Hamburg. Die neue „SocialCard“ funktioniert wie eine Kreditkarte von Visa und gewährt 185 Euro im Monat. Einige Funktionen sind jedoch gesperrt.

Mit der sogenannten „SocialCard“ sollen Asylbewerber in Zukunft in Hamburg bargeldlos bezahlen. Das Pilotprojekt ist an diesem Donnerstag gestartet. Die Guthabenkarte wird durch das Amt für Migration mit einem Geldbetrag aufgeladen und funktioniert ohne hinterlegtes Konto. Sie kann überall eingesetzt werden, wo Kartenzahlung möglich ist. Zunächst soll jeder Asylsuchende über 18 Jahre eine SocialCard erhalten.

Leistungsempfänger erhalten den monatlichen Betrag von 185 Euro zukünftig über die Guthabenkarte. Diese Summe ist durch das Asylbewerberleistungsgesetz festgelegt. Das aktuelle Guthaben kann jederzeit über einen Geldautomaten oder die dazugehörige App kontrolliert werden. Über die dazugehörige App kann auch mit einem Smartphone bargeldlos bezahlt werden.

SocialCard für Hamburger Asylbewerber: Keine Überweisung ins Ausland

Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer verantwortet mit Innensenator Andy Grote (beide SPD) die Bezahlkarte für Asylbewerber.
Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer verantwortet mit Innensenator Andy Grote (beide SPD) die Bezahlkarte für Asylbewerber. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Es bestehen jedoch Unterschiede zu herkömmlichen Kreditkarten. Die SocialCard bietet keinen Kreditrahmen, und die Bargeldauszahlung ist auf 50 Euro pro Monat begrenzt. Überweisungen ins Ausland und auch Onlinezahlungen sind mit der SocialCard in Hamburg nicht möglich. Dadurch soll verhindert werden, dass Flüchtlinge Geld an Schlepper oder an ihre Familie und Freunde ins Ausland überweisen.

Mit der Guthabenkarte solle ein schneller und unkomplizierter Zugang zu den Leistungen ermöglicht werden, sagte ein Sprecher der Hamburger Sozialbehörde. Die Leistungen sollen für den eigenen Lebensunterhalt und gesellschaftliche Teilhabe eingesetzt werden. „Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger müssen nicht mehr zu einer Behörde oder Kassenstelle kommen, sie sparen damit Wege und Zeit. Gleichzeitig werden so die bezirklichen Zahlstellen entlastet.“

Zunächst erhalten neu ankommende Asylsuchende eine SocialCard, die in Erstaufnahmeeinrichtungen leben und denen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bewilligt werden. Geflüchtete aus der Ukraine zählen nicht dazu, da sie Anspruch auf Grundsicherung haben. Der Senat plant, die Karte schrittweise auch an andere Leistungsbezieher auszugeben.

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Insgesamt beteiligen sich 14 Bundesländer an dem Pilotprojekt. Der Anbieter der SocialCard ist in Hamburg das Technologieunternehmen „Publk“ – ausgestellt wird eine Visa-Karte. Im Landkreis Leipzig wurde ein anderer Anbieter gewählt. Dort verwendet das Unternehmen „PayCenter“ eine Mastercard.

Gemischte Reaktionen aus der Bürgerschaft

Innerhalb der rot-grünen Koalition in der Hamburgischen Bürgerschaft fallen die Reaktionen auf die Bezahlkarte unterschiedlich aus. Grünen-Fraktionschefin Jennifer Jasberg kritisiert die Beschränkung der Bargeldauszahlungen – daraus würden sich praktische Probleme im Alltag ergeben. Annkathrin Kammeyer, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, betont, dass sich Leistungsempfänger künftig den Weg zur Zahlstelle sparen. „Die SocialCard beugt einer möglichen Stigmatisierung vor und entlastet die Verwaltung.“

CDU-Fraktionschef Dennis Thering hebt hervor, dass der „Verwaltungsaufwand verringert und die Überweisung von Geldern aus staatlichen Leistungen in die Herkunftsländer verhindert wird“. Die Einführung sei jedoch nur ein Baustein zur notwendigen Steuerung und Begrenzung der Migration. Thering fordert weitere Maßnahmen, „damit weniger Flüchtlinge kommen“.

Hamburg: Linksfraktion fordert Bezahlkarte ohne Einschränkungen

Kritik zu der Guthaben-Karte kommt vor allem von der Linksfraktion. Fragen zur Funktionsweise, zum Anwendungsbereich und zum Datenschutz seien vom Senat nicht beantwortet worden. Die Debatte um die Bezahlkarte sei von „rechter Repressionslust“ geprägt.

„Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg für den angeblichen Missbrauch des frei zur Verfügung stehenden Geldes“, sagt Carola Ensslen, die fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion. Eine Vereinfachung bei der Verwaltung sei auch nicht zu erwarten. „Damit entlarvt sich die Bezahlkarte als ein Instrument für Leistungseinschränkungen und Kontrollen – als reine Abschreckung.“ Zu einer schnellen und günstigen Leistungserbringung könne zwar auch eine Bezahlkarte gehören, jedoch nur als Ersatz für Bargeldauszahlungen und ohne Einschränkungen.

Sozialverband Deutschland: Diskussion um Bezahlkarte populistisch aufgeladen

Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) kritisiert die Bezahlkarte. „Aus meiner Perspektive ist die Diskussion um die Bezahlkarte populistisch aufgeladen und lenkt vom eigentlichen Problem ab“, sagt Klaus Wicher, der Hamburger Vorsitzende des SoVD. „Vielmehr sollten diese Menschen stärker dabei unterstützt werden, sich zu qualifizieren und damit einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu bekommen“. Das würde zur Bewältigung des Fachkräftemangels beitragen und sei die Grundlage dafür, den Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten, sagt Klaus Wicher.

Bereits im Jahr 2023 hat die Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen, eine Bezahlkarte für Asylsuchende bundesweit einzuführen. Von den Erfahrungen durch das Hamburger Pilotprojekt sollen die Planungen profitieren. Eine bundesweite Bezahlkarte wird jedoch frühestens im Sommer 2024 eingeführt.