Hamburg. Trotz des bundesweiten Lehrkräftemangels konnten alle Plätze besetzt werden. Was Hamburgs Referendare besonders auszeichnet.
Es ist erst zehn Jahre her, dass die neue Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) ihr Referendariat als künftige Berufsschullehrerin begann. Am Donnerstag hat die Behördenchefin als eine ihrer ersten Amtshandlungen 458 Nachwuchslehrkräfte im Großen Festsaal des Rathauses feierlich begrüßt. „Das war eine würdige Zeremonie, und ich glaube, es hat den jungen Leuten gut gefallen“, sagte Bekeris, die selbst in der eher schmucklosen Aula des Landesinstituts für Lehrerbildung (LI) als Referendarin vereidigt wurde.
Während der Lehrermangel bundesweit immer bedrohlicher wird, kann Hamburg erneut einen Einstellungsrekord aufstellen: 458 Nachwuchspädagogen – nie zuvor haben so viele angehende Lehrkräfte die zweite Phase ihrer Ausbildung aufgenommen. Da es immer zwei Einstellungstermine (1. Februar und 1. August) gibt, werden in diesem Jahr voraussichtlich mehr als 900 Nachwuchslehrkräfte das in der Regel 18-monatige Referendariat beginnen. Damit kommt ein fünfjähriges Programm zum Ausbau der Kapazitäten zum Abschluss und soll auf diesem Niveau möglichst fortgesetzt werden.
Schule in Hamburg: Einstellungsquote für das Referendariat liegt bei 64 Prozent
Noch 2019 nahmen jährlich lediglich rund 570 angehende Lehrkräfte die zweite Phase der Lehrerausbildung auf. Zwei Gründe machten den Ausbau der Kapazitäten, die in jährlichen Schritten erfolgte, erforderlich: die hohe Zahl von Pensionierungen und die deutlich steigenden Schülerzahlen. Aufgrund der 18-monatigen Ausbildungszeit sind derzeit insgesamt 1305 junge Frauen und Männer im Vorbereitungsdienst, wie das Referendariat offiziell genannt wird. Im August wird sich deren Zahl dann auf 1350 erhöhen.
„Angesichts des Lehrkräftemangels in vielen Bundesländern freue ich mich sehr, dass es uns wieder gelungen ist, alle Plätze zu besetzen. Das zeigt, dass Hamburg eine attraktive Stadt ist und unsere Schulen bundesweit große Anerkennung genießen“, sagte Bekeris. Insgesamt haben sich 714 Studienabsolventen für das Referendariat beworben, sodass die Einstellungsquote bei 64 Prozent liegt. Im August 2023 hatten sich nur 680 junge Menschen beworben. Noch vor wenigen Jahren allerdings übertraf die Zahl der Interessenten die der Einstellungen um ein Mehrfaches.
Referendariat in Hamburg auch für Quereinsteiger attraktiv
Am stärksten nachgefragt ist weiterhin das Lehramt an Gymnasien. Hier gab es 297 Bewerberinnen und Bewerber für die 167 Plätze, die Einstellungsquote lag somit bei 54,2 Prozent. Für die 98 Plätze für das Lehramt an Primar- und Sekundarstufe I gab es 136 Bewerbungen (Quote 72,1 Prozent), für die 50 Plätze im Berufsschulbereich waren es 68 Bewerbungen (Quote 73,5 Prozent) und für die 64 Plätze für Sonderschullehrkräfte 102 Bewerbungen (Quote 62,7 Prozent). Für das Lehramt ausschließlich an Grundschulen verzeichnete die Schulbehörde 111 Bewerbungen auf die 76 Plätze (Quote 68,4 Prozent). Nach Angaben des LI konnten die vorhandenen Plätze auch in allen Mängelfächern wie Mathematik, Physik, Theater oder Musik besetzt werden.
Um dem absehbaren Lehrermangel entgegenzuwirken, hat auch Hamburg das Referendariat für Quereinsteiger geöffnet. Wer lediglich zwei Fächer, die in der Schule unterrichtet werden, studiert und mit einem Masterabschluss beendet hat, nicht jedoch Pädagogik, kann die fehlende Qualifikation im Vorbereitungsdienst nachholen. Die Quereinsteiger-Quote ist von zehn Prozent (August 2023) auf 8,6 Prozent gesunken. In anderen Bundesländern machen die Referendare ohne vorherige pädagogische Qualifikation zum Teil rund ein Drittel aus. Quereinsteiger kommen nur dann zum Zuge, wenn für einzelne Schulformen und Unterrichtsfächer nicht genügend reguläre Bewerbungen vorliegen.
In Hamburg fallen nur 1,5 Prozent der Referendare durchs Abschlussexamen
Ein weiterer Schritt zur Flexibilisierung ist das Teilzeit-Referendariat, das die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser gewährleisten soll. Die wöchentliche Arbeitszeit wird auf 75 Prozent abgesenkt, wodurch sich das Referendariat auf 24 Monate verlängert. Rund 170 jetzt neu eingestellte Nachwuchslehrkräfte nutzen dieses Angebot – 37 Prozent. Die Zahl von 30 Wochenstunden bedarfsdeckenden Unterrichts, die die Referendare insgesamt absolvieren müssen, gilt auch für die Teilzeitkräfte, ist aber über den längeren Zeitraum gestreckt.
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Hanneke Bohls, Leiterin Ausbildung im LI, wies darauf hin, dass die Abbrecherquote während des Referendariats bei nur ein bis zwei Prozent liegt. Die Quote der Nachwuchskräfte, die durchs Examen fallen, liegt in Hamburg bei 1,5 Prozent. „Wir erwarten viel von den angehenden Lehrerinnen und Lehrern, aber wir geben auch viel Unterstützung während des Referendariats“, sagte Bekeris.
Gut zwei Drittel der angehenden Lehrerinnen und Lehrer kommen aus Hamburg
Das Durchschnittsalter der Nachwuchslehrkräfte liegt bei 29,8 Jahren. Der älteste Lehrer ist 54 Jahre alt, der jüngste 23 Jahre. Mehr als zwei Drittel (70,5 Prozent) der 458 Pädagogen sind weiblich, wobei die Quote mit 89 Prozent an den Grundschulen am höchsten ist. Die durchschnittliche Abschlussnote im Masterexamen liegt aktuell bei 1,70. Rund 68 Prozent der jetzt eingestellten Referendare kommen aus Hamburg.
Bereits Bekeris-Vorgänger Ties Rabe (SPD) hatte darauf hingewiesen, dass pro Jahr nur rund 550 junge Menschen die Universität Hamburg mit dem Masterexamen im Lehramt verlassen. Das ist angesichts eines jährlichen Bedarfs von 900 Nachwuchslehrkräften und einer bundesweit immer schwierigeren Bewerberlage eindeutig zu wenig. Bekeris kündigte an, sie werde in Kürze mit Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) über Maßnahmen sprechen, um die Zahl der Absolventen zu erhöhen und vor allem die hohe Quote von Studienabbrechern zu senken.