Hamburg. 61-jähriger Ukrainer in Hamburg getötet, Landsmann bei Versuch der Rettung schwer verletzt. Tat war so brutal, dass Waffe zerbrach.
Simon Görlich
Noch im Januar 2023 war die Wohneinheit C6 in der Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Ohlsdorf von vier Männern bewohnt. Rund einen Monat später wurde die Wohnung dann zum Tatort. Ein 61 Jahre alter Ukrainer wurde getötet, sein 66-jähriger Landsmann bei dem Versuch der Rettung schwer verletzt. Die Täter? Die Mitbewohner.
Mit roher Gewalt haben zwei aus Aserbaidschan stammende Männer in einer Hamburger Flüchtlingsunterkunft einen ihrer Mitbewohner erschlagen und den anderen schwer verletzt. Nun ist es in dem Prozess zum Urteil gekommen: Zwölf Jahre Haft für Andrey K. (alle Namen geändert) und elf Jahre Haft für Vitali M. Damit ging die Kammer über die Anträge der Staatsanwaltschaft hinaus, die jeweils zehn Jahre Freiheitsstrafe gefordert hatte. Die Angeklagten haben „den Tod beider Opfer in Kauf genommen“, sagte die Vorsitzende Richterin, als die Männer mit einer Metallstange auf die beiden Opfer eingeschlagen hätten. Die Angeklagten prügelten auf so brutale Art und Weise auf ihre Mitbewohner ein, dass die Tatwaffe in zwei Teile zerbrach.
Prozess Hamburg: Mitbewohner wollte helfen – und wurde selbst schwer verletzt
Die Staatsanwaltschaft hatte den beiden Angeklagten im Alter von 43 und 51 Jahren Totschlag sowie versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.
Nach 13 Prozesstagen blieb für das Gericht zwar ungeklärt, warum die beiden Männer ihre Tat begangen haben. Von der Schuld der Angeklagten war die Kammer aber überzeugt. Die Schilderungen der beiden Täter zur Tat erklärte das Gericht für „unplausibel und widersprüchlich“, so die Vorsitzende Richterin. Die Zeugenaussagen des verletzten Ukrainers stufte das Gericht aufgrund der Detailtiefe als glaubwürdig ein. Demnach haben die beiden Angeklagten auf das Opfer mit einer Metallstange eingeschlagen und mit den Füßen getreten. Durch den Lärm, der von dieser Tat ausging, wurde der 66-Jährige, der im Nebenzimmer schlief, wach. Er eilte in das Zimmer seines Landsmanns und versuchte, diesen zu verteidigen, woraufhin die beiden Angeklagten anfingen, ebenfalls auf den 66 Jahre alten und körperlich stark eingeschränkten Mann einzuschlagen.
Hamburg-Ohlsdorf: Tod im Schlafzimmer – welche Rolle der Alkohol spielte
Beide Angeklagten waren dem Gericht zufolge vermindert schuldfähig, weil sie stark alkoholisiert waren. Auch die Opfer hatten Alkohol getrunken. Als strafschärfend wertete das Gericht unter anderem, dass sich der versuchte Totschlag gegen ein körperlich stark unterlegendes Opfer gewandt hatte. Außerdem wurden beide Taten in einem für die Opfer geschützten Raum, ihrem Schlafzimmer, verübt.
- Streit um Stadtpark-Urteil zu Gruppenvergewaltigungen: Fair oder zu milde?
- Partnerin als Geisel genommen Sie flehte um ihr Leben
- 19-Jährige in Horn vergewaltigt: Urteil fällt im Krankenhaus
In ihrem letzten Wort hatten die beiden Angeklagten jede Schuld von sich gewiesen: „Ich bin unschuldig“, beteuerte der 51-Jährige. Der 43 Jahre alte Mitangeklagte sagte: „Ich habe diesen Menschen nicht getötet.“ Nach dem letzten Wort der Angeklagten hatte das Gericht eigentlich schon am vergangenen Montag das Urteil beraten und die Entscheidung dann verkünden wollen. Allerdings war wegen zeitlicher Verpflichtungen zweier Verteidiger an diesem Montag der Prozesstag überhaupt nur bis 12 Uhr anberaumt. Nachdem der Schöffe wegen der Bauernproteste auf den Straßen und der daraus resultierenden Verkehrsbehinderung mit einer Stunde Verspätung zum Prozess gekommen war, fehlte die entsprechende Zeit für eine Beratung des Urteils. Die Kammer sah sich wegen der nur noch kurzen zur Verfügung stehenden Zeit „nicht in der Lage“, so die Vorsitzende, eine Beratung des Urteils abzuschließen.