Hamburg. Nach einem dilettantischen Raub in Lohbrügge muss ein 24-Jähriger ins Gefängnis – gerade als sich sein Leben zum Besseren wandte.
Es waren turbulente Szenen, die sich am 14. April im Marktkauf-Center in Lohbrügge abspielten. Beim Versuch, eine teure Rolex-Uhr zu stehlen, versprühte einer der Täter Pfefferspray, vor einer Rolltreppe des Bergedorfer Einkaufszentrums kam es zur Rangelei. Am Donnerstag sind zwei junge Männer wegen der Tat vom Landgericht Hamburg zu Haftstrafen verurteilt worden – das Strafmaß fiel dabei sehr unterschiedlich aus.
Bülent K. (die Namen aller Beteiligten wurden geändert) und Pjotr R. hatten den 48-jährigen Martin H. aus Bergedorf auf Ebay kontaktiert und Interesse bekundet, ihm seine Rolex Oyster Perpetual Datejust im Wert von 13.700 Euro abzukaufen. Die Übergabe sollte in der Bäckerei Allwörden stattfinden – die beiden Täter planten jedoch, einfach mit der Uhr zu fliehen. Als Martin H. unerwartet seinen Stiefsohn mitbrachte, sah Bülen K. den Plan in Gefahr und spritzte Pfefferspray in Richtung des Opfers.
Drei Jahre Haft für Rolex-Räuber nach Einsatz von Pfefferspray
Der Einsatz der Chemikalie machte aus einem Diebstahl vor Gericht plötzlich schweren Raub und gefährliche Körperverletzung. Deswegen muss der bereits vorbestrafte Bülent K. nun für drei Jahre hinter Gitter. „Es war eine fatale Idee, das Spray einzusetzen und völlig unnötig“, betonte der Vorsitzende Richter Stefan Bornmann in seiner Urteilsbegründung.
Dass Bülent K. auch noch in der Öffentlichkeit mit dem Spray herumspritzte, erschwerte die Tat für Bornmann zusätzlich. Leicht hätten Unbeteiligte in dem Lohbrügger Einkaufszentrum ebenfalls getroffen werden können. „Das möchte man nicht haben, dass Raubüberfälle im Café stattfinden“, betonte der Richter.
Im Marktkauf-Center mit einem Fußfeger zu Boden gebracht
Allerdings waren sich Richter und Staatsanwältin einig, dass Bülent K. das Pfefferspray spontan und vor allem ohne Absprache mit seinem Komplizen eingesetzt hatte. Pjotr R. kam deswegen mit neun Monaten Haft auf Bewährung davon. Er wurde nur wegen Diebstahls und Körperverletzung verurteilt – nachdem ihn der Stiefsohn des Bestohlenen an der Rolltreppe des Marktkauf-Centers mit einem Fußfeger zu Boden gebracht hatte, kam es zu einer Prügelei zwischen den beiden jungen Männern.
Pjotr R. war außerdem nicht vorbestraft, er ist berufstätig und seine Sozialprognose wurde als gut beurteilt. Genau wie seinem Komplizen legte Richter Bornmann es ihm als strafmildernd aus, dass er Reue zeigte, die Tat schon früh gestanden hatte und die beiden Räuber die gestohlene Rolex zurückgegeben hatten. Die Kammer beurteilte das Vergehen von K. als Raub in einem minderschweren Fall. Auch weil ein Pfefferspray nicht mit einem Schlagring, einem Messer oder gar einer Pistole vergleichbar sei.
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Den Raub angeblich aus Angst vor Gläubigern begangen
Bülent K. wird nun jedoch hinter Gitter wandern. „Es ist bitter. Sie waren doch eigentlich auf einem guten Weg“, sagte der Richter. K. war bereits vor mehreren Jahren wegen einer Serie von Diebstählen zu einer Gefängnisstrafe nach Jugendstrafrecht verurteilt worden. Er hatte die Taten damals begangen, um seine schwere Cannabis-Abhängigkeit zu finanzieren. Eine Ausbildung hatte er wegen seiner Drogenprobleme abgebrochen.
Der heute 24-Jährige ist seit einer Therapie clean, doch die Vergangenheit holte ihn ein. Während des Prozesses hatte er ausgesagt, dass er dringend Geld brauchte, weil er hoch verschuldet war. Aus Angst vor seinen Gläubigern trug er das Pfefferspray überhaupt in der Tasche. Um die Schulden loszuwerden, heckte er mit seinem Kindheitsfreund Pjotr R. den Plan für den Rolex-Raub aus.
Anwalt: Angeklagter hatte gerade eine neue Arbeitsstelle gefunden
Sein Anwalt Nawied Haschimzada beteuerte während des Plädoyers, dass K. mittlerweile verlobt sei und sich um eine Arbeitsstelle bemüht habe, um eine gemeinsame Zukunft mit seiner Partnerin aufzubauen. „Er hat Praktika gemacht, in Süddeutschland Glasfaserkabel verlegt. Er möchte vorankommen und ist sich für nichts zu schade.“ Der Verteidiger legte dem Gericht sogar einen unterschriebenen Arbeitsvertrag vor – ab Dezember hätte Bülent K. anfangen können, als Eisenflechter zu arbeiten.
Die beiden Täter müssen ihren Opfern insgesamt 2500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Eine höhere Entschädigungssumme hielt das Gericht für nicht angebracht. Bornmann teilte die Einschätzung der Verteidiger, dass Zweifel an den schweren psychischen Nachwehen beständen, von denen Martin H. berichtete. Anwalt Haschimzada betonte: „Der Geschädigte hat sich dann sechs Monate nach der Tat bei einem Allgemeinmediziner in Mümmelmannsberg ein Attest für Posttraumatische Belastungsstörungen besorgt. Das halte ich für nicht überzeugend.“