Hamburg. Zwei Männer wegen schweren Raubes vor Gericht. Wie das Opfer die Tat erlebt hat und woher nach seiner Schilderung das Geld stammt.

26.000 Euro Bargeld, eine spektakuläre Flucht und viele offene Fragen: Aus der Wohnung eines Mannes in Altona soll sehr viel Bargeld gestohlen worden sein – während das Opfer zu Hause war und sich sogar mit den Tätern ein Handgemenge lieferte. Vor dem Amtsgericht Altona war dieser besondere Fall als schwerer Raub angeklagt.

Die Anklageschrift stützt sich hauptsächlich auf die Aussagen des Geschädigten Angar R. und des Zeugen Darman R., Cousin von Angar R. Ersterer befand sich in der Wohnung an der Notkestraße, als sich, laut seiner Aussage, zwei unbekannte Männer Zugang zu seinem Zuhause verschafften. Einer der Unbekannten soll ins Schlafzimmer eingedrungen sein, in dem sich, aufgeteilt auf zwei Portemonnaies, rund 26.000 Euro Bargeld befanden. Der andere Mann soll den Hamburger währenddessen auf einem Stuhl festgehalten haben. In der Anklageschrift heißt es außerdem, die Männer seien bewaffnet gewesen. Vor Gericht scheint sich der Geschädigte an die Waffen nicht zu erinnern.

Prozess Hamburg: Täter flohen durch Fenster, kamen aber nicht weit

So hat sich die Tat nach Aussage von Angar R. zugetragen: Nachdem „der Mann mit der Brille“, wie Angar R. ihn beschreibt, mit der Beute aus dem Schlafzimmer kam, stapelte er das Geld auf dem Wohnzimmertisch, zog Alufolie und Klebeband hervor und verpackte das Geld. Sein Begleiter steckte das Geld in den Hosenbund, habe jedoch im selben Moment, zunächst von Angar R. unbemerkt, ein identisches Paket hervorgezogen.

Dieses zweite Paket gab einer der Täter in einem folgenden Gerangel an Angar R. zurück. „Im Inneren befand sich nicht mein Geld, sondern nur schwarze Pappe“, beschreibt der Geschädigte den Moment, in dem er die „Fälschung“ realisiert habe.

Statt Geld war da nur noch schwarze Pappe

Als er nach Hilfe geschrien habe, sei ihm sein Cousin Darman R. zu Hilfe geeilt. Danach geht es laut Aussage des Zeugen so weiter: Gemeinsam drängen sie die Eindringlinge ins Wohnzimmer. Nun flüchten die Täter durchs Fenster – einer der beiden verliert eine weiße Socke auf dem Vordach. Und nicht nur das. Auf den Fotos, die die Polizei nach der Tat angefertigt hat, sind noch weitere zurückgelassene Kleidungsstücke zu erkennen: Jacke, Schuhe, Gürtel. Wie diese dort hingelangt seien, dazu könne er nichts sagen, meint der Zeuge. Allerdings erinnere er sich, dass der bebrillte Mann Plastiküberzieher an seinen Füßen getragen habe.

Prozess Hamburg: Kannten sich die Täter und das Opfer?

Kurze Zeit nach der Flucht der Täter erscheint die Polizei. Die mutmaßlichen Räuber Adrien G. und Louis M. werden schnell gefasst. Sie befinden sich seitdem in Untersuchungshaft. Adrien G. wohnt eigentlich in Frankreich, Louis M. in Berlin. Sie selbst äußern sich zwar nicht zum Tathergang. Verteidiger Michael Todt erklärt den Aufenthalt seines Mandanten in Hamburg mit einer Einladung. Diese sei durch den Cousin des Geschädigten, einen Mann namens Darman R., erfolgt. Darman R. und der Angeklagte würden sich durch den regelmäßigen Besuch in einem Restaurant kennen. Die Kontaktaufnahme lasse sich auch durch das Mobiltelefon des Angeklagten beweisen, so der Anwalt. Wo das Gerät sich befindet, sei jedoch unklar.

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Zeuge Angar R. bestreitet indes, die Angeklagten zu kennen. Die Verteidiger führen an, dass das Ablegen von Schuhen und Jacke vor dem Betreten einer Wohnung durchaus üblich sei, wenn man jemanden besucht. Darüber hinaus sei die komplette Anklageschrift lückenhaft, und der Zeuge habe Angaben gemacht, die so nicht stimmen können, monieren die Anwälte. Zudem gebe es keine Einbruchsspuren an der Wohnung. „Gelinde gesagt, die interessanteste Anklageschrift, die ich je gelesen habe“, kommentiert Verteidiger Todt.

26.000 Euro Bargeld: So erklärt das Opfer die hohe Summe

Unterdessen erklärt Opfer Angar R., wieso sich bei ihm zu Hause seine so große Summe Bargeld befunden habe: Er sei Taxifahrer, und 10.580 Euro seien für seinen Chef bestimmt gewesen. Weitere 5000 Euro habe er bei einer am Tag nach der Tat beginnenden Türkeireise an eine befreundete Familie geben sollen. Und 9000 Euro seien familiäre Rücklagen, bestimmt für einen Autokauf. Mit dem Taxifahren verdiene er 1600 Euro plus Trinkgeld. Diese seien ihm seit jeher in bar ausgezahlt worden. Die 10.580 Euro seien die Gesamteinnahmen mehrerer Wochen durch das Taxifahren. Üblicherweise habe er allerdings nicht so viel Bargeld im Haus.

So kleinteilig er die Herkunft des Geldes erklärt, so detailliert geht der Zeuge auch auf spezielle Gewohnheiten ein. Er erzählt beispielsweise sehr ausführlich, dass er sich üblicherweise die Seriennummern aller sich in seinem Besitz befindenden Geldscheine handschriftlich notiere. Dies habe er sich angewöhnt, seit ihm als kleines Kind Falschgeld untergejubelt worden sei. Zum Ende des Auftaktprozesses wird zudem deutlich, dass Angar R. möglicherweise durch Sprachbarrieren die ihm gestellten Fragen nicht richtig verstanden hat. Zum Folgetermin am 26. Februar wird ihm nun ein Dolmetscher zur Seite gestellt.