haus waren und in ihren Sachen gewühlt hatten, erzählte die Zeugin. Sie fühlte sich durch das Erlebnis so beeinträchtigt, dass sie vier Wochen krankgeschrieben war. Als sie vor Gericht die Tat schildern sollte, musste die 58-Jährige weinen. Insgesamt sei an jenem Julitag Schmuck im Wert von etwa 10.000 Euro gestohlen worden, unter anderem Erbstücke, erzählte sie. „Weil der Schmuck von meinen Eltern war, ist das nicht wieder gutzumachen.“
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Immer wieder betreut die Opferschutzorganisation Weisser Ring auch solche Menschen, die Opfer eines Einbruchs geworden sind. Viele Menschen erlitten „ein Trauma“, sagt Kristina Erichsen-Kruse, stellvertretende Hamburg-Vorsitzende des Weissen Rings. „Unsere Erfahrung ist, dass ein Einbruch mit durchwühlter Einrichtung häufig genau die gleichen traumatischen Folgen hat wie eine Gewalttat. Da gibt es oft keine Unterschiede. Die Opfer brauchen definitiv Hilfe, möchten am liebsten umziehen.“
Wohnungseinbruch: So hilft die Opferschutzorganisation Weisser Ring
Dies sei aber häufig wegen der angespannten Wohnungslage in Hamburg nicht möglich. Der Weisse Ring könne Opfer unter anderem unterstützen, indem eine Sicherung der Wohnung der Betroffenen koordiniert und bezahlt werde. Da gehe es dann „um einen Riegel an der Tür, abschließbare Griffe an den Fenstern“ und weitere Sicherungen.