Hamburg. Hamburger können sich über Versorgung informieren. Behörde bietet Beratung. Rund ein Viertel der Haushalte nicht für Wärmenetze geeignet.
Sie nennt sich etwas sperrig Wärmenetzeignungskarte, doch sie gibt den Hamburgerinnen und Hamburgern sehr konkret Hinweise darauf, wie sie die Energieversorgung ihrer Wohnungen und Häuser künftig planen können. Wo ist damit zu rechnen, ans Fernwärmenetz angebunden zu werden? In welchen Vierteln ist dieses möglich, aber keineswegs sicher? Und wo ist eine leitungsgebundene Wärmeversorgung voraussichtlich so unwirtschaftlich und dementsprechend unwahrscheinlich, dass Bürgerinnen und Bürger über die Anschaffung einer Wärmepumpe oder Alternativen nachdenken sollten?
Mit dem „ersten Zwischenstand“ in Sachen Wärmeversorgung, den Umweltsenator Jens Kerstan am Dienstag vorstellte, bekommen die Hamburgerinnen und Hamburger zwar auf diese Fragen teils noch keine endgültige Klarheit, aber doch sehr deutliche Hinweise darauf, was in ihrer Immobilie geht und was nicht geht. Es zeigt sich: Rund ein Viertel der Hamburger Haushalte wird auch künftig nicht an ein Wärmenetz angeschlossen werden können.
Fernwärme in Hamburg: Hier soll sie bald möglich sein
Bis 2045 soll Hamburg CO₂-neutral sein. Dann sollen auch beim Heizen von Gebäuden keine fossilen Brennstoffe mehr eingesetzt werden – dies ist ein wichtiger Baustein, denn die Gebäudeheizung macht einen großen Teil des Energieverbrauchs aus. Bis 2026 muss Hamburg nach dem Wärmeplanungsgesetz, das zusammen mit dem Gebäudeenergiegesetz Anfang des Jahres in Kraft getreten ist, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen informieren, ob sie mit einem Fernwärmeanschluss rechnen können oder sich für eine andere klimafreundliche Heizungsoption entscheiden müssen. „Wir gehen in Hamburg mit der Umsetzung der Wärmeplanung zügig voran und legen bereits jetzt mit der Wärmenetzeignungskarte einen wichtigen Zwischenschritt vor“, sagte Kerstan am Dienstag bei der Präsentation der Karte, die hier im Internet abrufbar ist.
Die Karte zeigt, wo es bereits Fernwärmenetze gibt, wo ein Ausbau bzw. Neubau in absehbarer Zeit wirtschaftlich und deshalb möglich erscheint und wo dies eben aus wirtschaftlicher Sicht nicht der Fall ist. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Einstufungen bedeuten derzeit keine verbindliche Planung, dass in einem bestimmten Gebiet eine Fernwärmeanbindung kommen wird; sie geben nur Auskunft darüber, wo dies wirtschaftlich wäre und wo nicht. Ob sie das Gebiet dann tatsächlich leitungsgebunden anschließen, entscheiden die Energieversorger.
Wer sich jetzt rasch beraten lassen sollte
Fernwärmenetze (rot markiert) existieren bereits in der inneren Stadt rund um die Alster – also grob zwischen HafenCity und Eppendorf und Steilshoop sowie zwischen Altona und Horn. Leitungsgebunden versorgt werden auch Teile der Elbvororte und Jenfeld, Teile von Rahlstedt und Farmsen-Berne sowie Lohbrügge, Allermöhe und Wilhelmsburg. Wirtschaftlich sind die Fernwärmeleitungen immer dann, wenn viele Haushalte angebunden sind. Entsprechend ist dies in den dünner besiedelten Wohnvierteln der äußeren Stadt mit vielen Einfamilien- oder Reihenhäusern überwiegend nicht der Fall. Diese Gebiete (blau markiert) machen eine große Fläche, aber nur 50 Prozent der Gebäude und 20 bis 25 Prozent des Hamburger Gebäudewärmebedarfs aus, so Kerstan.
„Die Menschen, die in den blau markierten Gebieten wohnen, in denen der Anschluss an ein Wärmenetz nicht wirtschaftlich erscheint, brauchen nicht bis 2026 zu warten; sie können bereits jetzt damit beginnen, eine individuelle Lösung für die Beheizung ihrer Immobilie zu suchen“, empfiehlt der Grünen-Politiker. „Einzelhausbesitzern kann man nur raten, sich rechtzeitig beraten zu lassen.“ Ihm ist wichtig: Niemand werde zu etwas gezwungen, und es gehe nicht darum, funktionierende Heizungen auszutauschen. Die neuen Vorgaben gelten, wenn alte Heizungen ohnehin ersetzt werden müssen.
Fernwärme in Hamburg: Diese Alternativen gibt es
Die Fernwärme sei dabei nur eine von vielen Möglichkeiten der Wärmeversorgung. Neben einer Wärmepumpe, die technisch erprobt und mit einer Förderung von bis zu 50 Prozent eine sehr gute Lösung darstelle, könnten auch Hybridlösungen zum Beispiel mit Solarthermie oder auch Pelletkessel geeignete Optionen sein, so Kerstan. Seine Behörde bietet umfangreiche Informationen auf der Seite www.hamburg.de/kommunale-waermeplanung/ an sowie Beratung über eine Hotline mit der Nummer 040-24832 255.
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Die Wärmenetzeignungskarte sagt nicht aus, ob ein Gebäude tatsächlich einen Wärmenetzanschluss bekommt. Sie zeigt lediglich auf, wo Wärmenetze entstehen könnten und wo wahrscheinlich nicht. Liegt das Gebäude zum Beispiel in einem Wärmenetzgebiet oder in der Nähe eines Netzes, kann beim Betreiber bzw. der Betreiberin angefragt werden, ob ein Anschluss im jeweiligen Wärmenetzpotenzialgebiet möglich ist. In den kommenden Monaten will die Behörde mit den Netzanbietern über konkrete Ausbaupläne beraten.
CDU: Kerstan wälzt Verantwortung an Eigenheimbesitzer ab
Linke-Politiker Stephan Jersch nennt die Wärmeplanung „eine gute und rechtlich erforderliche Sache“, Hamburg sei da „zeitlich gut unterwegs“. Der Verzicht auf die Kommunalisierung aller Wärmenetze Hamburg, die früher teilweise der Stadt gehörten, sei aber ein Bremsklotz, weil Hamburg den Netzausbau so nicht selbst durchsetzen könne.
Stephan Gamm, klima- und energiepolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, hingegen nennt den Zwischenstand „mehr als enttäuschend“. Einzige zentrale Erkenntnis sei, dass rund drei Viertel der Fläche Hamburgs nicht an ein Wärmenetz angeschlossen werden könnten. „Wie hoch das Ausbaupotenzial für Fern- und Nahwärme ist, konnte nicht beantwortet werden.“ Die CDU wirft Kerstan vor, „die Verantwortung auf Eigenheimbesitzer, Wohnungsgesellschaften und die Bezirke abzuwälzen“.