Hamburg. Wurden die Dimensionen des Neubaus „geschönt“? Initiative Sternbrücke klagt weiter. Die Deutsche Bahn reagiert auf die Vorwürfe.
Die Hamburger Initiative Sternbrücke gegen den geplanten Neubau der viergleisigen Überführung an der Stresemannstraße/Max-Brauer-Allee hat der Deutschen Bahn Tricksereien in der Simulation und der fotorealistischen Darstellung der neuen Brücke vorgeworfen. Nach den Plandaten der Bahn sehe der Neubau der Sternbrücke im Straßenraum und im Vergleich zu den Gebäuden deutlich größer aus, als die Bahn es auf ihren Abbildungen darstelle. Zum Vergleich hat die Initiative eigene Fotos erstellt, in die der Neubau hineinkopiert wurde.
Für die Berechnungen zu den Dimensionen der neuen Sternbrücke wurde das Büro WP-Ingenieure beauftragt. Das renommierte Winterhuder Planungsbüro hatte bereits mit der Initiative die „schlanke“ Brückenalternative des Architekten Prof. Karsten Brauer durchgerechnet und in den vorhandenen Straßenraum eingeplant. Einer der Sprecher der Initiative, Axel Bühler, sagte am Dienstag: „Die Visualisierungen, mit denen die Bahn arbeitet, sind geschönt.“ Die Darstellungen der Brückenbauer seien etwa um ein Drittel zu klein dimensioniert. Auf den Bildern des Planungsbüros wirkt der Neubau mächtiger und klotziger als bei der Bahn-Simulation.
Sternbrücke Hamburg: Wurden die Visualisierungen der Bahn „geschönt“?
Ein Bahn-Sprecher erklärte dem Abendblatt dagegen, die Grundlage für das Modell der Initiative sei nicht bekannt. „Im Planungsverlauf gab es Anpassungen bei der Dimension der Brücke, daher wurden auch die Visualisierungen immer wieder aktualisiert.“ So sei im Jahr 2019 die Scheitelhöhe des Bogens um etwa drei Meter reduziert worden. Die Bögen seien nach innen geneigt worden. Im Jahr 2022 habe das Planungsbüro Ney & Partner die Bogenform „weiter optimiert“. Der Neubau sei schlanker gestaltet, es sei an den Querverbindungen Bogenmaterial eingespart worden.
Die Bahn wolle mit den Visualisierungen ein „realistisches Bild“ vermitteln. „Grundsätzlich wird dafür häufig eine Perspektive gewählt, die möglichst viel vom Umfeld zeigt, sodass Bauwerke im Kontext abgebildet werden. Dadurch kann sich die Perspektive bzw. der Winkel ändern.“ Nach aktuellem Planungsstand sei der höchste Punkt des Brückenbogens 25,67 Meter über dem Boden (Brückenhöhe 21,17 m plus Durchfahrtshöhe 4,50 m). Die Breite des Neubaus betrage 24 Meter, die Länge 108 Meter.
Bildervergleich: Welche neue Sternbrücke ist realistisch?
Die Initiative und Denkmalschützer fürchten die Verschattung eines ganzen Quartiers. Kristina Sassenscheidt vom Denkmalverein wies darauf hin, dass auch das Denkmalschutzamt nie den Abriss der geschützten Häuser genehmigt habe. Die Bahn erklärte stets, diese Version der neuen Brücke müsse gewählt werden, um den Anforderungen aus dem Hamburger Senat gerecht zu werden.
Deutsche Bahn siegt vor Hamburger Oberverwaltungsgericht
Dabei geht es vor allem um das sogenannte „Aufweitungsverlangen“ der Verkehrsbehörde, die den Raum unter der Brücke besonders auf der viel befahrenen Stresemannstraße neu ordnen will. Wie genau, das soll noch mit einer Bürgerbeteiligung geklärt werden.
Allerdings steht fest, dass die „Strese“ zur Brücke hin und kurz dahinter erheblich breiter werden soll. Die derzeitigen Brückenstützen im Straßenraum müssen deshalb weg. Unter diesen Voraussetzungen, sagen quasi alle Experten, kann die neue Brücke nur eine Variante sein, die lang und wuchtig auf den beiden Enden ruht, die mit viel Beton ausgefüllt werden. Hier waren unter anderem die Sternbrücken-Clubs wie der Waagenbau beheimatet. Und deshalb müssen auch mehrere Gebäude weichen.
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Im Eilverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht war die Initiative mit ihrer Klage gegen das Planfeststellungsverfahren zunächst gescheitert. Dennoch wollen die Neubau-Gegner ihre Klage in der Hauptsache weiterführen, wie Initiativen-Sprecherin Marlies Thätner betonte. „Die politisch Verantwortlichen sollten sich fragen, ob sie die Quittung für diese Fehlplanung bekommen wollen.“
Die Initiative machte den Senat und die damals (Anfang 2020) noch nicht von Anjes Tjarks (Grüne) geführte Verkehrsbehörde für eine „Planung ohne Alternativen“ verantwortlich. Thätner sagte: „Wir wollen hier offensichtlich eine andere Stadt als der rot-grüne Senat.“ Man wirke auf einen Baustopp, eine Beteiligung der Öffentlichkeit und eine Neuplanung hin.
Sternbrücke: Unterlagen zur Klage und Dokumente im Internet
Michael Jung von Prellbock Altona, dem Verein, der die Klage für die Initiative führt, lobte sogar die Bahn: „Man sieht am Verhalten der Bahn, dass sie Punkte zur Kenntnis nehmen und lernen.“ Bei den Planungen für die Norderelbbrücke habe man zum Beispiel einen internationalen Planungswettbewerb ausgerufen. „Und die Brücke Holstenstraße wird saniert, so, wie wir es für die Sternbrücke gefordert haben.“
Initiative Sternbrücke und Prellbock haben die Klage und alle verfügbaren Unterlagen, Zeichnungen und Begründungen ins Internet gestellt. Axel Bühler sagte: „Jeder kann nachgucken, was wir zeigen. Wir könnten die Brücke neu planen – es wird nur nicht gemacht.“