Hamburg. 81-Jährige starb nach Abbiegeunfall am Lehmweg. Gericht: Angeklagter hätte besser in Rückspiegel schauen müssen. Keine Fahrerflucht.

Sie war auf dem Zebrasteifen unterwegs. Doch dann wurde sie von einem Lkw erfasst und tödlich verletzt. Hätte das Unglück, dem die 81-jährige Magda T. zum Opfer fiel, verhindert werden können? Ja, entschied jetzt das Amtsgericht und verurteilte einen Lkw-Fahrer wegen fahrlässiger Tötung. Der Hamburger erhielt eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu 50 Euro. Vom Vorwurf der Unfallflucht wurde der Angeklagte unterdessen freigesprochen.

Der tragische Unfall hatte sich am 25. Oktober 2022 ereignet. Im Prozess vor dem Amtsgericht wurde Enis G. (Name geändert) vorgeworfen, mit seinem Lkw während eines Abbiegevorgangs von der Hegestraße nach links in den Lehmweg (Hoheluft-Ost) nicht ausreichend lange in den Frontspiegel geschaut, die Seniorin erfasst und getötet zu haben. Anschließend habe er eine Unfallflucht begangen, warf die Anklage dem Mann vor.

Prozess Hamburg: Lkw-Fahrer hätte alte Dame sehen können

Im Namen seines Mandanten hatte der Verteidiger von Enis G. erklärt, dass der 48-Jährige nicht bestreitet, den Lkw gefahren zu haben. Allerdings habe der Hamburger von dem Unfall auf dem Zebrastreifen selbst nichts mitgekommen, und auch deutlich später überhaupt davon erfahren. Enis G. habe die 81-Jährige „unstreitig zu keinem Zeitpunkt gesehen“, so der Verteidiger. Womöglich sei es dem Berufskraftfahrer deshalb auch „nicht in den Sinn gekommen“, noch einmal in den Frontspiegel zu sehen.

Das Gericht kam indes nach Anhörung mehrerer Zeugen sowie eines Sachverständigen zu der Überzeugung, dass der Lkw-Fahrer die 1,53 Meter große Rentnerin hätte sehen können, wenn er zum richtigen Zeitpunkt in einen Spiegel im Führerhaus gesehen hätte, der die Verkehrslage vor dem Lkw abbildet. In diesem Spiegel wäre die Hamburgerin laut Darstellung eines Sachverständigen im Prozess 2,8 Sekunden vor der späteren Kollision zu sehen, der Zusammenstoß also vermeidbar gewesen.

Hamburger Amtsrichter: Fahrer hätte alle Spiegel im Blick behalten müssen

Die Anforderung an den Fahrer sei es gewesen, alle Spiegel im Blick zu behalten, hieß es in der Urteilsbegründung des Amtsrichters. Dem sei Enis G. nicht gerecht geworden. Ohne den Frontspiegel hätte der Fahrer die 81-Jährige aber wohl nicht wahrnehmen können, weil die Hamburgerin Zeugen zufolge nur etwa 20 Zentimeter vor dem Lkw auf dem Zebrastreifen die Straße überquert hatte. Dieses Verhalten der Frau war aus Sicht der Zeugen gefährlich gewesen.

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Unterdessen kam das Gericht zu der Überzeugung, dass Enis G. den Unfall tatsächlich nicht bemerkt hatte und deshalb nicht wegen Unfallflucht zu verurteilen sei. So hatten unter anderem Polizeibeamte als Zeugen dargelegt, dass der Mann, als sie ihn später auf dem Betriebshof seines Arbeitgebers mit den Vorwürfen konfrontierten, ehrlich überrascht gewesen sei.

Außerdem hatten Untersuchungen des Sachverständigen mit sogenannten Dummys ergeben, dass die Erschütterung, die die Kollision mit dem Opfer verursacht hatten, von anderen Fahrvorgängen nicht abzugrenzen sei. Dies hatten auch Zeugen entsprechend dargestellt. So hatte eine 35-Jährige vor Gericht geschildert, dass die Seniorin auf dem Zebrastreifen „gezögert“ habe. Sie gehe davon aus, dass der Fahrer die Fußgängerin übersehen habe, sagte die Zeugin. Dann habe der Lkw „einen kleinen Satz“ gemacht. „Ich könnte mir vorstellen, dass das von außen doller wirkt als von innen.“