Hamburg. Entscheidung wird aktuelle Bundesregierung voraussichtlich nicht mehr treffen. Was CDU-Abgeordneter Christoph Ploß daran kritisiert.

Wer wenige Tage nach der Entscheidung des rot-grünen Senats für den Bau einer neuen Köhlbrandbrücke auf eine klare Zusage der Bundesregierung zur Beteiligung an der Finanzierung des Milliarden-Bauwerks gehofft hatte, sah sich enttäuscht. Nach Informationen des Abendblatts hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Oliver Luksic (FDP), in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Verkehrsausschusses des Bundestages darauf verwiesen, dass eine Entscheidung über die Kofinanzierung erst nach Vorlage der notwendigen Planungsunterlagen erfolgen werde.

Da der Senat mit einer mehrjährigen Planungsphase rechnet, soll Luksic darauf hingewiesen haben, dass die aktuelle, bis Ende 2025 gewählte Ampel-Koalition voraussichtlich keine Entscheidung über eine Finanzierungszusage mehr treffen werde. Nun entspricht das Vorgehen der Bundesregierung einerseits den gesetzlichen Rahmenbestimmungen für die Beteiligung des Bundes an Infrastrukturprojekten der Länder. Andererseits kann der Bund jederzeit seine politische Absicht bekräftigen und Prioritäten setzen – unbeschadet rechtlicher Genehmigungsprüfungen.

Hamburger Hafen: Neue Köhlbrandbrücke: Bund lässt Kofinanzierung offen

Und genau das war am 13. Februar 2020 geschehen: Der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) unterzeichnete mit Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) eine gemeinsame Absichtserklärung zum Bau einer neuen Köhlbrandquerung. „Wir wollen den Neubau mit Bundesmitteln fördern“, sagte Scheuer damals. Zum erklärten Willen des Bundes passte, dass kurz zuvor die Köhlbrandbrücke in den Rang einer Bundesstraße erhoben worden war, damit der Bund sie überhaupt fördern kann.

Blick bei Sonnenuntergang von der Ostseite (Steinwerder) auf die Köhlbrandbrücke. Das 1974 eröffnete Bauwerk, längst zum Wahrzeichen Hamburgs geworden, ist marode und muss ersetzt werden.
Blick bei Sonnenuntergang von der Ostseite (Steinwerder) auf die Köhlbrandbrücke. Das 1974 eröffnete Bauwerk, längst zum Wahrzeichen Hamburgs geworden, ist marode und muss ersetzt werden. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Als die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP 2021 ins Amt kam, drehte sich der Wind. Die Ampel-Koalition erklärte, alle Infrastruktur-Bauinvestitionen des Bundes auf den Prüfstand stellen zu wollen und im Prinzip der Schiene Vorrang bei Neubauprojekten geben zu wollen. Ein klares Ja Berlins zur finanziellen Kooperation bei dem dringend erforderlichen Ersatzbauwerk für die marode alte Köhlbrandbrücke steht seitdem aus. Inzwischen kommt noch eine schwere Haushaltskrise der Ampel infolge des Verfassungsgerichtsurteils zum Nachtragshaushalt des Bundes mit der Folge einer 60-Milliarden-Euro-Lücke hinzu.

Aus Sicht der CDU ist die fehlende Finanzierungszusage „eine große Enttäuschung“

Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) hatte am Ostermontag bei der Vorstellung der Senatsentscheidung zum Brückenneubau offensichtlich im Vertrauen auf die alte Zusage betont, dass der Bund 50 Prozent der Nettobaukosten übernehmen werde. „Zwei Milliarden Euro werden das sicher werden“, sagte Leonhard, die mit Gesamtbaukosten zwischen 4,4 und 5,3 Milliarden Euro rechnet.

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„Die fehlende Finanzierungszusage der Ampel-Koalition für die neue Köhlbrandquerung ist eine große Enttäuschung für Hamburg und lässt die Finanzplanung des Senats wie ein Kartenhaus zusammenfallen“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß, der sich nach dem Stand der Dinge im Verkehrsausschuss des Bundestages erkundigt hatte, dem Abendblatt. Ploß, der hafenpolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion ist, kritisierte auch den Zeitplan des Senats. „Der Hamburger Hafen und die ganze deutsche Exportwirtschaft sind auf eine leistungsfähige Köhlbrandquerung angewiesen. Dass der rot-grüne Senat die bereits heute oft überlastete Köhlbrandquerung erst in den 2040er-Jahren erneuern möchte, ist inakzeptabel. Jetzt rächt sich die jahrelange Trödelei von SPD und Grünen-Partei in Hamburg“, sagte Ploß.

Die neue Köhlbrandbrücke soll 20 Meter höher werden als der bestehende Vorgängerbau

Als „wenig ambitioniert“ bezeichnete auch CDU-Landes- und Bürgerschafts-Fraktionschef Dennis Thering den Zeitplan des Senats. „In der geplanten Zeit bis 2042 bauen andere Länder ganze Städte. Es ist seit Langem bekannt, dass die Köhlbrandbrücke durch einen Neubau ersetzt werden muss. Doch außer einer jahrelangen und knapp 60 Millionen Euro teuren Fehlplanung für einen Köhlbrandtunnel und eine Vision für eine neue, höhere Brücke ist bisher nicht viel herausgekommen“, sagte Thering. „Mir fehlt der Glaube, dass dieser bei wichtigen Infrastrukturprojekten zutiefst zerstrittene Senat aus SPD und Grünen tatsächlich noch die Kraft besitzt, um den Neubau der Köhlbrandbrücke voranzubringen“, sagte Thering.

Der Senat hatte eine erste Beschlussfassung über den Neubau vor Ostern verschieben müssen, weil nicht alle Fragen des Umweltsenators Jens Kerstan (Grüne) unter anderem zur Ablehnung der Tunnelvariante rechtzeitig beantwortet werden konnten. Die neue Brücke soll mit 73,5 Metern deutlich höher werden als das bestehende Bauwerk mit 53 Metern, um auch den größten Containerschiffen die Passage zu ermöglichen. Die jahrelang verfolgte Tunnellösung war wegen der deutlich höheren Kosten und der stärkeren Umweltbelastung während des Baus aufgegeben worden.