Hamburg. Diese Verbote und Regeln gelten an Hamburger Schulen. Was die Elternkammer jetzt von der Behörde fordert.
TikToks gucken, statt Gleichungen zu lösen und WhatsApp-Nachrichten anstelle einer Gedichtsanalyse schreiben. Das Handy bietet Schülerinnen und Schülern viele Ablenkungen. Und bei falscher Nutzung können Handys sogar zu einer echten Gefahr werden. Ob Smartphones in der Schule benutzt werden dürfen, ist in Hamburg nicht zentral geregelt. Die Schulen legen deshalb ihre eigenen Handyverbote fest – und behalten Handys auch schon mal über Nacht in der Schule.
Am Wilhelm-Gymnasium in Harvestehude dürfen Handys „ausgeschaltet und unsichtbar“ mitgenommen werden, sagt Schulleiter Martin Richter. „Diese Regelung gilt für die Klassen 5 bis 10, die Jahrgänge 11 und 12 können die Geräte wiederum in einem verantwortungsvollen Maß benutzen.“
Insgesamt sei die Handynutzung in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Handys seien normal geworden und hätten dadurch „ihren Zauber verloren“. Eine Gefahr sei allerdings, dass Kinder und Jugendliche auf illegale Inhalte zugreifen oder diese produzieren.
Störfaktor Handy: Diese Verbote gelten an Hamburger Schulen
Auch wenn die Handynutzung insgesamt zurückgegangen sei, gebe es weiterhin Verstöße. Heute würden weniger Spiele, sondern vielmehr soziale Medien den unerlaubten Griff zum Handy verursachen. Das Gerät wird dann eingesammelt und bis zum nächsten Tag in der Schule weggeschlossen – beim zweiten Verstoß für zwei und beim dritten Verstoß für drei Tage. Das sei früher Konsens gewesen, mittlerweile aber nicht mehr zeitgemäß.
„Das ist natürlich nach deutscher Rechtsprechung ein zweifelhaftes Unternehmen, weil man einen Wertgegenstand privaten Familien entzieht.“ Ein Handy über den Schultag hinaus einzuschließen werde außerdem immer schwieriger, denn: „Handys sind Fahrkarten, Handys sind Schlüssel“, sagt Martin Richter. „Dazu müssen wir uns in Zukunft etwas anderes ausdenken – wieder im Schulterschluss mit den Eltern.“
Lessing-Stadtteilschule: Liberale Handyregelung wird angemessen befolgt
Eine liberale Regelung zur Handynutzung gilt für Schülerinnen und Schüler der Lessing-Stadtteilschule in Hamburg-Wilstorf. Handys sind dort in der Pause erlaubt und im Unterricht nach Aufforderung der Lehrer. „Inzwischen sind alle Regeln für alle Altersstufen gleich“, sagt Schulleiter Tobias Stapelfeldt. Mit der Zulassung der Mobilgeräte wolle man Schüler motivieren, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Dann bekommen wir als Lehrkräfte mehr von der Lebenswirklichkeit mit.“
Sollten andere Maßnahmen, etwa ein Gespräch mit dem Schüler, keine Wirkung zeigen, werde das Handy eingesammelt und bleibt für eine Nacht in der Schule. Die Regeln werden aus Sicht der Schule angemessen befolgt. Bei einer Stichprobe findet Tobias Stapelfeldt im Tresor ein Handy, das von einem Lehrer eingesammelt wurde. „Das ist für mich bei 1350 Schülerinnen und Schülern eine gute Quote.“
Schulsenatorin Bekeris: Keine Forderungen nach zentralen Regeln zur Handynutzung
In Hamburg ist auch weiterhin kein generelles Handyverbot an Schulen geplant. Laut Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) sei die Freiheit, die Schulen bei der Gestaltung des Handyverbots eingeräumt wird, ein „wichtiger Erfolgsfaktor für unser Schulsystem auch im bundesweiten Vergleich“. Lehrkräfte und Schulleiter würden gerade deshalb Hamburgs Schulen als hochattraktiv einschätzen. „Aus den Schulen liegen keinerlei Forderungen vor, zentrale Regeln festzulegen, weder von Lehrkräften noch von Eltern. Insofern sehen wir hier auch keinen Anpassungsbedarf.“
Auch Martin Richter begrüßt diese Regelung. „Das ist typisch Hamburg. Ich persönlich als Zugereister finde das sehr gut. Hamburg ist im Zweifelsfall liberal und großzügig und regelt nicht alles von oben.“
Schleswig-Holstein ermahnt Schulen, Regeln zur Handynutzung aufzustellen
Bereits im vergangenen Jahr hat Schleswig-Holsteins Kultusministerin Karin Prien (CDU) angekündigt, die Handynutzung an Schulen eindämmen zu wollen. In einem Schreiben aus dem August 2023 hat Prien die Schulen ermahnt, Regeln zur Handynutzung aufzustellen. Die private Nutzung von Handys solle während des Unterrichts an allen Schulen verboten werden. Ein generelles Verbot sei in Schleswig-Holstein nicht vorgesehen.
Geltende Regeln werden jedoch nicht immer umgesetzt, sagt Benjamin Ehlers, Schulleiter der Stadtteilschule Eidelstedt. „Wir beobachten, dass das Verbot in Teilen nicht eingehalten wird und auch die konsequente Umsetzung innerhalb des Kollegiums unterschiedlich erfolgt.“
Dort gelte für die Sekundarstufe 1 ein klares Verbot der Handynutzung außerhalb unterrichtlicher Zwecke. Handys werden bei einem Verstoß bis zum Schulschluss in einem gesicherten Schrank aufbewahrt. Im Moment werde eine neue Handyregelung erarbeitet, die von allen getragen werden soll – „zwischen strenger Reglementierung und dem Eröffnen kreativer Freiräume“.
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Die Stadtteilschule am Hafen hat sich bereits 2019 für ein dreistufiges Handyverbot entschieden. Schüler der Jahrgänge fünf bis sechs müssen ihre Handys über den gesamten Schultag in sogenannten „Handygaragen“ abgeben, sagt Schulleiterin Kathrin Wittmaack.
Die Jahrgänge sieben bis neun müssen ihre Mobilgeräte ebenfalls in den Garagen abgeben. In den Pausen können die Handys aber genutzt werden. Ab Jahrgang zehn bestehe zwar keine Pflicht mehr, das Handy abzugeben, jedoch sei die Nutzung während des Unterrichts für nicht schulische Zwecke streng untersagt. Bei einem Verstoß werde das Handy eingezogen und erst am Ende des Schultags zurückgegeben.
Handy an Schulen: Elternkammer Hamburg wünscht sich Empfehlungen des Senats
Die Elternkammer Hamburg setzt sich für eine Lösung ein, die weniger auf ein Verbot und mehr auf die Aufklärung der Schüler setzt und gezielt Fragen beantwortet: „Warum macht es Sinn, dass ich das Handy im Unterricht zur Seite lege und nicht auf irgendwelchen Social-Media-Plattformen herumgeistere? Und welche Gefahren wie Cybermobbing stecken dahinter?“, sagt Nicole Zeidler, Mitglied des Vorstands der Elternkammer Hamburg.
Ein generelles Handyverbot wünscht sich auch die Elternkammer nicht, dazu seien Schulen und Schüler zu unterschiedlich. „Vonseiten der Behörde wäre es jedoch wünschenswert, Empfehlungen einzusammeln, was an Schulen gut läuft.“