Hamburg. Apple & Co: Wie Fehler bei Regenvorhersagen zustande kommen, woher die Wetterdaten stammen und was ein Meteorologe dazu sagt.

  • Kostenlose Apps sagen Wetter oftmals falsch oder ungenau voraus
  • Viele iphone-Nutzer klagen über falsche Vorhersagen
  • Welche Daten die einzelnen Wetter-Apps benutzen

Hamburg, 11. April, 10 Uhr, der Himmel über der Hansestadt ist grau – aber wird es Niederschlag geben? Ein Blick aufs Handy. Die Wetter-App des iPhone meldet: „Regen erwartet gegen 11 Uhr.“ Die Wahrscheinlichkeit dafür liege bei 35 Prozent, zeigt die Software an. Tatsächlich fallen aber schon um 10.05 Uhr die ersten Tropfen, zumindest in einem Viertel nahe der Hamburger Innenstadt. 17. April, 18.50 Uhr: kein Niederschlag laut Apples App – und doch regnet es.

Es sind wohl keine Einzelfälle: Dass die firmeneigene kostenlose Wettervorhersage an manchen Tagen offenbar ungenaue Angaben macht, treibt etliche iPhone-Besitzer um. „Warum tut sich die Apple-Wetter-App in Deutschland mit der Vorhersage von Niederschlag so schwer? Jedes Mal stehe ich im Regen, und die Apple-Wetter-App zeigt ‚bewölkt mit 0 Prozent Niederschlagswahrscheinlichkeit‘“, schreibt etwa Mitte März ein Nutzer an die Apple Support Community. In diesem Onlineforum helfen sich Kunden gegenseitig.

Wetter-App von Apple: iPhone-Nutzer beklagen Ungenauigkeiten bei Vorhersage

Ein anderer Nutzer kritisiert im Forum des Portals Computer Base über Apples Wetter-App: „Mir fällt gerade hinsichtlich Niederschlag immer wieder auf, dass sie superkrass danebenliegt. Heute Morgen z. B. stand da: 0% Regenwahrscheinlichkeit. Seit ich aus dem Haus bin, regnet es durch.“ In dem Forum „MacUser.de“ schimpft ein weiterer iPhone-Nutzer: „Ständig falsche Wettervorhersagen, seit Stunden Regen, und die App zeigt ‚bewölkt‘ usw. Tausendmal am Tag wird die Vorhersage neu berechnet und ist plötzlich völlig anders und falsch.“

Ähnliche Erfahrungen gemacht hat Frank Böttcher, Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft und Veranstalter des jährlichen Extremwetterkongresses in Hamburg. Die Apple-eigene Software gehöre „auf jeden Fall nicht zu den guten und verlässlichen Wetter-Apps“, sagt Böttcher.

Apple: Bei älteren iOS-Versionen werden womöglich Wetterdaten von The Weather Channel angezeigt

Mit klaren Nachteilen bei der Genauigkeit von Vorhersagen für Deutschland müssen iPhone-Besitzer rechnen, die noch die Betriebssystemversion iOS 15.2 oder eine ältere Version verwenden. Denn bei ihnen werden „möglicherweise“ einige vom US-amerikanischen Anbieter The Weather Channel bereitgestellte Temperatur- und Niederschlagsdaten angezeigt, wie Apple erklärt.

Auf die Frage, wie von Nutzern beschriebene ungenaue Vorhersagen der Apple-eigenen App auch in jüngeren iOS-Versionen zu erklären sind, geht Apples deutsche PR-Agentur allerdings nicht ein, sondern verweist darauf, dass die Wetter-App in Deutschland für Vorhersagen unter anderem Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sowie des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersagen (ECMWF) nutze. Mit Fragen zu Details möge man sich bitte an die „Datenquellen“ wenden.

Im Übrigen werde Apples Wetter-App aktuell im App Store des Konzerns mit 4,6 von 5 Sternen bewertet – diese Note ergebe sich aus mehr als 108.000 Bewertungen. Dort gibt es tatsächlich sehr viel Lob für die Software. Etliche Nutzer allerdings haben nur einen Stern vergeben.

