Hamburg. Akademie, Leitstelle, Feuerwachen – jahrelang stockte es, jetzt flutscht es: Woran das liegt und was die neueste Wache alles kann.

Ein bisschen wirkt es so, als hätte man einem vor sich hin dösenden Menschen Eiswasser ins Gesicht gekippt. Schockschwerenot! Da kamen über Jahre und Jahre Projekte wie die neue Rettungsleitstelle oder die Indienststellung einer zeitgemäßen Löschbootflotte nicht vom Fleck. Doch auf einmal scheint bei der Hamburger Feuerwehr ziemlich viel ziemlich schnell zu klappen.

Allein von 2017 bis 2026, so listet die Innenbehörde für das Abendblatt auf, wurden oder werden zwölf Wachen der Berufsfeuerwehr und der freiwilligen Feuerwehr neu gebaut. Der Neubau vier weiterer Wachen werde gerade vorbereitet, sagt Daniel Schaefer, Sprecher der Innenbehörde. Das alles kostet die Stadt etliche Millionen Euro.

Bau-Turbo für 350 Millionen gezündet, aber für Feuerwehrleute ist das längst überfällig

Wer mit Feuerwehrleuten spricht, hört häufig, dass dieses „Konjunkturprogramm“ für die Feuerwehr längst überfällig war, und dass die Stadt die Wehr viel zu lange stiefmütterlich behandelt habe. So ging es ja auch nicht mehr weiter: Während die Zahl der Einsätze in den vergangenen Jahren immer weiter stieg – 2022 wurde mit fast 320.000 ein neuer Rekord erreicht –, verharrte die Schutzzielquote auf einem bestenfalls mäßigen Niveau.

Meint: Nur in 64 Prozent der Fälle waren 2023 auch zehn Feuerwehrleute in der sogenannten Hilfsfrist von maximal acht Minuten vor Ort. Viel besser sah es in den Jahren davor auch nicht aus. Um die Bedarfe einer weiterhin wachsenden Stadt in Zukunft (besser) abdecken zu können, ist längst klar, dass es nicht nur genug Feuerwehrleute und Rettungsdienstler (rund 3500 Beschäftigte, freiwillige Feuerwehr mit 86 Wehren, rund 3800 aktive Mitglieder) braucht, sondern auch moderne Technik und Infrastruktur.

Plötzlicher Baueifer: Innensenator Andy Grote will „hochmoderne Ausrüstung“

Nun also treffen alte Forderungen aus der Mitte der Feuerwehr auf einen regelrechten Baueifer der Stadt. „Wenn die Stadt wächst, muss die Feuerwehr mitwachsen“, sagte Innensenator Andy Grote (SPD) dem Abendblatt. „Nach und nach entsteht ein Neubau nach dem anderen. Wir erhöhen damit das Sicherheitsniveau insgesamt und schaffen für diejenigen, die Tag und Nacht für uns im Einsatz sind, bestmögliche Arbeitsbedingungen inklusiver hochmoderner Ausrüstung.“

Und vor allem modern soll sie werden, die Feuerwehr. Als ein Leuchtturmprojekt gilt in diesem Jahr der Neubau der Feuer- und Rettungswache Schnelsen, sie ist eine Art Schweizer Taschenmesser der Rettungsvorsorge. Am Montag (8. April) wird im Beisein von Senator Grote und dem kommissarischen Feuerwehr-Vize Jan Peters der Grundstein für diese 18. Feuer- und Rettungswache in Hamburg gelegt, die auch mit Einsätzen in Schnelsen und Niendorf betraut ist.

Sie ist etwas Besonderes: Als die letzte von drei Tunnel-Portalwachen im Zuge der A7-Überdeckelung soll sie nach den Wachen Volkspark und Othmarschen 2026 ihren Betrieb aufnehmen. Clou der Portalwachen ist ihre Spezialisierung auf die Brandbekämpfung in den drei neuen, bis zu 2,3 Kilometer langen Tunnelanlagen. Es muss sichergestellt sein, dass die Retter im Ernstfall den Brandort schnellstmöglich erreichen.

Neue XXL-Wachen in Schnelsen und Finkenwerder nur zwei von 26 Projekten

Diesem Zweck dient beispielsweise ein schmales, speziell ausgebautes Sonderlöschfahrzeug, das mit einer Wärmebildkamera und integrierter Atemluftversorgung ausgestattet sogar in einem komplett vollgerauchten Tunnel gut vorankommt. Es kann Flammen per Wasserwerfer aus bis zu 55 Meter Entfernung niederschlagen. 210 Männer und Frauen sollen den neuen Standort nutzen. Die Kosten für den Neubau mit drei Vollgeschossen und einem Übungsturm mit sechs Ebenen liegen bei rund 30 Millionen Euro.

