Hamburg. Krach in der Koalition: Umweltsenator weist Vorwürfe zurück, er trödele bei der Umsetzung des Heizungsgesetzes. Was er der SPD vorwirft.
Monatelang hatten sich die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP im Bund über das neue Heizungsgesetz verkracht. Kurz bevor die überarbeitete Fassung nun diese Woche im Bundestag beschlossen werden soll, knirscht es nun auch bei Rot-Grün in Hamburg.
Auslöser ist das SPD-Eckpunktepapier „Hamburger Wärme- und Stromplanung: 33 Punkte für mehr Tempo, Transparenz und Transformation“, über das das Abendblatt berichtet hatte. Dass die Sozialdemokraten darin den Eindruck erwecken, die Behörde von Umwelt- und Energiesenator Jens Kerstan (Grüne) komme mit der nötigen Wärmeplanung für Hamburg nicht schnell genug voran, stößt den Grünen sauer auf.
Heizungsgesetz: Umweltsenator Jens Kerstan verwundert über SPD-Kritik
„Ich begrüße es, dass sich die SPD jetzt auch mit der Wärmeplanung befasst“, sagte Kerstan auf Abendblatt-Anfrage etwas schnippisch. Die gute Botschaft laute nämlich: „Alle 33 Punkte sind bei uns in der Behörde längst in Arbeit, und die ersten Ergebnisse werden bereits Ende des Jahres vorliegen.“
Er habe sein Konzept auch der SPD-Fraktion vorgestellt, sagte der Umweltsenator und zeigte sich daher verwundert, dass die Sozialdemokraten nun 2026 als Ziel für die Wärmeplanung forderten. Aus der soll unter anderem hervorgehen, welche Quartiere künftig noch an städtische Fernwärme- oder lokale Nahwärmenetze angeschlossen werden könnten – um daraus abzuleiten, welche Immobilienbesitzer sich nach einer anderen, klimafreundlichen Heizungsform umsehen müssen.
Kerstan will seine Wärmeplanung für Hamburg schon 2024 vorlegen – nicht erst 2026
„Ich habe der Wohnungswirtschaft auf dem Wohnungsgipfel letzte Woche versprochen, dass jeder Haus- und Wohnungsbesitzer die gewünschte Klarheit im Jahr 2024 bekommt“, sagte Kerstan und betonte: „Ich würde nicht empfehlen, diesen Zeitraum ohne Not um eineinhalb Jahre zu verlängern.“ Daraus ergibt sich eine etwas absurde Gemengelage: Obwohl der Umweltsenator hinsichtlich des Zeitplans nach eigenen Worten ehrgeiziger als die SPD ist, fordert diese von ihm „mehr Tempo“. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) der Bundesregierung lässt Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern bis 2026 Zeit, ihre Wärmeplanung vorzulegen – kleineren Kommunen sogar bis 2028.
Auch Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen sagte: „Wir waren verwundert darüber, dass die Hamburger SPD einerseits mehr Tempo bei der kommunalen Wärmeplanung fordert, aber andererseits daran zweifelt, dass ein früherer Abschluss der Wärmeplanung als im Jahr 2026 möglich ist. Das erscheint widersprüchlich und klingt nicht nach echtem Tempo beim Klimaschutz.“ Den Klimaschutz auf die lange Bank zu schieben sei mit den Grünen „nicht zu machen“.
Vorwurf der Grünen: SPD hat Gespräch zur Finanzierung der Energiewende abgesagt
Kerstan betonte ferner, die Wärmeplanung seiner Behörde werde „alle Potenziale leitungsgebundener Wärmeversorgung in der ganzen Stadt darstellen – inklusive der privaten Netze und des Stadtrands“. Damit spielte er auf die Forderung der SPD an, die Planung müsse „die gesamte Stadt im Blick“ haben.
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Um die Planung vorantreiben zu können, müsse Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) aber „nun endlich die dafür politisch vereinbarten notwendigen Personal- und Finanzbedarfe freigeben“, so Kerstan. „Daher bedauere ich sehr, dass die SPD die dafür angesetzte Koalitionsrunde Montagabend einseitig abgesagt hat.“ Nach Abendblatt-Informationen handelte es sich dabei um ein turnusgemäßes Treffen der rot-grünen Führung aus Fraktionen, Parteien und Senat, das die SPD aus Termingründen abgesagt hatte.
CDU: SPD-Papier zeige, wie weit sich SPD und Grüne voneinander entfernt haben
Nach Ansicht von CDU-Energieexperte Stephan Gamm verfolgt die SPD mit ihrem Papier die Ziele, den grünen Umweltsenator unter Druck zu setzen und sich selbst als ordnende Stimme der Vernunft darzustellen. „Beide Zielsetzungen sind jedoch zum Scheitern verurteilt“, so Gamm. „Senator Kerstan hat sich schon immer als beratungsresistent erwiesen und wird auch diese Kritik an sich abtropfen lassen.“
Und als Mittel gegen die Verunsicherung der Bürger sei das Papier ebenfalls „untauglich“, da es lediglich Probleme beschreibe, so Gamm: „Das SPD-Papier ist somit inhaltsleer, bringt unsere Stadt keinen Schritt weiter und dokumentiert lediglich, wie weit sich SPD und Grüne mittlerweile voneinander entfernt haben.“