Apple nutzt für seine Wetter-App auch Daten des Deutschen Wetterdienstes

Welche Daten des Deutschen Wetterdienstes Apples Wetter-App verwende, wisse der DWD nicht genau, sagt Markus Valk. Der Meteorologe steuert beim DWD die Entwicklung der hauseigenen Warnwetter-App. Er unterstützt Kritik speziell an Apples Wetter-App nicht. Ungenauigkeiten könnten bei allen Wetter-Apps vorkommen; die Qualität der Prognosen schwanke: „Mal liegt eine Wetter-App vorne, mal eine andere.“

Wohl alle bekannten Wetter-Apps nutzen Daten, die von sogenannten numerischen Wettervorhersagemodellen erzeugt werden. Dabei handelt es sich um komplexe Computerprogramme, die anhand aktueller Messdaten von Wetterstationen, Radargeräten und Satelliten berechnen, wie sich etwa Temperatur, Luftdruck, Wind und Niederschlag räumlich und zeitlich entwickeln könnten.

Meteorologe: „Es gibt nicht das eine herausragende Wettermodell“

Um eine Wettervorhersage für bestimmte Gebiete und Zeiträume zu erhalten, wird die Erde mit einem dreidimensionalen Gitternetz überzogen. An dessen Kreuzungspunkten führen die Computerprogramme ihre Berechnungen durch. Je kleiner die Maschenweite des Gitters ist, desto detaillierter kann die Wettervorhersage ausfallen.

Der DWD nutzt gleich vier Vorhersagemodelle, darunter ICON-D2, das Deutschland, die Schweiz, Österreich und Teile der übrigen Nachbarstaaten abdeckt. Dessen Maschenweite beträgt 2,1 Kilometer. Dagegen erreicht etwa das europäische Vorhersagemodell des ECMWF eine Auflösung von neun Kilometern. Deswegen sei ICON-D2 aber nicht zwangsläufig besser bei Vorhersagen für Deutschland, sagt Markus Valk. „Es gibt nicht die Formel und das eine herausragende Wettermodell“.

Auch Luftfahrt, Energieversorger, Landwirtschaft und Forscher nutzen Wetterdaten

DWD und ECMWF stellen ihre Daten auf Servern für jedermann frei zur Verfügung. Davon Gebrauch machen neben Luftfahrt, Seeschifffahrt, Winterdiensten, Landwirtschaft, Energieversorgern und weiteren Forschenden auch private Wetterdienste. Diese Unternehmen, unter ihnen Apple, könnten für ihre Vorhersagen weitere Daten hinzuziehen, sagt Valk. So ließen sich die Berechnungen des deutschen Modells ICON-D2 etwa mithilfe des sogenannten MOSMIX-Systems des Deutschen Wetterdienstes optimieren, auch für Hamburg.

Ob und wie private Anbieter solche ergänzenden Möglichkeiten nutzten, könne der DWD auch nicht nachvollziehen. Die unterschiedliche Nutzung und Aufbereitung je nach Anbieter könne aber ein Grund für die zeitweise deutlich voneinander abweichenden Vorhersagen sein, sagt Valk.

Ein Durchlauf wird alle drei Stunden neu berechnet

Hinzu komme: Mit den Wettervorhersagemodellen könnten nicht kontinuierlich Berechnungen stattfinden, da die Kapazität der genutzten Großrechner dafür nicht ausreiche. Die Berechnungen würden also nicht permanent an die aktuelle Wettersituation angeglichen, sondern nur mehrmals pro Tag. Auch deshalb könne man von Wetter-Apps nicht durchgehend präzise Ergebnisse erwarten. Ein Lauf des deutschen Modells ICON-D2 werde immerhin alle drei Stunden berechnet.

Dabei und bei den Berechnungen mit weiteren Modellen wie ICON-EU und ICON-Global entstehe eine „immense Datenmenge“, sagt Valk. Wetter-App-Entwickler müssten deshalb gut überlegen, welche Daten sie nutzen wollten und wie oft sie diese herunterladen. „Zudem müssen die Daten jedes Mal neu an die Apps übertragen werden.“

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Frank Böttcher rät, sich nicht auf eine einzige Wetter-App zu verlassen, ob von Apple oder anderen Anbietern. „Eigentlich braucht man mehrere Wetter-Apps, um einen Eindruck zu gewinnen.“ Doch auch damit lässt es sich nicht ausschließen, dass beispielsweise der vorhergesagte Sonnenschein ausbleibt, Schauer aufziehen und der geplante Fahrradausflug oder der Grillabend ins Wasser fallen.