Feuerwache Volkspark – sie ist eine von drei Portalwachen im Zuge des A7-Ausbaus in Hamburg.
Feuerwache Volkspark – sie ist eine von drei Portalwachen im Zuge des A7-Ausbaus in Hamburg. © André Zand-Vakili

Mit der feierlichen Grundsteinlegung für die neue Finkenwerder Feuerwache hatte die Behörde bereits im März ein ähnlich ambitioniertes Projekt öffentlich vorgestellt. Der kubistische Massivbau mit 6000 Quadratmetern Bruttogrundfläche soll sogar 35 Millionen Euro kosten. Für die Fertigstellung peilt die Behörde das Frühjahr 2026 an.

Die beiden neuen XXL-Wachen am Schleswiger Damm und an der Aluminiumstraße seien, sagt Schaefer, nur zwei von „26 Bauprojekten zur Stärkung von Berufsfeuerwehr und freiwilliger Feuerwehr aktuell bzw. in den letzten Jahren. Wir sprechen bei diesen Bauprojekten, die federführend von Sprinkenhof realisiert werden, aktuell von einem Volumen im mittleren dreistelligen Millionenbereich. Allein rund 90 Millionen Euro sollen in den nächsten Jahren noch einmal in die Feuerwehr-Infrastruktur fließen“. Insgesamt ist nach Abendblatt-Informationen von mehr als 340 Millionen Euro die Rede.

Bau-Turbo gezündet: Hamburger Feuerwehr erwartet „Quantensprung bei Notrufannahme“

Am Johanniswall, dem Sitz der Innenbehörde, ist man besonders stolz auf die neue Rettungsleitstelle (RLST), die an der Eiffestraße entsteht. Dort werden künftig alle 112-Notrufe aus Hamburg einlaufen. 100 Millionen Euro fließen in den großen Neubau, der wohl auch für die strukturelle Modernisierung der Feuerwehr als solches stehen soll. Versprochen wird nicht weniger als ein „Quantensprung in der Notrufannahme“, der das aktuelle System anmuten lässt wie ein Relikt aus der Steinzeit.

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So sollen sich Notrufe nicht nur telefonisch absetzen lassen, das soll künftig auch über Apps oder Messengerdienste möglich sein. Bild- und Videodateien sollen sich dann in Echtzeit übermitteln lassen. Seit 2010 drängt die Feuerwehr auf einen Nachfolger für die marode Notrufzentrale an der Wendenstraße – voraussichtlich im Juni 2024 wird an der Eiffestraße Richtfest gefeiert.

Feuerwehr-Nachwuchs hat bald deutlich mehr Platz zur Verfügung

Aktuell wird zudem die Feuerwehrakademie, wo der Nachwuchs mit dem „Feuer im Herzen“ ausgebildet wird, auf dem Gelände an der Bredowstraße um ein fünfgeschossiges Hörsaal- und Bürogebäude ergänzt. Auch hier geht’s fix voran: Ende dieses Jahres soll die neue Akademie fertig sein.

Gebaut wird im zentralen Hamburg und in den ländlichen Bereichen: Das sind die Neuzugänge bei der Hamburger Feuerwehr.

  • Neubau der Feuer- und Rettungswache Schnelsen (geplante Fertigstellung 2026)
  • Neubau der Feuer- und Rettungswache Finkenwerder (2026)
  • Neubau des Feuerwehrhauses der FF Eppendorf (2024)
  • Neubau des Feuerwehrhauses der FF Rothenburgsort-Veddel (2024)
  • Neubau der Feuer- und Rettungswache Neugraben-Fischbek (2023/ Übergabe mit Außenanlagen März 2024 )
  • Neubau der Rettungswache Meiendorf (2023)
  • Neubau der Rettungswache Allermöhe (2023)
  • Neubau der Feuerwache der FF Nienstedten (2023)
  • Neubau der Feuerwache der FF Kirchwerder-Nord (2023)
  • Neubau der Feuerwache der FF Allermöhe-Billwerder (2022)
  • Erweiterungsbau der Feuer- und Rettungswache Stellingen (2021)
  • Neubau der Feuerwache Volkspark (2019)
  • Neubau der Feuer- und Rettungswache Othmarschen (2017)