Hamburg. Bisher dominiert tristes Grau: Viele Hamburger kennen das Berliner Tor als unwirtliches Areal mit viel Verkehr. Das soll sich ändern.
Als Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein am Dienstag im Rathaus die mögliche Zukunft des Stadtgebiets rund um das Berliner Tor vorstellte, zitierte sie zuerst aus einem Artikel im Hamburger Abendblatt: „Wer am Bahnhof Berliner Tor in den Bus umsteigen will oder an ihm zu Fuß vorbeikommt, will nur eines: schnell wieder weg. Umtost von lärmenden Autos und Zügen ist der Verkehrsknotenpunkt ein unwirtlicher Ort.“
Anhand eines Luftbildes zeigte die Senatorin, worauf der Artikel anspielte: Das Areal prägen große Straßen, die wie Barrieren wirken und – so Pein – ein „Zusammenspiel“ der angrenzenden Quartiere St. Georg, Borgfelde und Hammerbrook „fast unmöglich“ machen.
Berliner Tor in Hamburg soll attraktiver werden – die Pläne des Senats
Zusammen mit Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing erläuterte die Senatorin, wie aus dem bisher wenig einladenden Areal ein „attraktiver Aufenthaltsort“ werden soll. Kurzgesagt: vor allem durch viel mehr Bäume, Sträucher und andere neue Grünflächen, wobei ein Teil davon als Verbindung zwischen bestehenden Parks und Grünzügen fungieren soll. Und: mit weniger Autoverkehr an bestimmten Stellen und mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer.
Um den Unterschied deutlich zu machen, präsentierte Oberbaudirektor Höing eine Aufnahme, die aus der Vogelperspektive den aktuellen Anblick des Stadtraums um den S-Bahnhof mit dem Anckelmannsplatz, der Eiffestraße, der Nordkanalstraße und dem Berlinertordamm zeigt. Die dominierende Farbe dort ist: Grau. Im Vergleich dazu ist auf der „Gesamtvisualisierung“ der möglichen Um- und Neugestaltung des rund 50 Hektar großen Gebiets ein Stadtraum zu sehen, der einem großen Park ähnelt. „Es steckt viel ungeahntes Potenzial in Orten, von denen wir auf den ersten Blick denken, die Stadt wäre dort bereits fertig gebaut“, sagte Höing.
Berliner Tor: Stadt plant mehr Bäume, neue Plätze und bessere Übergänge
Den Plänen zugrunde liegt ein sogenannter Rahmenplan, den der rot-grüne Senat am Dienstag beschlossen hat. Nach Karen Peins Worten handelt es sich um „grobe Leitlinien“, aus denen Bebauungspläne hervorgehen können. Was die Umsetzung der grünen Vision kosten könnte, sei für den Plan nicht berechnet worden – dazu lasse sich erst etwas sagen, wenn konkrete Bauvorhaben auf dem Weg seien, sagte Pein.
Ihr zufolge dauerte die Arbeit an dem Rahmenplan gut anderthalb Jahre. Erstellt haben das 135-seitige Werk die Büros Robertneun Architekten und Vogt Landschaft im Auftrag der Stadtentwicklungsbehörde und des Bezirksamts Hamburg-Mitte. Beteiligt ist auch die Umweltbehörde.
Berliner Tor: zwei neue Bahnhofsvorplätze im Norden und Süden
Was schon in der Mache ist und welche Vorhaben denkbar sind – ein Überblick.
- An der S-Bahn-Station Berliner Tor sollen im Norden und Süden zwei neue Bahnhofsvorplätze entstehen, die durch ein geplantes Bahnhofsgebäude miteinander verbunden werden. „Bauminseln“ sollen die beiden Plätze prägen.
- Durch diese neuen grünen Bahnhofsvorplätze und durch eine Neugestaltung des Anckelmannsplatzes soll die Lücke zwischen zwei Grünachsen geschlossen werden, die sich am Berliner Tor kreuzen: dem Alster-Bille-Elbe-Grünzug in Nord-Süd-Richtung und der Horner Geest in Ost-West-Richtung. Zudem ließe sich auf diesem Weg der Lohmühlenpark mit dem Stoltenpark verknüpfen.
- Entlang der Bahntrasse soll ein neuer Spiel- und Sportpark entstehen, der den Jürgen-W.-Scheutzow-Park mit dem Westphalensweg verbindet.
- Die Straßenzüge Beim Strohhause und Berlinertordamm könnten durch eine Verringerung der Verkehrsflächen zu einer Promenade mit Bäumen ungewandelt werden.
- Im Zuge der seit Januar laufenden Sanierung der Berlinertordammbrücke, welche die Innenstadt mit Hamburgs Osten verbindet, soll die Brücke ein 110 Meter langes und vier Meter breites „Vegetationsband“ aus Großsträuchern bekommen.
- Die Spaldingstraße soll von Autoverkehr entlastet werden. „Unsere Berechnungen haben gezeigt: Einiges von dem Verkehr auf der Spaldingstraße kann man in die Nordkanalstraße verlagern“, sagte Höing. Dies würde „ein bisschen mehr Spielraum in der Spaldingstraße“ eröffnen, um „eine Begrünung durchzusetzen“ und „für Fußgänger und Radfahrer etwas zu tun“. Aber: „Es geht nicht um die Verdrängung von Verkehren“, betonte Höing.
- Auch die Nordkanalstraße, der Anckelmannsplatz und der Raum Beim Strohhause und der Berlinertordamm könnten durch eine Verringerung von Fahrbahnen und einen Ausbau für den Fuß- und Radverkehr „deutlich aufgewertet“ werden, so die Stadtentwicklungsbehörde.
- Teil der Pläne ist auch eine Erweiterung des Campus der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW). Vorgesehen sind demnach etwa ein neues Campus Service Center am Lohmühlenpark, eine neue Hochschubibliothek und etliche neue Bäume.
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An der S-Bahn-Station Berlin Tor steigen täglich etwa 170.0000 Menschen um, ein und aus. Geht es nach Karen Pein und Franz-Josef Höing, dann sollten viele Reisen und Bürger dort künftig nicht mehr denken: „schnell wieder weg“, sondern eher: „Hier möchte ich verweilen.“