Hamburg. Vier Männer sind in Hamburg angeklagt, auch Schüsse in Bein und Kopf angekündigt zu haben. Wer ihr Auftraggeber sein soll.

Der Mann sollte keine ruhige Minute mehr haben. Statt dessen: Todesangst erleben. Und so wurde ein Szenario aufgebaut, das maximalen Druck ausüben sollte.

„Man weiß nie, wer hinter einem steht“, lautete eine WhatsApp-Botschaft, die Markus T. (alle Namen geändert) auf seinem Handy fand. Und dass er gut auf sich und seine Frau aufpassen solle – eine unverhohlene Drohung, angereichert mit dem Foto von vier Waffen.

Prozess: Drohungen über Wahtsapp – Opfer hatte Todesangst

Es klingt ein bisschen nach Gangsterfilm, was sich im vergangenen Herbst in Hamburg abgespielt haben soll und jetzt in einen Prozess vor dem Landgericht mündete. Die Protagonisten sind demnach ehemalige Geschäftspartner, die in einen massiven Streit um Geld geraten – und in dessen Folge schließlich Schuldeneintreiber auf den Plan gerufen werden.

Und diese haben der Anklage zufolge keine Scheu, eine ganze Palette von Drohgebärden aufzufahren, Ankündigungen von Schüssen ins Bein und in den Kopf inklusive.

Inhaber eines Lokals in bester Lage soll der Auftraggeber sein

Gemeinschaftliche Verabredung zum Verbrechen sowie versuchte räuberische Erpressung wirft die Staatsanwaltschaft den vier angeklagten Männern in dem Verfahren unter anderem vor.

Alle vier Beteiligten des Quartetts sollen übereingekommen sein, dass Schulden eingetrieben werden sollen, heißt es in der Anklage. Dabei sei der 60 Jahre alte Inhaber eines Lokals in bester Lage nahe der City der Auftraggeber für die Taten gewesen.

Opfer waren demnach zwei Investoren, vor deren geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen der Lokalbetreiber Angst gehabt habe. Deshalb habe er die Investoren einschüchtern und schlimmstenfalls erschießen lassen wollen. Auch ein Ehepaar, das angeblich Geldschulden bei dem Lokalinhaber hatte, wurde der Anklage zufolge zu Opfern.

Prozess: Auf die Opfer wurden angeblich „böse Jungs“ angesetzt

Dem Inhaber des Lokals zur Hand gegangen ist laut Staatsanwaltschaft ein 58-Jähriger, der persönliche Daten der späteren Opfer ausgespäht haben soll. Paul R. soll in die Wohnung eines geschädigten Ehepaars eingebrochen und Wertgegenstände entwendet sowie persönliche Daten ausgespäht haben.

Wirklich aktiv wurde laut Anklage vor allem der 59-jährige Rainer F. Er soll unter anderem mit der Drohung, es würden jetzt „böse Jungs“ auf sie angesetzt, einen Mann und dessen Ehefrau unter Druck gesetzt haben, damit diese ihre angeblichen Schulden von 123.000 Euro an den Lokalinhaber zahlen. Später soll die Forderung inklusive Zinsen auf 210.000 Euro erhöht worden sein.

Anklage: Drohungen mit toten Ratten und „Gewalt durch einen Motorradclub“

„Denken Sie an Ihre Sicherheit und die Ihrer Frau“, lautete demnach eine WhatsApp, die Rainer F. an eines der Opfer schickte. Und die Staatsanwaltschaft listet eine ganze Reihe weiterer Furcht einflößender Drohungen auf, die Rainer F. per WhatsApp ausgesprochen habe, um im Auftrag des Lokalinhabers weiter Druck zu machen.

Dabei wurde den Ermittlungen zufolge beispielsweise „Gewalt durch einen Motorradclub“ ebenso angekündigt wie ein Paket mit zwei toten und enthaupteten Ratten auf den Weg gebracht. Von einer „symbolischen Androhung von Gewalt“ ist hier in der Anklage die Rede.

„Denken Sie daran, wenn Sie aus dem Haus gehen: Es müssen nicht immer Silvesterknaller sein“, soll Rainer F. in einer weiteren Textnachricht gewarnt haben. Außerdem habe er dem angeblichen Schuldner in Aussicht gestellt, ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen oder dessen Frau etwas anzutun.

„Es könnte jeder sein, der hinter Ihnen geht und steht“

Dabei ist es dem Mann offenbar darauf angekommen, das Opfer in permanente Angst zu versetzen. „Es könnte jeder sein, der hinter Ihnen geht und steht“, hieß es unheilvoll.

Zum Repertoire der Drohungen soll weiterhin gehört haben, eine geköpfte Ratte auf die Fußmatte der Opfer zu legen und ihnen Fotos ihres Hauses und ihrer Ferienwohnung zu schicken. Frei nach dem Motto: Wir wissen, wo du wohnst und können dich jederzeit finden.

Scharfer Revolver für Schuss in den Oberschenkel

Da die Geschädigten, so die Anklage weiter, keine Zahlungen leisteten, soll Rainer F. sich einen scharfen Revolver beschafft und in seiner Wohnung verwahrt haben. Die Waffe habe dafür verwendet werden sollen, dem weiterhin säumigen Schuldner in den Oberschenkel zu schießen.

Alle vier Angeklagten seien davon ausgegangen, dass eine solche Verletzung schwerste Folgen für das Opfer haben und sogar zum Verlust des Beines führen könnte, ist die Staatsanwaltschaft überzeugt. Die Kammer hat bislang 21 Verhandlungstermine bis Ende November anberaumt.

Landgericht: Zwei der Angeklagten sitzen in Untersuchungshaft

Zu den Vorwürfen äußern will sich an diesem ersten Verhandlungstag keiner der vier Angeklagten. Zwei von ihnen, nämlich jene Männer, die sich der Staatsanwaltschaft zufolge als Schuldeneintreiber anheuern ließen, sitzen in Untersuchungshaft.

Bis er vorläufig ins Gefängnis kam, hat Rainer F. offenbar deutlich netter gelebt. Nach Verlesung der Anklage werden Fotos seiner Wohnung gezeigt, in der er mit Frau und Kindern lebte und die dann von Ermittlern durchsucht wurde.

Durchsuchung: Polizei findet Revolver im Kinderzimmer

Wie aus dem Protokoll der Durchsuchung hervorgeht, wurde bei dem 59-Jährigen ein Revolver sichergestellt – und zwar ausgerechnet im Schrank des Kinderzimmers. Ein Foto zeigt, wie die scharfe Waffe in einem Fach des Möbelstücks gelegen habe, daneben sind an einer Tür mehrere Darstellungen von Mickey Mouse zu sehen.

Hat da jemand geglaubt, die Zeichentrickfiguren seien eine wirkungsvolle Maskerade? Wo Disney drauf ist, kann nichts Böses versteckt sein? Doch die Ermittler gingen offenbar jederzeit auf Nummer Sicher.

Aufzeichnungen, die bei der Durchsuchung gemacht wurden, legen dar, dass die Familie von Rainer F. während der Aktion oben betreut wurde. Der Verdächtige selber war demnach im Wohnzimmer – auf dem Fußboden und mit einer Handfessel gesichert. Der Prozess wird fortgesetzt.