Hamburg. Wenn sich Anzeichen auf radikales Gedankengut mehren, gibt Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Tipps. Das sind die Alarmsignale.

Antonia David

Was tun, wenn die eigene Tochter plötzlich Rechtsrock hört oder der Kollege gegen Flüchtlinge und „Die da oben“ wettert? Von außen ist häufig nicht zu erkennen, was wirklich hinter pauschalisierenden Aussagen oder Symbolen steckt. Bei der Einordnung der Anzeichen und im Umgang mit den Personen hilft das Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Hamburg. Denn: Rechtsextremismus äußert sich nicht nur in Hakenkreuzen und Hassparolen.

Die meisten von uns werden es kennen: ein Kommentar oder ein Witz, der aufhorchen lässt, und die Frage, die man sich dann stellt: „Sollte ich etwas sagen?“ Der Gedanke ist schnell verflogen, gesagt hat man viel zu oft nichts. Aus Unsicherheit – denn der Witz war ja vielleicht ganz anders gemeint. Situationen wie diese können jedoch auch Hinweise auf rechtsextreme Hintergründe enthalten.

Rechtsextrem – Hamburger Beratungsteam bietet unkompliziert Hilfe

Weil die Konfrontation häufig nicht einfach und zielführend ist, kann man sich an das Mobile Beratungsteamgegen Rechtsextremismus wenden. Ganz unkompliziert und unbürokratisch – online, per Telefon oder Mail steht das Team mit Rat und Tat zur Seite. Die Einrichtung wird getragen von Arbeit und Leben Hamburg, unterstützt vom Deutschen Gewerkschaftsbund und der Volkshochschule. Förderung kommt auch vom Bundesfamilienministerium und der Sozialbehörde.

So kann die Mutter, deren Tochter auf einmal Rechtsrock hört, hier auf Fachwissen zurückgreifen, um zu verstehen, aus welchen Kontexten die Musik tatsächlich stammt. Was das Team der Mobilen Beratungsstelle in den Gesprächen häufig erlebt: „Die Benennung der dahinterstehenden Ideologien fällt oft schwer“, wie die Beraterinnen und Berater berichten. Und: „Wenn wir tatsächlich mit extrem rechten Akteurinnen und Akteuren zu tun haben, sind die Ideologien oft verwoben.“

Viele wissen nicht, welche Begriffe rechtsextremen Hintergrund haben

Viele Menschen wüssten beispielsweise nicht, hinter welchen Verschwörungstheorien sich ein antisemitisches Weltbild verberge. Auch die Idee einer „gesellschaftlichen Mitte“ sei oft nicht hilfreich, weil davon ausgegangen werde, extreme Ansichten könnten bloß an den Rändern auftreten. Die Erfahrung des Teams sieht anders aus: „Es gibt viele Begriffe, die sehr sagbar sind in unserer Gesellschaft, die möglicherweise einen rechtsextremen Hintergrund haben.“ Auch Selbstreflektion sei hier wichtig – auch aus Unwissenheit könne man rechtsextremen Erzählungen auf den Leim gehen.

Eine Blaupause für einen einzig richtigen Umgang mit möglicherweise rechtsextremen Aussagen gebe es nicht. Grundsätzlich gelte aber, lieber früher zu handeln als später. Warnsignale könnten vielfältig sein, so heißt es aus dem Beraterteam, zumal rechte Gruppierungen oftmals darauf abzielten, nur von Mitgliedern erkannt zu werden.

Rechtsextrem: Dieses sind mögliche Warnzeichen

Zu diesen Signalen können autoritäre Erziehungsmaßnahmen zählen, wie etwa die Kinder mit Absicht zu dünn anzuziehen, um sie abzuhärten. Auch Weigerungen, Bußgelder zu zahlen und die Ablehnung staatlicher Forderungen können Warnzeichen sein.

Im Umgang kann es auch ein Hinweis auf rechtsextreme Gesinnung sein, wenn das Gegenüber ein großes Mitteilungsbedürfnis hat und durch ständiges Wiederholen versucht, den anderen von der eigenen Wahrheit zu überzeugen. Vor allem Schwarz-Weiß-Denken sowie das Gefühl, das Gegenüber nicht mehr erreichen zu können, sollte ein Anlass sein, sich Hilfe zu holen.

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Die Arbeit der Beratungsstelle richtet sich nicht nur an Einzelpersonen: Auch Unternehmen, zivilgesellschaftliche Gruppen und andere Verbände können sich an das Mobile Beratungsteam wenden. „Unternehmen und Institutionen könnten wir zum Beispiel Empfehlungen zu Präventionsmaßnahmen geben.“

So ist Mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus erreichbar

Besondere Vorkommnisse wie das Potsdamer Treffen von Rechtsextremisten, das die „Correctiv“-Recherche ans Licht gebracht hat, können Anlass dafür sein, selbst in seinem Umfeld tätig zu werden. In Bezug auf die allgemeine Berichterstattung um Extremismus beobachtet das Team allerdings noch Defizite: „Die strukturelle Ebene wird vernachlässigt. Einzelfälle werden herausgepickt, weil sie so schön eindeutig sind. Eine eigene Abgrenzung fällt da leicht. Bei subtileren Formen ist dies häufig schwieriger.“

Für alltägliche Begegnungen rät das Team: „Nicht weghören. Nicht denken: Ach, das wird schon wieder, das ist eine Phase.“ Denn gerade die Zwischentöne, die in der Debatte um Extremismus oft vernachlässigt werden, spielen eine große Rolle.

Mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus. Mail an: mbt@hamburg.arbeitundleben.de. Telefonisch erreichbar unter 040-284016202